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Preisverfall: Länder drehen den Milchhahn auf

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und die Bauern wollen die Preise für Milchprodukte stabilisieren. Das lehnt der Bundesrat ab. Spätestens 2015 soll die EU-Quote auslaufen.

Berlin - Es war das erste Mal, dass der neue bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer im Bundesrat Platz nahm. Ausgerechnet die Milchquotenverordnung stand bei seiner Premiere in der Länderkammer am Freitag auf der Agenda. Um es vorwegzunehmen: Es wurde kein guter Tag für den CSU-Politiker. Und für die Milchbauern schon gar nicht. Weil die Länder am Freitag eine Ausweitung der Milchquote beschlossen, müssen die Erzeuger nun einen weiteren Preisverfall befürchten. Die Entscheidung sei eine „Katastrophe“, die viele Bauern in den Ruin treiben werde, schimpfte Romuald Schaber, der Chef des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter.

Die Milchquote, mit der die EU seit 1984 die produzierte Menge beschränkt, um Milchseen zu verhindern, ist umstritten. Spätestens 2015 soll sie auslaufen. Um die Bauern langsam darauf vorzubereiten, hat die EU schon jetzt eine Erhöhung der Milchquote um zwei Prozent verordnet, die die Mitgliedstaaten umsetzen müssen. Weil als Folge dann mehr Milch produziert werden darf, werden die Preise voraussichtlich sinken.

Im Frühjahr waren die Bauern zu Tausenden auf die Straße gegangen, um für höhere Erzeugerpreise zu demonstrieren, zwei Wochen lang boykottierten sie die Molkereien. Der Unterstützung des damaligen Agrarministers Seehofer konnten sie sich sicher sein. Im Juli rief er – schon mit Blick auf den bayerischen Wahlkampf – die Länder, Bauern, Molkereien und den Einzelhandel zu einem „Milchgipfel“ zusammen. Die dort erzielten Beschlüsse wollte Seehofer mit einem bayerischen Antrag nun im Bundesrat umsetzen lassen. Dieser Antrag zielte darauf ab, am Ende durch eine Senkung der Milchmenge doch noch höhere Preise für die heimische Milch durchzusetzen. Die Überproduktion müsse begrenzt werden, forderte der bayerische Agrarminister Helmut Brunner. Allein in Deutschland, dem größten Milcherzeugerland der EU, gehe es um das Schicksal von rund 100 000 Bauern und rund 200 Molkereien. Seit Jahresbeginn sei der Milchpreis wegen des Nachfragerückgangs um durchschnittlich sechs auf 34 Cent gesunken, sagte Brunner. Vorbei die Zeit, da die Nachfrage aus Asien die Preise auf Rekordniveau getrieben hatte.

Doch die Mehrheit der Länder machte am Freitag nicht mit – obwohl Seehofer in den letzten Tagen hinter den Kulissen noch heftig für den bayerischen Vorschlag (und die Milchgipfel-Beschlüsse) geworben hatte. Nur Hessen sprang Seehofer bei (der dann bei der Abstimmung allerdings schon gegangen war). Der baden-württembergische Agrarminister Peter Hauk (CDU) lehnte das bayerische Ansinnen stellvertretend für viele ab: Die deutschen Bauern müssten sich an den internationalen Wettbewerb anpassen, nationale Quotierungen würden nicht helfen, argumentierte er.

Schon zu Beginn der Woche hatten große deutsche Discounter wie Lidl und Aldi die Milchpreise um rund 20 Prozent gesenkt und das mit sinkenden Rohstoffpreisen begründet. Edeka und Rewe wollen nachziehen. Für Bayern und den Rest der Republik heißt das wohl, dass weitere Landwirte aufgeben müssen.

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