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Wirtschaft: Rente mit 67 – Nein danke

Gewerkschaften und Sozialverbände machen gegen längere Arbeitszeit mobil

Berlin - Mit Arbeitsunterbrechungen, Protestkundgebungen und Versammlungen wollen die Gewerkschaften in den kommenden Wochen gegen die geplante Rente mit 67 protestieren. Erste Aktionen gibt es bereits in den nächsten Tagen. So wird Bundesumweltminister Sigmar Gabriel auf Einladung der IG Metall am kommenden Donnerstag an einer Nachtschicht im Braunschweiger VW-Werk teilnehmen. Dem SPD-Politiker, der insgesamt fünf Stunden in vier verschiedenen Fabrikbereichen tätig sein wird, soll mit Hilfe dieser Arbeitserfahrung deutlich gemacht werden, dass ein Bandarbeiter nicht bis zum 67. Lebensjahr arbeiten kann. Für den 23. Januar ist dann ein Aktionstag in den sechs westdeutschen VW-Werken geplant.

Die Bundesregierung will den Rentenbeginn um zwei Jahre nach hinten verschieben und begründet das mit der längeren Lebenserwartung der Deutschen. Arbeitnehmer sollen künftig bis zum 67. Lebensjahr arbeiten, um die volle Rente zu bekommen. Wer früher ausscheidet, müsste Abschläge hinnehmen. Eine Ausnahme soll es nur für langjährig Versicherte mit 45 Versicherungsjahren geben. Mit der Umsetzung soll 2012 begonnen werden, im Jahr 2029 soll die Rente mit 67 voll wirken.

Sozialverbände und Gewerkschaften laufen gegen die Rentenpläne der Regierung Sturm. „Ich fordere die Bundesregierung auf, die Pläne für die Rente mit 67 fallen zu lassen“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske dem Tagesspiegel. Die Heraufsetzung des Eintrittsalters bedeute nichts anderes als eine Rentenkürzung. „Schon heute findet man in den Unternehmen kaum noch Arbeitnehmer, die über 60 sind“, kritisierte der Gewerkschaftsvorsitzende. „Solange ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorzeitig aus dem Arbeitsleben gedrängt werden, darf das Renteneintrittsalter nicht erhöht werden“, meint auch der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer.

Bereits für diesen Dienstag ruft die nordrhein-westfälische IG Metall ihre Mitglieder bei Thyssen-Krupp zu Protesten auf. Detlef Wetzel, Chef der NRW-IG Metall, sagte dem Tagesspiegel, das Thema bewege „die Menschen hochgradig“. „Wir müssen Druck machen“, sagte DBG-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. „Wer körperlich nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten, muss eine echte Chance haben, früher in Rente zu gehen“, fordert Buntenbach. „Die Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten müssen abgeschafft werden, da sich niemand freiwillig aussucht, erwerbsunfähig zu sein.“ Vor einer Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters müsse zudem sicher gestellt werden, dass der Arbeitsmarkt genug Jobs für alle bietet, die dann bis 67 arbeiten sollen. „Es reicht nicht, wenn im Gesetzentwurf steht, dass der Arbeitsmarkt alle vier Jahre überprüft werden soll“, kritisiert Buntenbach. „Es muss dann auch klar sein, dass die Bundesregierung bei schlechten Arbeitsmarktchancen für Ältere nicht ab 2012 das Renteneintrittsalter anheben kann.“ Der DGB plant für den 26. Februar einen Aktionstag in Berlin. An diesem Tag sollen die Anhörungen zum Gesetzentwurf der Regierung stattfinden.

Falls die Rente mit 67 nicht zu verhindern sei, will die IG Metall ein Ausstiegsmodell durchsetzen, das die 2009 auslaufende Altersteilzeit ersetzt. „Wir könnten der Regierung eine Verlängerung der Altersteilzeit mit einer tarifvertraglichen Flankierung anbieten“, sagte der Düsseldorfer IG-Metall-Chef Wetzel. Für einen Stahl- oder Schichtarbeiter sei es unmöglich, bis 67 zu arbeiten. Das habe man in den vergangenen Wochen auch versucht, Landtags- und Bundestagsabgeordnete deutlich zu machen. Auch Bsirske möchte den Abgeordneten Lebenshilfe geben. „Wir haben angeregt, Bundestagsabgeordnete in die Betriebe einzuladen, um zum Beispiel bei der Müllabfuhr oder im Krankenhaus die Arbeitsbedingungen selbst auszuprobieren“, sagte der Verdi-Chef.

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