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Folgen der Ölpest: Tiefe Spuren bei BP

Erstmals seit 1992 verbucht BP einen Quartalsverlust. Der Konzern sortiert sich neu, im Herbst gibt es einen Führungswechsel. 100 Tage nach dem Ausbruch des Feuers auf der Plattform "Deepwater Horizon" demonstrieren Umweltaktivisten - auch in Deutschland.

Berlin - Es war viel von Trauer die Rede am Dienstag beim britischen Ölkonzern BP. Der versuchte bei der Vorlage neuer Quartalszahlen reinen Tisch zu machen. So verkündete der Aufsichtsratschef Carl-Henric Svanberg in London, was sich seit Tagen abzeichnete: Der umstrittene Tony Hayward muss die operative Führung abgeben. Er sei „tieftraurig“ über diesen Schritt, sagte Svanberg.

BP-Chef Hayward soll ab Oktober in den Aufsichtsrat des britisch-russischen Gemeinschaftsunternehmens TNK-BP wechseln. Künftig erhält er von BP ein Jahresgehalt von 1,045 Millionen Pfund (1,246 Millionen Euro), anschließend eine Rente von 600 000 Pfund jährlich. Zudem darf er seine Aktienoptionen behalten. „Heute ist ein sehr trauriger Tag für mich. Ich liebe dieses Unternehmen und alles, wofür es steht“, sagte der so sanft weggelobte Manager.

Es waren vor allem seine verbalen Äußerungen nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko und weniger die konkreten Taten, die ihn letztlich den Chefposten kosteten (siehe Chronik). Sein Nachfolger im Amt wird – jetzt ist auch das amtlich – der Manager Bob Dudley, der in einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Mississippi aufwuchs. Auch der war bis 2008 bei TNK-BP in Moskau verantwortlich, dann für das BP-Geschäft in Asien und Amerika zuständig. Vor gut einem Monat hatte Dudley von Hayward das Krisenmanagement am Golf übernommen und dabei zumindest aus Sicht amerikanischer Medien eine deutlich bessere Figur gemacht als der Brite.

Die Ölpest hinterließ tiefe Spuren in der Bilanz von BP. Im zweiten Quartal von März bis Ende Juni verbuchte das Unternehmen einen Rekordverlust von 17,2 Milliarden Dollar (13,2 Milliarden Euro). Es war das erste Quartalsminus seit 1992. In dem Verlust sind bereits 32,2 Milliarden Dollar für die Aufräumarbeiten enthalten. So hatte BP vor einigen Wochen zugesagt, einen 20 Milliarden Dollar schweren Hilfsfonds aufzulegen und den in die Hände eines Treuhänders zu geben.

Die unmittelbar im und am Golf entstandenen Kosten sind allerdings geringer, BP bezifferte die Summe unlängst auf knapp vier Milliarden Dollar. Technisch scheint BP den Austritt des Öls langsam in den Griff zu bekommen. Am kommenden Montag sollen Helfer damit beginnen, das Bohrloch in 1500 Metern Wassertiefe zu versiegeln. Dazu sollen die Helfer zunächst Schlamm und Zement von oben so tief wie möglich in das Loch pumpen. Weil auch BP glaubt, dass die Folgen das Unternehmen über Jahre belasten werden, kündigte der Konzern an, weitere 30 Milliarden Dollar zusätzlich auftreiben zu wollen – etwa durch den Verkauf von Bohrlizenzen.

BP-Aufsichtsratschef Svanberg bezeichnete die Katastrophe, die heute vor 100 Tagen mit dem Brand auf der Plattform „Deepwater Horizon“ begann, gestern als ein „Wendepunktereignis“ in der 102-jährigen Geschichte. Doch Wende wohin? An vielen BP-Niederlassungen in Europa – in London wie auch vor der Zentrale der deutschen BP in Bochum - nutzten Umweltaktivisten den Tag der Entscheidungen für Protestaktionen. Von dem jährlichen Umsatz von über 200 Milliarden Dollar investiere BP nicht einmal 0,5 Prozent in klimafreundliche Energien, kritisierten die Umweltschützer.

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