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Überwachung: Las die Bahn E-Mails der SPD-Fraktion?

Die Deutsche Bahn hat offenbar bei der Überwachung des E-Mail-Verkehrs über ihren Server auch Mitarbeiter der SPD-Bundestagsfraktion bespitzelt. Fachpolitiker Beckmeyer prüft eine Klage.

Berlin - Die Deutsche Bahn hat offenbar bei der Überwachung des E-Mail-Verkehrs über ihren Server auch Mitarbeiter der SPD-Bundestagsfraktion bespitzelt. Wie der Tagesspiegel am Sonntag erfuhr, gibt es Hinweise, dass ein Referent des verkehrspolitischen Sprechers der SPD, Uwe Beckmeyer, von dem Staatskonzern über Jahre überwacht worden ist. Er soll auf der Liste von Bahn-Experten und -Kritikern stehen, deren E-Mail-Verkehr mit Bahn-Beschäftigten das Unternehmen seit 2005 in der Aktion „Leakage“ hatte filtern lassen.

Damit erreicht der Skandal um die E-Mail-Überwachung durch die Bahn eine neue Stufe. Bislang war nur bekannt, dass aus dem politischen Bereich der Mitarbeiter eines FDP-Abgeordneten auf der Liste steht – Personal der Regierungsfraktionen dagegen nicht. Das Ziel der Bahn war es, die Weitergabe interner Informationen und Papiere nach außen zu unterbinden. Dazu hatte sie eine über die Jahre immer wieder überarbeitete Liste von Bahn- und Mehdorn-Kritikern erstellt und überwachen lassen, ob sie mit Bahn-Beschäftigten in Kontakt standen. War das der Fall, geriet ein Mitarbeiter unter Verdacht, wurde er fortan von der Konzernrevision beobachtet – und verlor im schlimmsten Fall seinen Job. Nicht nur einzelne Bahn-Kritiker standen auf der Liste der suspekten Personen, auch gesamte Redaktionen, darunter der Tagesspiegel. Die Bahn wies die Vorwürfe zurück. Eine Sprecherin verwies am Samstag auf die andauernden Ermittlungen in der Sache.

„Wenn sich dies erhärtet, ist das ein Hammer“, kommentierte Beckmeyer die Erkenntnisse. Dies zeige, dass die Affäre längst nicht bis ins Details aufgeklärt sei. Er schloss rechtliche Schritte gegen die Bahn nicht aus. Sein betroffener Mitarbeiter, Volker Gerhard, der mittlerweile für einen anderen Arbeitgeber tätig ist, erwägt ebenfalls ein solches Vorgehen, sollten sich die Hinweise verdichten.

Auch andere Parlamentarier befürchten, ausgeforscht worden zu sein. Winfried Hermann, Verkehrsexperte der Grünen, hatte bereits am 30. März per Fax von Bahn-Politikvorstand Otto Wiesheu Auskunft darüber verlangt, ob auch seine E-Mail-Adressen überwacht worden seien. Eine Antwort habe er bis heute nicht bekommen, sagte er dieser Zeitung.

Über die E-Mail-Ausspähung sowie die umstrittene Korruptionsfahndung der Bahn sollen die Sonderermittler, die der Aufsichtsrat eingesetzt hatte, am 13. Mai dem Kontrollgremium einen abschließenden Bericht vorlegen. Neben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ermitteln die ehemaligen Minister Herta Däubler-Gmelin (SPD) und Gerhart Baum (FDP). Parallel dazu sind die Staatsanwaltschaft sowie der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix tätig. Carsten Brönstrup

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