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Allein im Dienst. Pflegekräfte sollen an der Charité mehr Kollegen bekommen. Im Januar könnte die Klinikleitung dazu mit der Gewerkschaft Verdi einen Tarifvertrag unterzeichnen.

© picture alliance / dpa

Universitätsklinik vor Einigung mit Gewerkschaft: Charité: Tarifvertrag mit Signalwirkung kommt

Der Tarifstreit zwischen Charité und Verdi steht vor der Lösung - um die Löhne geht es allerdings nicht, sondern um mehr Personal. Eine Mindestbesetzung wäre einzigartig.

An der Charité wird der bundesweit erste Tarif eingeführt, der in einer Klinik verbindliche Personalschlüssel festschreibt. Schon im Januar könnte es dann Mindestbesetzungen auf den Stationen des landeseigenen Krankenhauses geben, wie sie in deutschen Kliniken bislang nur für wenige Sonderbereiche gelten. Davon gehen Beobachter der Tarifgespräche an Europas größter Universitätsklinik aus, die folglich mehr Fachkräfte wird anstellen müssen.

Seit drei Jahren verhandeln Verdi und der Charité-Vorstand über mehr Personal – vor allem Schwestern und Pfleger hatten Überstunden angehäuft, der Arbeitsdruck war so massiv, dass er im Berliner Abgeordnetenhaus thematisiert worden ist. Am Freitag nun teilten Gewerkschaft und Charité-Vorstand mit, dass man sich zunächst über die Intensivstationen geeinigt habe: Dort soll eine Pflegekraft nicht mehr als drei Patienten pro Schicht versorgen müssen, im Durchschnitt soll das Verhältnis sogar bei zwei Patienten pro Schwester liegen. Bislang haben Intensiv-Schwestern oft bis zu fünf Patienten pro Schicht betreut.

Fast alle Intensiv-Pflegekräfte der landeseigenen Großklinik – fast 550 von rund 600 – hatten im Sommer einen Brief an Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) unterschrieben. Sie forderten, die Personallage in den Kliniken solle als Qualitätskriterium im Krankenhausplan des Senats berücksichtigt werden. Das klappte nicht, weil feste Mindestbesetzungen rechtliches Neuland sind. Wird nun aber ein entsprechender Tarifvertrag unterzeichnet, könnte die Gewerkschaft klagen, wenn zu wenig Schwestern und Pfleger im Dienst sind. Angesichts des Fachkräftemangels in Krankenhäusern wäre dies ein Abschluss mit bundesweiter Signalwirkung.

Zusätzliche Mitarbeiter fordert Verdi allerdings auch für die Normalstationen. Ob es dort ebenfalls einen festen Schlüssel geben wird, steht noch nicht fest. Noch betreut eine Schwester dort pro Schicht bis zu zwölf Patienten, nachts sind Pfleger oft mit 25 Patienten allein. Verdi fordert tagsüber ein Verhältnis von fünf Patienten pro Pflegekraft. Nachts sollten zwei Beschäftige auf jeder Station im Dienst sein. Sie blicke „optimistisch auf den Januar“, teilte Verdi-Verhandlerin Meike Jäger mit, noch sei man aber nicht am Ziel.

Im Juni haben zehn Tage lang Hunderte der mehr als 4300 Pflegekräfte gestreikt. Der Charité-Vorstand hatte vergeblich versucht, den Streik gerichtlich verbieten zu lassen: Die Forderungen nach einer Mindestbesetzung seien nicht tariffähig, der Streik berühre Fragen der Bundespolitik, die nicht im Ermessensspielraum der Charité lägen. Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass die Länder die Bauten und Technik der relevanten Kliniken finanzieren, die Krankenkassen bezahlen Personal und Medikamente. Die Kassen befürchten bei einer Erhöhung ihrer Pauschalen für die Kliniken, dass das Geld für nötige Sanierungen statt für Pflegepersonal ausgegeben wird, weil die Landesmittel knapp sind.

Die Charité beschäftigt mit ihren Tochterfirmen mehr als 16 000 Mitarbeiter und ist einer der größten Arbeitgeber Berlins. An vier Standorten gibt es insgesamt mehr als 3000 Betten.

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