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Das Finanzministerium hatte die Verpflichtungsermächtigungen aus dem Haushalt 2023 gesperrt.

© dpa/Hannes P Albert

„Unsicherheit beeinträchtigt Investitionstätigkeit“: OECD sieht durch deutsche Haushaltskrise Konjunktur in Europa bedroht

Deutschlands Haushaltskrise dürfte zwangsläufig auch Folgen für die EU-Wirtschaft haben. Der Industriestaatenklub OECD sieht aber auch eine große Chance in der Notlage.

Die Haushaltskrise in Deutschland droht dem Industriestaatenklub OECD zufolge die Konjunktur in Europa zu belasten. „Wenn in Deutschland in den nächsten Jahren weniger Investitionen und Ausgaben getätigt werden, weil weniger Geld zur Verfügung steht, dann wird das zwangsläufig Auswirkungen auf die EU-Wirtschaft haben“, sagte der Leiter des Deutschland-Desk der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Robert Grundke, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters.

Europas größte Volkswirtschaft werde dann weniger Vorleistungen und auch weniger finale Güter und Dienstleistungen aus der EU importieren. „Zudem beeinträchtigt die Unsicherheit über die zukünftige Fiskalpolitik die Investitionstätigkeit der Unternehmen sowie das Konsumverhalten der Haushalte in Deutschland schon jetzt“, sagte Grundke.

Das Bundesverfassungsgericht hatte vorige Woche unter Verweis auf die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse entschieden, dass die ursprünglich als Corona-Kredit bewilligten 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 nicht nachträglich umgewidmet werden dürfen für Investitionen in Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft. Die OECD spricht sich für eine Reform der Schuldenbremse aus. „Die aktuelle Haushaltskrise kann auch eine große Chance sein, strukturelle Reformen anzugehen, die schon seit Längerem darauf warten, adressiert zu werden“, sagte Grundke. Deutschland stehe vor großen Herausforderungen – von der Alterung der Gesellschaft über Digitalisierung bis hin zur grünen Transformation.

Reformen verschleppt

Hinzu kämen die Energiekrise, der Krieg in der Ukraine und die Zeitenwende in der Verteidigungspolitik sowie geopolitische Spannungen, welche Auswirkungen auf die Lieferketten und Absatzmärkte deutscher Unternehmen hätten. Zudem habe Deutschland bereits vor der Pandemie zu wenig in seine Verkehrs- und Digitalinfrastruktur investiert.

Dazu seien neben strukturellen Reformen wie schnelleren Genehmigungsverfahren „auch hohe öffentliche Investitionen und fiskalische Anreize für private Investitionen nötig, welche finanziert werden müssen“. Daher plädiert die OECD für eine Reform der Schuldenbremse, um mehr Flexibilität für Investitionen zu schaffen.

Zugleich sollten die staatlichen Einnahmen durch Abschaffung von verzerrenden, regressiven und umweltschädlichen Steuervergünstigungen erhöht werden, so Grundke. Auf die Art könnten etwa die Freibeträge bei der Schenkungs- und Erbschaftssteuer und die Befreiungen für Betriebsvermögen verringert werden.

Auch Steuervergünstigungen für Einkünfte aus dem Verkauf und der Vermietung von Bestandsimmobilien sollten abgebaut werden, schrittweise auch Subventionen und Steuervergünstigungen für fossile Energieträger, rät die OECD. Auch sollte die Grundsteuer stärker an den Wert der Hauspreise gekoppelt werden, schlägt die OECD vor. (Reuters)

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