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Hochspannung

© dpa

Vattenfall: Kohle statt Kabel

Vattenfall verkauft sein deutsches Hochspannungsnetz für 800 Millionen Euro an Belgier und Australier.

Berlin - Vattenfall-Europe-Chef Tuomo Hatakka wirkte gelöst. Und auf die Frage, wie es sich denn anfühlt, wenn man als Chef einen wichtigen Teil des eigenen Unternehmens in fremde Hände gibt – und wie er das den betroffenen Mitarbeitern erklärt hat, musste der sonst kühle Finne sogar lachen. „Das ist die Frage, ob ich mit dem Kopf entscheide oder mit dem Herzen“, stellte er fest. Hatakka ist ein Kopf-Mensch. Wieder ernst, schob er nach, er habe den Eindruck, dass die 600 betroffenen Mitarbeiter „eine spannende Zukunft sehen“.

Vor zwei Jahren hatte Hatakka nach Rücksprache mit der Stockholmer Konzernzentrale die strategische Entscheidung getroffen, dass Vattenfall Europe, der Grundversorger in Ostdeutschland und Hamburg, sein 9700 Kilometer langes Hochspannungsnetz verkauft. Dazu gliederte Vattenfall die Netzsparte in eine neugegründete Gesellschaft namens 50Hertz aus. Der Verkauf hat aber viel länger gedauert als geplant, auch weil Vattenfall mitten in der Finanzkrise nicht genügend Geld dafür bekommen hätte. Am Donnerstag schließlich unterzeichneten die Vattenfall-Manager einen Vertrag mit dem belgischen Stromnetzbetreiber Elia und dem australischen Pensionsfonds Investor Industry Funds (IFM). Elia übernimmt 60 Prozent und die operative Kontrolle, IFM 40 Prozent. Am Freitag stellten die Chefs der drei Vertragspartner Details vor.

Der Kaufpreis beträgt 810 Millionen Euro. Allerdings übernehmen die Eigentümer auch 320 Millionen Euro Schulden, wodurch Vattenfall am Ende 490 Millionen Euro zufließen. Elia und IFM haben zugesagt, alle Verpflichtungen zum Netzausbau, die Vattenfall getätigt hat, einzuhalten. Auch werde man alle finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern von 50 Hertz erfüllen, betonten die Käufer. Formal soll die Transaktion bis Juli abgeschlossen sein. In Deutschland müssen noch das Bundeskartellamt und das Wirtschaftsministerium zustimmen. „In beiden Fällen erwarten wir keine Probleme“, sagte Hatakka.

Er habe im Vorfeld des Verkaufs auch mit der Bundesregierung gesprochen, dort habe er nicht den Eindruck gewonnen, dass man über den Verkauf ins Ausland unglücklich ist, sagte er. Das könnte bedeuten, dass sich die Bundesregierung bereits von ihrem Wunsch verabschiedet hat, dass möglichst große Teile des deutschen Übertragungsnetzes in einer unabhängigen Netz AG gebündelt werden. Das war auch im Koalitionsvertrag festgehalten worden. Allerdings hatte Marktführer Eon sein Netz bereits im Herbst an den niederländischen Betreiber Tennet verkauft. Die verbleibenden beiden deutschen Netzbetreiber RWE und EnBW wollen vorerst weiter Strom auch über Land transportieren.

„Es gehört zu einer guten Marktgestaltung, dass man Netze von Erzeugung trennt“, betonte Vattenfall-Chef Hatakka am Freitag. Der Schritt diene auch der Transparenz bei den Strompreisen. Der Aussage dürften Bundesregierung und Verbraucherschützer sofort zustimmen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen meinte aber in einer ersten Einschätzung, dass er lediglich mittel- bis langfristig mit sinkenden Endkundenpreisen rechne. Was aus Sicht von Vattenfall für den Netzverkauf spricht, ließ Hatakka offen. Anders als Eon war Vattenfall nämlich nicht durch EU-Kartellämter zu dem Schritt gezwungen worden. In jedem Fall verschafft sich der Konzern aber finanziell Luft und kann sich nun ganz der Stromerzeugung und dem Vertrieb zum Endkunden widmen.

So könnte es Hatakka auch seinem designierten Konzernchef Øystein Løseth erklärt haben. Der Norweger, das wurde ebenfalls am Freitag bekannt, soll schon am 12. April seinen umstrittenen Vorgänger Lars Josefsson im Amt ablösen.

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