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Vattenfall: Viel Kohle mit der Kohle

Vattenfall produziert mehr Strom mit ostdeutscher Braunkohle und steigert den Gewinn.

Berlin - Es scheint, als habe sich der schwedische Staatskonzern von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Im Vorwort des am Mittwoch in Stockholm veröffentlichen Quartalsberichts schreibt Vattenfall-Chef Lars G. Josefsson, der Konjunkturverlauf der Weltwirtschaft habe den Boden noch nicht erreicht und es sei auch unmöglich zu sagen, wie lange der Abschwung noch anhält. Weil in der Krise die Industrieproduktion und damit der Strombedarf sinkt, fallen eigentlich auch die Strompreise. Diese Entwicklung habe sich aber bisher nicht auf Vattenfalls Geschäft ausgewirkt, stellte Josefsson fest. Im Gegenteil: Vattenfall produzierte in den ersten drei Monaten insgesamt 2,6 Prozent weniger Strom als im Vorjahreszeitraum, steigerte zugleich aber den Betriebsgewinn um 12,6 Prozent auf 12,86 Milliarden Kronen (1,2 Milliarden Euro).

Das scheinbare Paradoxon erklärt sich zum Teil mit Währungseffekten. Dreiviertel seines Umsatzes erwirtschaftet der Konzern im Ausland. Während der Euro verhältnismäßig stabil blieb, fiel der Wert der schwedischen Krone deutlich. Ohne diesen Effekt wäre der Gewinn nicht um 12,6 Prozent gestiegen, sondern nur um 4,4 Prozent.

Aber auch das ist ein Gewinn, und den verdanken die Schweden vor allem ihrem Geschäft in Deutschland, wo Vattenfall als regionaler Grundversorger im gesamten Osten der Republik und in Hamburg auftritt. In der Berliner Zentrale der Konzerntochter Vattenfall Europe wird zudem das Polen-Geschäft gesteuert. Das Teilunternehmen steigerte seinen Gewinn überproportional stark um 38 Prozent. In Deutschland profitiert das Unternehmen vor allem von der Tatsache, dass es hierzulande vor allem auf Braunkohle setzt. Kohlestrom ist in der Krise besonders profitabel, da derzeit auch die Preise der daran gekoppelten Kohlendioxid-Verschmutzungsrechte besonders niedrig sind.

Insgesamt steigerte Vattenfall seinen Umsatz in Deutschland und Polen um 18,7 Prozent auf 45,2 Milliarden Kronen (4,2 Milliarden Euro). Er sei „sehr zufrieden“, sagte Josefsson auch vor dem Hintergrund, dass in Norddeutschland die beiden Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel stehen, die seit Störfällen im Sommer 2007 abgeschaltet sind und den Konzern nach eigenen Angaben jeweils eine Million Euro kosten – jeden Tag. Josefsson sagte, er rechne damit, dass das AKW Krümmel noch 2009 wieder an Netz gehen könne. In Brunsbüttel sei das Wiederanfahren des Reaktors noch nicht absehbar, wegen noch „im erheblichen Umfang anstehender Arbeiten“.

Der ursprünglich im Frühjahr geplante Verkauf des Fernleitungsnetzes in Deutschland werde erst im zweiten Halbjahr stattfinden, kündigte er zudem an. Dies sei zum einen der Finanzkrise geschuldet – weil sich potenzielle Interessenten derzeit mit der Finanzierung schwer tun – zum anderen wolle Vattenfall noch eine Entscheidung der Bundesnetzagentur in der Sache abwarten.

In Stockholm gab es am Mittwoch handfeste Kritik an Josefsson und seiner Geschäftspolitik: Jugendliche bewarfen den Manager bei der Vorstellung der Quartalszahlen mit grünen Farbbeuteln und riefen Parolen zur drohenden Klimakatastrophe. Sicherheitskräfte führten dann die Demonstranten ab.

Vattenfall hatte in Schweden bisher eher ein eher sauberes Image, da der Konzern seinen Strom im Heimatland ohne Kohlekraftwerke produziert. Doch es gibt eine Verschiebung: Aus dem Quartalsbericht geht hervor, dass Vattenfall seine Produktion aus Wasserkraft zuletzt um zehn Prozent gesenkt hat. Die Produktion von Energie aus fossilen Rohstoffen, wie der Braunkohle in Deutschland stieg dagegen um gut fünf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

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