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Wirtschaft: Wall junior übernimmt

Wechsel bei dem Berliner Außenwerber. Der Senior will in den Aufsichtsrat

Berlin - Der Patriarch geht: Hans Wall, Berliner Musterunternehmer und Exzentriker, gibt den Vorstandsvorsitz der Wall AG an seinen Sohn Daniel ab. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Unternehmenskreisen. Offiziell wollen Vater und Sohn die „personellen Änderungen an der Spitze“ des Außenwerbe-Unternehmens an diesem Donnerstag bekannt geben. Derzeit ist Daniel Wall Marketingvorstand.

Hans Wall hatte das Unternehmen 1976 im baden-württembergischen Ettlingen gegründet. 1984 verlegte er den Firmensitz nach Berlin. Seit Jahren engagiert er sich für soziale Projekte in der Stadt. So finanzierte Wall unter anderem die Weihnachtsbeleuchtung am Kurfürstendamm.

Doch nun will sich Hans Wall aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Stattdessen will er nach Tagesspiegel-Informationen an die Spitze des Aufsichtsrats wechseln. Einfach dürfte das allerdings nicht werden: Denn dafür sind auch die Stimmen des Miteigentümers JC Decaux nötig – und mit dem hat sich Wall gleich mehrfach überworfen.

Das französische Außenwerbeunternehmen Decaux hält 35 Prozent der Anteile an der Wall AG, 13 Prozent gehören Daniel Wall und 52 Prozent Hans Wall. Trotzdem sind Wall und Decaux erbitterte Konkurrenten. Zuletzte schnappten die Franzosen dem Wahl-Berliner Wall ausgerechnet die zum Verkauf stehende BVG-Tochter VVR Berek vor der Nase weg. Wall wollte Decaux daraufhin aus seinem Unternehmen herauskaufen, scheiterte aber am Widerstand der Franzosen. „Eine Partnerschaft ist nicht mehr sinnvoll“, schimpfte Wall damals.

Auch im zweitgrößten deutschen Werbemarkt, Hamburg, stehen Wall und Decaux im Wettbewerb. Bei der derzeit laufenden Neuausschreibung der Werbeflächen in der Stadt treten die beiden Unternehmen gegeneinander an. Bei der Präsentation ihrer jeweiligen Konzepte vor dem Hamburger Senat im Oktober hatten sich Hans Wall und Jean-Francois Decaux öffentlich angegiftet.

Auch sonst gilt Hans Wall als impulsiv. „Er ist ein sehr emotionaler Mensch“, sagen Mitarbeiter über ihren Chef. Nach der Schlappe mit VVR Berek zeigte er sich schwer enttäuscht und machte dem Berliner Senat laut Vorwürfe. Der habe bei dem Bieterverfahren ausschließlich auf den Preis geschaut, sein eigenes Engagement für die Stadt sei dagegen überhaupt nicht gewürdigt worden. Sogar einen Wegzug des Unternehmens drohte Wall damals an. Damit die Mitarbeiter mitkämen, würde er ihnen „zur Not das doppelte Gehalt zahlen“.

Im vergangenen Jahr hatte die Wall AG das beste Ergebnis ihrer Geschichte erreicht. Der Überschuss stieg von 5,5 Millionen auf 6,4 Millionen Euro. Der Umsatz verbesserte sich um knapp 12 Prozent auf 125 Millionen Euro.

Im Gegensatz zu seinem Vater gilt Daniel Wall als eher ruhiger Zeitgenosse. Während der Vater stets die große Show liebte, hielt sich der Sohn dezent im Hintergrund. Mit den Geschäften ist er dennoch gut vertraut, bei wichtigen Terminen war er immer dabei. Möglicherweise gelingt ihm sogar der nötige Ausgleich mit Decaux. Aber das ist Zukunftsmusik.

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