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In den Hit-Ullrich-Supermärkten ist die Versorgungssicherheit gewährleistet, sagt ihr Geschäftsführer Gert Schambach.

© Kai-Uwe Heinrich

Hit-Supermarktchef über Hamsterkäufe: Wann geht der Parmesan aus, Herr Schambach?

Der Chef der Hit-Ullrich-Supermärkte erklärt im Interview, wie der Handel die Versorgung sicherstellt. Und wie sein Umsatz durch Corona gewachsen ist.

Gert Schambach (50) ist Geschäftsführender Gesellschafter der Dohle Handelsgruppe, zu der die Hit Ullrich Supermärkte gehören. In Berlin ist die Kette beispielsweise am Bahnhof Zoo, an der Wilhelmstraße oder seit Neuestem an der Trabrennbahn Mariendorf vertreten.

Herr Schambach, waren bei Ihnen in den vergangenen Tagen die Regale auch leer?
Am Mittwoch vor einer Woche haben zum ersten Mal einige unserer Märkte gemeldet, dass die Kunden über Corona reden. Deshalb haben wir uns sofort bevorratet und große Lieferungen ausgelöst. Das hat erhebliche Zusatzarbeit verursacht, weil zunächst der Absatz nicht mit der Menge der Bestellungen mithielt. Inzwischen ist es aber durchaus so, dass in einzelnen Bereichen unsere Bevorratungen nahezu aufgebraucht sind. Aber insgesamt haben wir sehr wenige Fehlartikel.

Sind diese Produkte am nächsten Morgen wieder da?
In aller Regel ja. In unserem am Donnerstag eröffneten Markt an der Trabrennbahn Mariendorf ist tatsächlich um 18 Uhr das Toilettenpapier ausgegangen. Aber am Freitagmorgen kam der Lkw mit Nachschub.

Wie stark sind die Umsätze in den vergangenen Tagen gestiegen?
Das ist regional sehr unterschiedlich. Dort, wo es viele Corona-Fälle gibt, merkt man die steigende Nachfrage. Die erste Welle war also am Niederrhein, in der Umgebung von Heinsberg. Zur gleichen Zeit hatten wir im Sauerland gar keine Ausschläge, obwohl es das selbe Bundesland ist.

Und in Berlin?
Hier hat es zeitversetzt eingesetzt. In den vergangenen Tagen registrieren wir nun aber tatsächlich immense Wachstumsraten. In der Steglitzer Schlossstraße stieg der Umsatz zuletzt um rund 80 Prozent. 

Gert Schambach ist Geschäftsführender Gesellschafter der Dohle-Handelsgruppe. Zuvor war er im Edeka-Vorstand.

© Kai-Uwe Heinrich

Nun liegt es in der Natur der Sache, dass gehamsterte Produkte sich lang halten. Rechnen Sie mit einem Umsatzeinbruch, weil die Vorratskammern der Leute inzwischen so voll sind?
Die Frage ist ja: Verändere ich meine Ernährungsgewohnheiten, nur weil ich zehn Ravioli-Dosen zuhause habe? Da hätte ich doch gewisse Zweifel. Ich glaube, die Leute werden trotzdem frische Lebensmittel einkaufen. Zudem merken wir, dass viele Leute weniger in Restaurants gehen und viel zuhause essen. Auch das kommt uns zugute.

Freut sich der Lebensmitteleinzelhandel also über Corona?
Um es ganz deutlich zu sagen: Nein. Grundsätzlich freut sich natürlich niemand über einen Virus. Zudem verursacht das alles ja auch Mehrarbeit, Überstunden und zusätzliche Logistik; vielleicht muss zu viel bestellte Ware wieder in andere Märkte umgelagert werden. Es steigen also auch die Kosten.

Was ist mit Produkten aus den stark betroffenen Regionen wie Norditalien? Wann geht Deutschland der Parmesan aus?
Meiner Kenntnis nach gar nicht. Vielleicht sind davon größere Händler, die auf großen Plattformen riesige Mengen einkaufen, betroffen. Unser Einkauf ist sehr kleinteilig, sodass wir ausweichen könnten.

Was passiert denn, wenn in allen Märkten in einer Region jeweils ein Mitarbeiter infiziert ist und all seine Kollegen vorsichtshalber zuhause bleiben müssen? Wie wird dann Versorgungssicherheit gewährt?
Das muss im Einzelfall geprüft werden. Wir arbeiten fast ausschließlich nur mit eigenen Mitarbeitern und nicht mit externen Dienstleistern. Dennoch haben wir vorsorglich mit externen Dienstleistern gesprochen, die unsere Regale auffüllen könnten. Wir könnten aber auch Mitarbeiter aus anderen Märkten einsetzen. Das ist bei Neueröffnungen oder anderen großen Ereignissen auch gute Tradition bei uns.

Ihre jüngste Neueröffnung war in dieser Woche in Mariendorf. Warum genau dort?
Mit 2500qm Verkaufsfläche und der Kaufkraft in der Umgebung ist das ein sehr interessanter Standort. Das Beispiel Steglitz hat uns Mut gemacht. Hier haben wir schon im 2. Jahr unser Zielumsatz für das 5. Jahr erreicht.

"Ulle am Zoo" gehört auch zur Dohle Handelsgruppe.

© Kai-Uwe Heinrich

Planen Sie weitere Märkte in Berlin?
Ganz ehrlich: Weitere zehn Standorte in Berlin wären mein Wunsch. Wir erhoffen uns hier eine ganze Menge. Mit 1,6 Milliarden Außenumsatz sind wir ja noch Mittelständler. Wir freuen uns jedenfalls über jeden Projektentwickler in Berlin, der auf uns zukommt.

Durch den Verkauf von Real sind ja einige Standorte auf dem Markt. Haben Sie hier um einzelne Filialen mitgeboten?
Aus zwei Gründen nicht. Die Geheimhaltungsvereinbarungen, die da aufgelegt werden, sind für Großkonzerne mit großen Rechtsabteilungen sicherlich einhaltbar. Ich muss Ihnen aber sagen, wir sind Händler, keine Juristen. Deshalb habe ich gesagt, diese Vereinbarung können wir nicht unterschreiben, mit all den Forderungen nach Schadensersatz, die da in irgendwelchen Szenarien rauskommen könnten.

Und der zweite Grund?
In der Regel werden Standorte nur in Paketen verkauft. Das heißt, man bekommt zwei gute Standorte, muss dabei aber auch vier heruntergewirtschaftete mit riesigem Investitionsbedarf mitnehmen. Und das können wir mit unseren Mitteln schlicht nicht. Dieser Verkaufsprozess wird also zu einer weiteren Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel führen.

Schon jetzt ist der LEH mit Rewe, Edeka, der Schwarz-Gruppe und Aldi sehr konzentriert. Wie wollen Sie sich da behaupten? Real hat es ja nicht geschafft…
Jetzt müsste ich das Gespräch ja fast beleidigt abbrechen, wenn wir hier in einem Atemzug mit Real genannt werden (lacht). Aber ernsthaft: Unsere Begeisterung für Lebensmittel ist derart ausgeprägt…

Das erinnert jetzt aber sehr an den Claim eines blau-gelben Wettbewerbers…
Ja, bei denen mag das ein Claim sein. Bei uns ist es auch so. Vor allem stellen wir uns aber auf jeden Standort individuell ein. In Charlottenburg haben wir einen Markt mit einem Weinfachgeschäft, am Mariendorfer Damm haben wir eine frische Produktion von Nuss-Nougat-Creme im Markt. Wir können als Unternehmen mit 100 Standorten einfach viel besser auf die Bedürfnisse vor Ort eingehen als die vier größten Ketten. 

Muss das Kartellamt beim Real-Verkauf eingreifen?
Aus meiner Sicht müsste das Kartellamt dafür sorgen, dass der Mittelstand dabei berücksichtigt wird. Nun haben wir bei Kaisers-Tengelmann aber erlebt, dass Verhandlungen dieser Größenordnung in einer Hinterzimmerdiplomatie notfalls vom Wirtschaftsminister einfach durchgewunken werden. Deshalb habe ich meinen Glauben an das Kartellamt da etwas verloren. 

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