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Nur noch ein Schatten. Roland Koch wollte zu viel, sagt sein Aufsichtsratschef - und hat das Unternehmen damit überfordert.

© dpa

Warum Roland Koch bei Bilfinger gehen musste: Brutalstmöglich gescheitert

Bis zum Bundeskanzler hätte er es bringen können. Doch Roland Koch wechselte lieber ins Management. Sein Scheitern beim Baudienstleister Bilfinger zeigt: Das war keine gute Idee.

Es war der zweite Aufsehen erregende Abgang im Leben des Roland Koch, und es war der überraschendere. Denn schlechte Zahlen über ein paar Monate haben schon ganz andere Manager in viel bedeutenderen Unternehmen ausgesessen. Womöglich war der Weg vom hessischen Ministerpräsidenten und CDU-Hoffnungsträger zum Manager eines verzweigten Unternehmens mit ständigem Gewinndruck doch zu weit. Die Demission aus gewählten Ämtern vor drei Jahren gelang ihm jedenfalls weitaus eleganter. „Politik ist ein faszinierender Teil meines Lebens, aber Politik ist nicht mein Leben“, hatte Koch da getönt.

Eine böse Intrige dürfte ihn kaum zu Fall gebracht haben – dazu bekam er am Dienstag zu viele nette Worte mit auf den Weg. „Die Strategie hat gestimmt und sie stimmt weiter“, sagte Aufsichtsratschef Bernhard Walter in Frankfurt am Main. Das Geschäftsmodell des Mannheimer Unternehmens sei tragfähig und nachhaltig. Das Lob überrascht nicht: Der Wechsel Kochs in die Wirtschaft, in Deutschland selten genug, gilt als Walters Coup. Der Ex-Chef der Dresdner Bank hielt sich denn auch mit Kritik zurück – und stellte Koch in Aussicht, seine vollen Bezüge bis Ende Februar 2016 zu bekommen. Das dürften um die 3,8 Millionen Euro sein.

Walter schob Kochs Scheitern auf die schlechten Zahlen. „Auslöser für seinen Rückzug war die zweite Gewinnwarnung innerhalb von kurzer Zeit.“ Am 30. Juni hatte Bilfinger eine Gewinnwarnung herausgegeben, am Montag folgte die nächste, nachdem Bilfinger einen Kraftwerksauftrag aus Südafrika verpasst hatte. Dabei, unterstrich Walter, sei Koch sehr ehrgeizig gewesen. „Die Ziele sind ja nicht vom Aufsichtsrat vorgegeben.“ Hinzugekommen sei „marktbedingter“ Gegenwind. Gleichwohl habe Bilfinger im ersten Halbjahr Geld verdient. Schätzungen zufolge sollen im Gesamtjahr bei 8,7 Milliarden Euro Umsatz 205 bis 220 Millionen Euro Gewinn stehen.

Die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen zu Koch seien dennoch erschüttert. „Bei fortgesetztem Vertun kippt die Stimmung.“ Er, so Walter, habe Koch am Wochenende bei einem „finalen“ Gespräch zum Rücktritt geraten. Kommissarischer Nachfolger wird Herbert Bodner, der bereits Kochs Vorgänger war. Möglichst schnell will Walter nach einem neuen Chef – oder einer Chefin – suchen.

Koch dürfte vor allem mit seinen immer neuen Sparprogrammen intern angeeckt sein. Während die weltweite Belegschaft durch Übernahmen auf rund 74 000 wuchs, strich Koch im vergangenen Jahr 1250 Stellen in der Verwaltung. 200 bis 300 weitere sollten in der Kraftwerkssparte wegfallen. Allerdings hatten die Aktionäre auf der Hauptversammlung im Mai Kochs Maßnahmen mit mehr Applaus als Kritik bedacht.

Die Bilfinger-Aktie ging am Dienstag auf Talfahrt und verlor bis zu 14 Prozent. Kochs Bilanz ist gemessen am Kurs eher schwach: Das im M-Dax notierte Papier liegt mit 52,50 Euro rund 20 Prozent unter dem Stand vom Juli 2011, als der Ex-Ministerpräsident angetreten war.

Aufsichtsratschef Walter wünscht sich zwar mehr Wechsel von Politikern in die Wirtschaft. Die Wahrscheinlichkeit, dass Bilfinger diesen Schritt bald noch einmal gehen wird, hält er aber für gering. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass auf der Kandidatenliste für unser Unternehmen wieder ein Politiker auftaucht.“

Erfolgreicher als Koch war etwa Lothar Späth (CDU), einst Ministerpräsident in Baden-Württemberg und später Sanierer der Jenoptik. Oder Werner Müller, der vor und nach seiner Zeit als Wirtschaftsminister Energiemanager war. Ex-Kanzleramtschef Bodo Hombach (SPD) verdingte sich in der Medienbranche.

Und Koch? Einige in der CDU können sich vorstellen, ihn zurückzuholen. „Koch könnte mit Sicherheit auch die Partei wieder mit seinem Wissen und seinen Fähigkeiten bereichern“, sagte CDU-Vize Stanislaw Tillich. Womöglich eine gute Idee – aus der Wirtschaft wird er so schnell kein neues Angebot erhalten.

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