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Wirtschaftskrise: Wo klemmt es denn?

Im Kampf gegen die Krise ist die Wirtschaft selbst ist sich nicht einig, ob sie zu wenig Kredit bekommt. Unterdessen arbeitet die Politik weiter an einem Schutzschirm aus Konjunkturpaketen und Teilverstaatlichungen.

Berlin - Die Bemühungen um staatliche Programme gegen die Krise werden zunehmend verwirrender. Während die Politik dabei ist, einen sogenannten Schutzschirm für Unternehmen aufzuspannen, ist die Notwendigkeit eines solchen Schirms bei den Unternehmen selbst umstritten. Im Kern geht es dabei vor allem um die sogenannte Kreditklemme, also die Frage, ob die Banken den Firmen Finanzierungen vorenthalten.

Der deutsche Maschinenbau, neben der Autobranche der wichtigste Industriebereich, betont immer wieder, dass es keine Kreditklemme gebe. „Wir sehen keine flächendeckende Gefahr im Maschinenbau.“ Dagegen hieß es am Donnerstag beim Verband der Autoindustrie: „Es gibt eine Kreditklemme.“ Andere Verbände sehen die Lage zum Teil äußerst schwarz. Die niedersächsischen Metallarbeitgeber warfen Anfang der Woche den Banken vor, bei „anhaltender Verweigerung“ dafür verantwortlich zu sein, wenn „zahlreiche Unternehmen absaufen“.

Der Dachverband BDI, der die Interessen der deutschen Industrie vertritt, wollte sich auf Nachfrage zu dem Thema nicht äußern. Man wolle erst die Entscheidungen der Politik abwarten. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände wiederum lehnte eine Stellungnahme mit dem Hinweis ab, für das Thema sei der BDI zuständig. Auskunftsfreudiger ist dagegen der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). „Wir sehen nicht, dass ein Schutzschirm jetzt notwendig ist“, sagt DIHK-Chefvolkswirt Volker Treier dem Tagesspiegel. „Man sollte die Wirkung der bereits beschlossenen Maßnahmen abwarten, bevor man über solch tiefe Eingriffe auch nur nachdenkt“, sagte Treier. „Die meisten Unternehmen bekommen noch Kredite, wenn auch oft zu verschlechterten Konditionen.“ Erste Ergebnisse einer aktuellen Umfrage bestätigen laut DIHK den Eindruck der letzten Erhebung aus dem November. Damals hatten sechs Prozent der Firmen berichtet, ihr Kreditgesuch sei abgelehnt worden. Weitere 28 Prozent hatten über verschlechterte Konditionen im Vergleich Vorjahr geklagt.

Ein wesentlicher Grund für die knappere Kreditvergabe sind laut Treier die sich verschlechternden Absatzaussichten der Unternehmen im Export. „Das ist aber bedauerlicherweise in jedem Abschwung so“, sagte der DIHK-Experte. „Dieses Problem kann der Staat nicht lösen.“ Treier sieht den Schutzschirm der Regierung vor allem als Hilfe für Konzerne, die bei der Finanzierung größerer Projekte auf einige wenige Großbanken angewiesen sind. Im Mittelstand gebe es bei den Krediten dagegen eher ein Nachfrageproblem. „Viele Unternehmen rufen die zugesagten Mittel gar nicht ab“, sagt Treier. Das trifft offenbar auch auf die 15 Milliarden Euro zu, die die staatliche Förderbank KfW bereits seit November als Teil des ersten Konjunkturpakets zur Verfügung stellt. Von dem Geld sei bisher kaum etwas geflossen, heißt es im Finanzministerium. Auch dem Berliner Mittelstand droht offenbar keine Finanzierungsklemme. „Bislang sind in Berlin keine generellen Einschränkungen bei der Kreditvergabe festzustellen“, sagte Dieter Puchta, Chef der Investitionsbank Berlin (IBB).

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall, dessen Präsident Martin Kannegiesser seit Wochen die Banken wegen der Kreditpolitik kritisiert, äußerte sich am Mittwoch wohlwollend zu den Plänen der Wirtschaftspolitiker. „Auch wenn ein derart voluminöses Paket nicht im Sinne der reinen Ordnungspolitik ist, so ist schon aus psychologischen Gründen die Ankündigung eines ,Schutzschirms‘ für Unternehmen grundsätzlich zu begrüßen.“ Die „weiterhin unbefriedigende Kreditversorgung“ verlange „kraftvolle und unkonventionelle Maßnahmen“, hieß es bei Gesamtmetall.

In das gleiche Horn blasen Autohersteller und ihre Zulieferer, die unter Absatzeinbrüchen leiden. „Die deutsche Automobilindustrie hat ein großes Interesse daran, dass ausreichend Liquidität zur Verfügung gestellt wird“, sagte Klaus Bräunig, Geschäftsführer des Branchenverbands VDA. Normale zyklische Schwankungen könnten und müssten die Autohersteller und ihre Zulieferer allein durchstehen. „Aber die aktuelle Krise ist alles andere als normal, sie wurde von den Finanzmärkten verursacht“, sagte Bräunig. „Es gibt eine Kreditklemme.“

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