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Amtsantritt DAAD-Präsident: Austausch auch mit schwierigen Partnern

Werte ja, rote Linien nein - der neue DAAD-Chef Joybrato Mukherjee wirbt für einen differenzierten Umgang mit Ländern wie China oder der Türkei.

Studenten am International Day an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).
Den europäischen Hochschulraum zu fördern, ist zentrales Anliegen des DAAD.

© DPA

„Wir sind im Umgang mit schwierigen Partnern keine Vertreter einer Rote-Linie-Philosophie“, erklärte der neue DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee am Donnerstag in Berlin. Natürlich solle der Deutsche Akademische Austauschdienst auch in den 2020er Jahren im Umgang mit menschenrechtlich defizitären Ländern wie China oder der Türkei für die europäische Werteordnung streiten. Den Fokus auf die Einhaltung von Grundwerten will Mukherjee zu einem Hauptthema seiner Präsidentschaft machen.

Dennoch könne die Antwort auf die Frage, wie man mit verschiedenen kulturellen Traditionen umzugehen habe, nicht formelhaft in Stein gemeißelt werden. Speziell deshalb, weil es auch im deutschen und europäischen Interesse sei, den wissenschaftlichen Austausch mit besagten Ländern nicht abreißen zu lassen. „Jede individuelle Konstellation muss man einzeln und immer wieder neu überprüfen“, sagte der DAAD-Präsident, der seit Anfang Januar im Amt ist.

Dies gilt für Mukherjee auch im Umgang mit den an mehreren deutschen Unis angesiedelten umstrittenen Konfuzius-Instituten. Die Bewertung der von China finanzierten Einrichtungen reicht in der öffentlichen Diskussion von harmlosen Sprach- und Kulturanstalten bis zu reinen Propagandabetrieben.

Ethische Probleme auch in der EU

In Deutschland gibt es solche Institute an 19 Universitäten – jeweils mit eigener Vertragsgrundlage. Die Rechte und Eingriffsmöglichkeiten der chinesischen und der deutschen Seite variierten von Uni zu Uni, man müsse also differenzieren. Es sei eine autonome Entscheidung der Universitäten, zu klären, ob die von der chinesischen Kulturorganisation Hanban alimentierten Institute „tragfähig“ sind oder nicht, sagte Mukherjee.

Joybrato Mukherjee.
Seit Januar 2020 ist Joybrato Mukherjee neuer DAAD-Präsident.

© Jonas Ratermann

Auch innerhalb der Europäischen Union selbst gebe es ethische Herausforderungen, so der neue DAAD-Präsident. Analog zu außereuropäischen Ländern mit Demokratie- oder Menschenrechtsdefiziten müsse man auch etwa mit Ungarn oder Polen, die seit geraumer Zeit im Begriff sind, ihren Rechtsstaat abzuwickeln, weiter intensiven Austausch pflegen. Dabei sei es geboten, über die zahlreichen Förderprogramme die „europäische Identität“ von Studierenden zu stärken und Nationalismus entgegenzuwirken – auch und gerade vor dem Hintergrund des Brexits.

Rechtliches Rahmenwerk nach dem Brexit

Den gemeinsamen europäischen Hochschulraum ohne Abstriche zu erhalten, sei eine zentrale Aufgabe, betonte Mukherjee. In den kommenden Monaten gelte es daher, ein rechtliches Rahmenwerk zu erarbeiten, dass es den Briten erlaubt, auch nach Auslaufen der Übergangsfristen an den Förderprogrammen der EU zu partizipieren.

Dabei müsse es einen gesamteuropäischen Vertrag geben, der bilaterale Lösungen zwischen den Briten und einzelnen EU-Ländern überflüssig macht. „Gemeinsam mit vielen Partnern kämpfen wir dafür, dass die wissenschaftsbezogenen Themen auf der politischen Agenda für die Post-Brexit-Phase eine hohe Priorität erhalten“, sagte der DAAD-Präsident.

Das Corona-Virus beschäftigt auch den DAAD

Als wichtiges Thema seiner Präsidentschaft sieht Mukherjee auch die Digitalisierung – man wolle künftig ausloten, ob „teilvirtuelle Szenarien“ die physische Mobilität von Studierenden langfristig ersetzen können. Auch mit Blick auf eine bessere Klimabilanz des Wissenschaftsaustauschs sei dies sehr bedeutsam.

Das Thema Mobilität beschäftigt den DAAD aktuell auch im Kontext des Corona-Virus. Die Reisebewegungen nach China sind derzeit völlig zum Erliegen gekommen. Problematisch sei aber vor allem, dass an deutschen Unis studierende Chinesen, die zum chinesischen Neujahrsfest in ihre Heimat gereist sind, momentan nicht nach Deutschland können, erklärte DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland. Hier müssten die Unis mit den Studierenden in Kontakt bleiben und ihnen flexible Lösungen für die Weiterführung ihres Studiums bieten.

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