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Hefte weg, jetzt kommt der Klassenrat: Einmal wöchentlich soll das - vielerorts noch neue - Gremium tagen.

© Oliver Dietze/dpa

INSM-Bildungsmonitor 2021: Berlins Schulen bundesweit im Mittelfeld

Im Bildungsmonitor der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft hat sich Berlin stabilisiert. Doch der Abstand zur Spitze mit Sachsen und Bayern ist groß.

Berlin leidet unter einem gravierenden Mangel an qualifizierten Lehrkräften, Jahr für Jahr kann nur knapp die Hälfte der offenen Stellen mit regulär ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern besetzt werden. Bei den Betreuungsbedingungen in den Schulen allerdings steht Berlin bundesweit an der Spitze. Das ist ein Ergebnis des am Mittwoch veröffentlichten Bildungsmonitors der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM).

Mit einem Betreuungsverhältnis von 13,4 Schüler:innen auf eine Lehrkraft in der Sekundarstufe I der Gymnasien liege Berlin bundesweit vorn. Ebenso erreiche die Hauptstadt bei der Zahl der Unterrichtsstunden in allen Schulformen die besten Werte aller Bundesländer, heißt es.

Insgesamt landet Berlin im Ranking des INSM-Bildungsmonitors auf Platz 13 der 16 Bundesländer, das aber bedeutet eine Stabilisierung gegenüber dem Vorjahr. 2020 war der Aufstieg vom letzten Platz in Richtung Mittelfeld gelungen.

Berlin punktet auch mit Ganztag und vielen Forschenden

Der seit 18 Jahren fortgeführte Bildungsmonitor ist eine Vergleichsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der von Unternehmensverbänden finanzierten INSM und bewertet anhand von insgesamt 93 Indikatoren in 12 Handlungsfeldern, "inwieweit ein Bundesland Bildungsarmut reduziert, zur Fachkräftesicherung beiträgt und Wachstum fördert" (eine Übersicht gibt es hier).

Punkten kann Berlin mit umfassenden Ganztagsangeboten in Kitas und Schulen, die überdurchschnittlich viele Kinder und Jugendliche wahrnehmen. Für Hochschulen und Wissenschaft wird hervorgehoben, dass gemessen an der Wirtschaftskraft viele Forschende in der Stadt tätig sind und der Anteil der Bildungsausländer unter den Studierenden bundesweit am höchsten ist.

Bemängelt werden indes die weiterhin hohen Schulabbrecherquoten bei Jugendlichen ohne deutschen Pass, dass insgesamt zu viele Schüler:innen die Mindeststandards in den Kernfächern und insbesondere in Mathematik und Naturwissenschaften nicht erreichen - und das betriebliche Ausbildungsstellenangebot zu gering sei.

Zu sehen ist ein Arbeitstisch im Klassenzimmer, ein Kind schreibt in ein Heft.
Tests, die Lehrkräften zeigen, wo Schüler nach den Schulschließungen stehen, reichen der INSM nicht. Sie fordert bundesweite Vergleichsarbeiten.

© Uli Deck/dpa

"Die Studie belegt, dass Berlin seinen Schülerinnen und Schüler eine weit überdurchschnittlich hohe Anzahl von Unterrichtsstunden anbietet. Zudem erkennt die Studie die Anstrengungen Berlins bei der Personalausstattung und den umfassenden Ganztagsangeboten ausdrücklich an", kommentiert der Sprecher der Bildungsverwaltung. Dass auch der Digitalisierungsschub an den Berliner Schulen während der Pandemie lobend erwähnt wird, "ist uns Ansporn, auch in anderen Bereichen keineswegs nachzulassen".

Spitzenreiter sind Sachsen und Bayern, Schlusslicht ist Bremen

Im Bildungsmonitor sei nun der Anschluss ans Mittelfeld gelungen, heißt es. Tatsächlich ist Berlin mit 44,4 vergebenen Punkten fast punktgleich mit den Flächenländern Nordrhein-Westfalen (12. Platz mit 44,5 Punkten) und Schleswig-Holstein (11. Platz mit 44,6 Punkten).

Der Abstand zu den Spitzenländern Sachsen (66,8 Punkte), Bayern (62,9 Punkte) und Hamburg (58,7 Punkte) ist allerdings groß. Schlusslicht ist erneut Bremen mit 39,6 Punkten. Brandenburg belegt mit 43,2 Punkten den vorletzten Platz.

Über alle Länder hinweg sieht die INSM gegenüber dem Referenzjahr 2013, als die aktuellen Bewertungskriterien eingeführt wurden, große Rückschritte bei der Schulqualität, bei der Integration und bei der Reduzierung der Bildungsarmut. Dabei habe die Corona-Pandemie "in allen Bundesländern Schwachpunkte der Bildungssysteme offengelegt".

Die ausgewerteten Daten zur Bildungsstatistik und aus Bildungsstudien stammen allerdings aus den Jahren 2018 bis Anfang 2020. Deshalb ergänzten INSM und IW die Studie erstmals mit repräsentativen Umfragen unter Eltern schulpflichtiger Kinder und Lehrkräften, deren Ergebnisse frühere Umfragen zu den Auswirkungen der Pandemie bestätigen.

Lehrkräfte sehen gravierende Corona-Lernrückstände

So sehen 30 Prozent der Lehrkräfte bei mehr als der Hälfte ihrer Schüler:innen gravierende Lernrückstände, 16 Prozent geben sogar an, bei fast allen seien große Lücken entstanden. Unter den Eltern sind 56 Prozent mit den Lernangeboten im vergangenen Schuljahr unzufrieden beziehungsweise sehr unzufrieden. Am schlechtesten bewerteten Eltern in den östlichen Bundesländern den Unterricht in der Coronazeit ein, am zufriedensten waren sie in Norddeutschland und in Bayern.

Das von Bund und Ländern vereinbarte Corona-Aufholpaket sei unzureichend, kritisierten INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr und IW-Studienleiter Axel Plünnecke vor der Presse. So sei versäumt worden, die tatsächlichen Lernrückstände mit bundesweit einheitlichen und damit vergleichbaren Tests festzustellen.

Es reiche nicht aus, dass Lehrkräfte nun von den Ländern unterschiedliche Materialien und Tests an die Hand bekämen, um den Wissens- und Kompetenzstand der Schüler:innen für schulinterne Zwecke festzustellen, sagte Plünnecke. Notwendig seien flächendeckende Vergleichsarbeiten gleich zu Beginn des Schuljahres und ein halbes oder ein Jahr danach, um zu evaluieren, welche Fördermaßnahmen wirksam sind.

Hubertus Pellengahr erneuerte die INSM-Forderung nach 20.000 IT-Administratoren für die Schulen. Sie müssten die Lehrkräfte bei der Digitalisierung entlasten - und könnten so auch den Lehrerberuf attraktiver machen.

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