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Singen mit Genen

© Klaus Stuttmann

„Der Erbonkel“: Die Singularität des Singens

Singen ist einzigartig. Es macht glücklich, hält gesund, verlängert das Leben. Aber kann es jeder können? Oder fehlen manch einem die Gene des guten Tons?

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Warum auch immer, irgendwann war es eine kleine Familientradition geworden: Nach seinem Geburtstagslied bekam der frühmorgendlich Beglückwünschte noch eine vierstimmige, absichtlich monströs falsch gesungene Kakofonie des Happy Birthday-Klassikers zu hören. Die feierliche Fröhlichkeit steigerte das nur noch.

Was für manche aber nur Spaß ist, macht anderen zu schaffen: Nicht jeder kann singen. Manche treffen den Ton einfach nicht, andere können ihn nicht halten, kommen mit dem Rhythmus nicht klar oder der Atem fehlt. Gibt es also das Sing-Gen? Oder die Sanges-Gene? Und leidet, wer sie nicht hat, fortan an chronischer Disharmonie?

Natürlich müssen Gene Anteil an der Fähigkeit zum Singen haben, schließlich sind sie es, die den Klangkörper vom Kehlkopf bis zu den Lippen formen. Und ebenso klar ist, dass niemand ohne viel Übung zum Opernsänger wird. Aber überwiegt das Talent, die Anlagen?

Australische Forscher wollten’s genau wissen. Sie ließen vergangenes Jahr fast 1200 Zwillinge singen, „um die relativen genetischen und umweltbedingten Einflüsse auf die Gesangsfähigkeit zu untersuchen“. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Gesangsfähigkeit eine „mäßige Erblichkeit“ von 40,7 Prozent hat und ähnlich stark, zu 37 Prozent, von Umweltfaktoren beeinflusst wird, etwa dem Singen in der Kindheit im Elternhaus.

Wer also nicht singt, weil er meint, es „von Natur aus“ nicht zu können, liegt falsch. Mit Übung, ob unter der Dusche, im Auto oder im Chor, kann es durchaus besser werden. Vielleicht reicht es nicht zur zweiten Callas, aber vielleicht zu einem knarzigen Dylan. Schaden kann es jedenfalls nicht, im Gegenteil: Singen ist gesund.

Es kurbelt den Kreislauf an, stärkt die Abwehrkräfte, lässt besser schlafen und verlängert sogar das Leben. Und ein gutes Gefühl gibt’s obendrein, dank freigesetztem Endorphin, Serotonin, Dopamin und Adrenalin. Und all das auch dann, wenn man mal falsch singt.

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

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