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Der Virologe Hendrik Streeck ist federführend für die Immunbridge-Studie.

© dpa/Federico Gambarini

Die Ironie der späten Daten: Antworten auf Fragen, die wir nicht mehr stellen

Die Studie „Immunebridge“ bringt erste Ergebnisse zum Immunitätsstatus der Bevölkerung. Doch sie zeigt uns nichts, was wir im Grunde nicht schon längst wussten.

Ein Kommentar von Richard Friebe

Kaum etwas wurde seit über zwei Jahren von Seiten deutscher Epidemiologinnen und Epidemiologen, Ärztinnen und Ärzte vehementer gefordert als eine Studie wie die, deren erste Ergebnisse jetzt vorliegen: eine Studie, die einigermaßen verlässliche Daten liefert, wie der Immunitätsstatus der in Deutschland Lebenden insgesamt und bezüglich einzelner relevanter Bevölkerungsgruppen ist.

Neue Daten, wenig Neues

Doch es ist schon eine ziemliche Ironie: Auch wenn die beteiligten Forschenden und die Forschungsministerin als Sponsorin bei der Vorstellung der Ergebnisse versuchten, es anders rüberzubringen: Jetzt, da die Daten verfügbar werden – und auch im Dezember, wenn eine Gesamtauswertung der Immunebridge-Studie vorgelegt werden soll – werden sie uns nur wenige neue, für die Praxis, für „Maßnahmen“, für Impfstrategien oder für Modellrechnungen für kommende Monate relevante Erkenntnisse bringen.

Die Studie, koordiniert von dem Bonner Immunologen Hendrick Streeck, kommt zu dem Schluss, dass per Impfung oder Infektion oder einer Kombination von beidem inzwischen ein sehr großer Teil der Bevölkerung Antikörper gegen Sars-CoV-2-gebildet hat.

Sie zeigt, dass unter den besonders Anfälligen zu viele nicht genügend geschützt sind, dass Impfung und Infektion nicht vor erneuter Ansteckung und Erkrankung schützen, aber bislang vor schweren Verläufen geschützt haben. Und so weiter.

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Es sind alles Erkenntnisse, die jetzt mit neuen Daten untermauert – an sich aber eigentlich längst bekannt – sind. Von den Unsicherheiten in der Datenbasis, die die Studienautoren selbst einräumen, ganz zu schweigen. Die Fragen, die im Herbst 2022 am relevantesten sind, sie bleiben offen.

Daran trifft die Studienautoren keine Schuld. Doch dazu etwa, ob und voraussichtlich wann und in welchem Maß neue Varianten den ohnehin beschränkten Immunschutz stärker unterwandern werden oder ob der Kontakt des Immunsystems sehr vieler mit dem Virus statt nur mit dem Impfstoff auch vor absehbaren Varianten vielleicht einen effektiven Schutz bietet, erlauben die Daten kaum Rückschlüsse.

Und dazu, inwiefern neue Infektionen das Long- und Post-Covid-Problem verstärken werden, oder eben vielleicht auch nicht, gibt es auch keine neuen Erkenntnisse.

Insofern ist die Immunebridge-Studie interessant. Und es ist gut, dass sie endlich gemacht wird. Aus ihr lernen sollten wir vor allem eines: Beim nächsten Mal muss es viel, viel schneller gehen mit der Erhebung von Daten, von relevanten Daten – und dem darauf beruhenden informierten Handeln. Dass das geht, haben viele Länder, von Taiwan bis Israel, längst vorgemacht.

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