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Hochgestellte Stühle in der Mensa II an der Otto-von-Simson-Straße in Dahlem.

© Bernd Wannenmacher

Energiehilfen für das Studierendenwerk: 13-Millionen-Euro-Paket mit unklarem Inhalt

Ein Topf, aus dem das Studierendenwerk erhöhte Wohnheim-Mieten ausgleicht? Den gibt es so gar nicht – und wohl auch keine weitergehenden Pläne für Kältehilfen.

| Update:

„In den Beratungen zum Nachtragshaushalt konnte ein zusätzlicher Ausgleich in Höhe von 13 Millionen Euro für die Energiekosten der Wohnheime des Studierendenwerks erkämpft werden.“ So verkündete Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion, Mitte November eine nachträgliche Finanzspritze für den Dienstleister des Landes Berlin.

Kurz darauf, im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses, wurde der Erfolg von Rot-Grün-Rot gebührend gefeiert. Auch dort hieß es, das Berliner Parlament habe im Drei-Milliarden-Euro-Nachtragshaushalt 13 Millionen Euro für das Studierendenwerk reserviert. Gemessen an seinem jährlichen Landeszuschuss von 74 Millionen Euro ist das tatsächlich eine Menge Geld. Doch wofür kann das viele Geld eingesetzt werden? Das ist trotz mehrfacher Nachfragen des Tagesspiegels nicht wirklich klar.

„Wir besprechen gerade mit der Senatsverwaltung, wie viel davon wirklich für die Absenkung der Miete gebraucht wird“, sagt Tobias Schulze Anfrage. Die Frage sei „wie weit wir mit den 13 Millionen Euro insgesamt kommen“.

Der Hintergrund: Auch für das Studierendenwerk gilt der Gas- und Energiepreisdeckel des Bundes und die 13 Millionen Euro werden nicht mehr komplett für die Rücknahme der Mieterhöhungen gebraucht. Konkret geht es bislang um Wohneinheiten in sechs Heimen, in denen die Mieten bei Neu- und Folgeverträgen um 75 bis 170 Euro stiegen, zudem wurden und werden die Vertragslaufzeiten von zwei Jahren auf ein Jahr halbiert.

Schon immer sind die Mensen Arbeits- und Aufenthaltsräume für Studierende.

Jana Judisch, Sprecherin des Studierendenwerks Berlin

Schulze wünscht sich, dass sich das Studierendenwerk am „Netzwerk der Wärme“ beteiligt und zusätzliche beheizte Räume als Arbeitsplätze anbietet – für die Studierenden, die in ihren WGs frieren. Eine weitere Forderung hatte die Grünen-Bundestagsabgeordnete und Bildungsexpertin Laura Kraft unlängst in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel formuliert: eine bundesweite Mensapreisbremse. In jeder Hochschulmensa solle es jeden Tag ein Tagesgericht zum Preis von einem Euro geben, „damit alle Studierenden satt werden können“.

Lernen, bis der Wachschutz kommt

Die Mensen als Wärmestuben und Suppenküche? Die Sprecherin des Studierendenwerks winkt ab. „Schon immer sind die Mensen Arbeits- und Aufenthaltsräume für Studierende“, sagt Jana Judisch auf Anfrage des Tagesspiegels. An der FU und der TU etwa seien die Gasträume auch seit langem nach Mensaschließung zum Lernen und Arbeiten geöffnet, an der HU solle dies in Kürze möglich sein. Allerdings in allen Fällen nur so lange, bis der Sicherheitsdienst der Hochschulen in den Abendstunden, meist ab 19, 20 Uhr, abschließt.

1,45
Euro kostet das günstigste Berliner Mensa-Gericht

Auch bei den Preisen für das Mensa-Essen sei gerade das Berliner Studierendenwerk schon gut aufgestellt, sagt Judisch. Die 1,45 Euro für das Tagesgericht habe man „seit 2013 nicht mehr angefasst“. Dafür gibt es Klassiker wie Nudelauflauf mit Tomaten und Käse, Internationales wie Bulgur-Gemüse-Pilaw oder Süßes wie Porridge mit Mandeln, Rosinen und Zimt. „Das sind gestützte Preise“, betont Judisch. Das Studierendenwerk hoffe, die 1,45 Euro auch 2023 trotz Energiekrise halten zu können.

Könnten dafür Überschüsse aus dem 13-Millionen-Euro-Paket genutzt werden? Das bleibt trotz Nachfragen weitgehend unklar. Fest steht nur: Ein eigener Topf, aus dem das Studierendenwerk schöpfen könnte, um wünschenswerte Maßnahmen im Krisenwinter zu finanzieren, existiert nicht. Vielmehr kann das das Werk Mittel aus dem Nachtragshaushalts-Posten „Unterstützung für Empfänger von Zuwendungen, Zuschüssen im Kulturbereich“ beantragen – mit einer klaren Zweckbestimmung.

Dieser Topf wurde um 13 Millionen Euro aufgestockt, damit das Studierendenwerk einen Zuschuss für seine Mieter*innen erhalten kann. Das erklärt Sprecherin Judisch und Schulze bestätigt es. „Wir freuen uns, dass Energie-Mehrkosten anmelden können“, sagt Judisch. Vorrangig müssen diese allerdings über den Preisdeckel des Bundes beglichen werden, erst dann springt das Land Berlin aus den Mitteln des Nachtragshaushalts ein.

Kein Wort, wie der Preis gehalten wird

Tobias Schulze bestätigt auch dies auf Nachfrage, betont aber gleichwohl, das Studierendenwerk könne auch jenseits der Rücknahme der Mieterhöhungen auf die 13 Millionen Euro zurückgreifen, um steigende Energiekosten zu kompensieren. Dies sei im Senat „unstrittig“. Außerdem könnten für den Mensabetrieb „weitere Mittel“ aus einem 130-Millionen-Topf für Zuwendungsempfänger des Landes fließen. Wann, wohin und wie viel – das steht indes noch nicht fest.

Ulrike Gote (Bündnis 90/Die Grünen), Wissenschaftssenatorin von Berlin.
Ulrike Gote (Bündnis 90/Die Grünen), Wissenschaftssenatorin von Berlin.

© picture alliance/dpa / Annette Riedl

Das zeigt auch ein Appell von Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) an das Studierendenwerk. „Es wäre wichtig, dass die Kosten für Verpflegung und warmes Essen bei den Studierenden nicht zu stark zu Buche schlagen. Hier kann das Studierendenwerk sicherlich dauerhafte Lösungen finden“, erklärte Gote auf Anfrage. Mit dem Tagesgericht für 1,45 Euro sei „ein guter Anfang gemacht“. Kein Wort dazu, wie der Preis gehalten werden soll und ob das Geld aus dem Nachtragshaushalt dafür zur Verfügung steht.

Auf die Frage, was sie in diesem Winter vom Studierendenwerk erwartet, antwortet Gote: „Die teils hohen Mieten in den Studierendenwohnheimen müssen schnellstmöglich wieder gesenkt werden.“ Dies sei möglich, weil das Studierendenwerk „sowohl am Entlastungspaket des Bundes als auch am Berliner Entlastungspaket partizipiert“.

Unklar ist allerdings auch, wann die Entlastung bei den betroffenen Mieter:innen in den Wohnheimen ankommt. Die Maßgabe lautet „schnell“, ein Datum gibt es bislang nicht. Studierendenwerk und Senatsverwaltung rechnen noch daran, heißt es.

Statement zu laufenden Gesprächen und Verwendung der Mittel

Am Donnerstag präzisierte Gotes Sprecher Hans-Christoph Keller: „Es finden aktuell Gespräche mit dem Studierendenwerk statt, wie die Mietsenkungen schnellstmöglich vollzogen werden können.“ Es bedürfe einer rechtssicheren Umsetzung, auch vor dem Hintergrund der Mitteilung der Energiewirtschaftsstelle, wie hoch die Energiekosten tatsächlich sein werden.

Zudem werde das Studierendenwerk „natürlich auch Mittel für die Energiekosten in den anderen Bereichen wie Mensen, Kitas, Verwaltung, aus den Töpfen Zuwendungsempfänger und haushaltsfinanzierte Liegenschaften abrufen können“.

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