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Vögel wie der Goldwaldsänger, die Gen-Varianten besonders neugierig machen, haben es bei der Anpassung an klimawandelbedingte Umweltänderungen leichter.

© imageBROKER/Rolf Nussbaumer

Evolution: Neugier-Gene gegen den Klimawandel

Wenn Vögel sich an Umweltveränderungen anpassen müssen, spielt die genetische Vielfalt in ihrem Erbgut eine wichtige Rolle.

Führt der Klimawandel zu häufigeren Dürren, sollten die Vogelgruppen damit am besten fertig werden, die ein besonders buntes Potpourri von Eigenschaften aufweisen. So lautet jedenfalls die Theorie von Biologen: Denn je größer diese Vielfalt, umso höher ist die Chance, dass sich in einigen Tieren eine Mischung von Eigenschaften findet, mit denen sie sich in der veränderten Umwelt behaupten können. Umgekehrt sollten Vogelgruppen mit einer geringen Vielfalt unter dem Klimawandel besonders stark leiden.

Anpassungsfähigkeit hängt von genetischer Variabilität ab

Von genau einem solchen Fall berichten nun Rachael Bay von der University of California in Los Angeles und ihre Kollegen im Fachblatt „Science“: Das Erbgut der Goldwaldsänger in den Rocky Mountains Nordamerikas kann sich nicht nur besonders schlecht an veränderte Niederschläge anpassen. Gleichzeitig waren die Vögel dort von den Dürren des letzten Jahrzehnts auch stärker betroffen als andere Gruppen dieser Art.

Ausgegangen waren die Forscher von 229 Goldwaldsängern aus verschiedenen Regionen Nordamerikas, in deren Erbgut sie mehr als hunderttausend Bausteine mit Veränderungen untersuchten – sogenannte Single Nucleotid Polymorphisms (SNP). Beim Menschen hat ein solcher SNP zum Beispiel bewirkt, dass viele Mittel- und Nordeuropäer auch als Erwachsene Milch gut vertragen, während in anderen Weltregionen nur Säuglinge und kleine Kinder problemlos Milch trinken können. Und auch bei Vögeln können SNPs Eigenschaften verändern.

Entdecker-Gen hilft bei der Anpassung

Die SNP-Variabilität bei den Goldwaldsängern verglichen die Forscher mit Umweltfaktoren wie Niederschlag, Temperatur, Höhenlage und Vegetation. Und sie fanden prompt einen deutlichen Zusammenhang zwischen diesen Variationen im Erbgut und den Niederschlägen in der Heimat der Vögel.

Besonders deutlich waren diese Zusammenhänge an den Hängen der Rocky Mountains, wo sich in den letzten zehn Jahren sehr trockene Jahre und Dürren häuften. Dort waren dann auch die Bestände der Goldwaldsänger stark eingebrochen. Die SNPs zeigen eine besonders hohe Verwundbarkeit für solche Folgen des Klimawandels. Aufgefallen waren den Forschern besonders die beiden Erbeigenschaften DRD4 und DEAF1. Vögel mit bestimmten Varianten dieser Gene kommen auffallend gut mit dem Klimawandel zurecht, Tiere mit anderen Varianten haben häufiger Probleme.

Mit diesen Erbeigenschaften haben sich bereits früher einige Forscher wie Jakob Müller vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen südlich von München beschäftigt. „DRD4 war eines der ersten Gene, die mit bestimmten Verhaltensweisen in Zusammenhang gebracht wurden“, erklärt Müller. Neugierige Menschen mit einem Hang zum Erforschen unbekannter Gebiete haben zum Beispiel häufig bestimmte DRD4-Varianten.

Könnten also auch Vögel mit einer bestimmten DRD4-Variante neue Lebensräume neugieriger als andere Tiere erkunden und so bessere Chancen haben, sich an den Klimawandel und seine Veränderungen anzupassen? Ganz so einfach sei es nicht, sagt Müller. Zwar spiele DRD4 bei der Neugier eine wichtige Rolle – allerdings nur im Zusammenspiel mit einer Reihe weiterer Erbeigenschaften.

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