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Wire-haired dachshund - Portrait

© imago/PantherMedia/Dagmar Spona/Bearbeitung Tagesspiegel

Gesetz gegen Qualzuchten soll verschärft werden: Kommt jetzt das Dackelverbot?

Die geplante Reform des Tierschutzgesetzes sorgt für Unruhe bei Tierärzten, Züchtern und Verbänden. Könnte es sogar zu einem Verbot ganzer Rassen führen? Drei Experten geben Einschätzungen.

Von
  • Heidemarie Ratsch
  • Jan-Peter Bach
  • Achim Gruber

Mit einer Reform des Tierschutzgesetzes sollen Qualzuchten verhindern. Gemeint sind damit Zuchten, die vermeintlich niedlich sein sollen, die aber zum Beispiel durch verkürzte Schnauzen Atembeschwerden haben. Hundezüchter fürchten: Ganze Rassen könnten betroffen sein. So hält der Verband für das Deutsche Hundewesen die Angaben im geplanten Gesetz für zu wage. Je nach Auslegung könnten könne sie als Zuchtverbote für ganze Hunderassen verstehen, warnt der Verband.

Wir haben drei Experten nach ihrer Einschätzung gefragt.

Alle Folgen unserere Reihe „3 auf 1“ finden sie hier.


Ein „Weiter so“ hätte noch schlimmere Folgen

Keineswegs! Der Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes will und muss keine Rassen verbieten, um die problematischen Krankzüchtungen zu korrigieren. Es gibt genügend andere Wege, um die Gesundheit unserer besten Freunde wiederherzustellen.

Viele Hunde- und manche Katzenrassen neigen heute infolge von Nebenwirkungen ihrer Zucht der letzten Jahrzehnte oder Jahrhunderte zu teils dramatischen Krankheiten, Sinnesstörungen oder verfrühtem Tod. Dackel etwa sind besonders durch ihr hohes Risiko für Bandscheibenerkrankung bis zur Querschnittslähmung geplagt. Neuere Forschungen zeigen auf, wie wir Dackel rückengesund züchten können, wenn wir bereit sind, dafür etwas längere Beinchen zu akzeptieren.

Auch andere Rassen müssen nur etwas anders aussehen dürfen, um wieder gesund zu werden. Hierbei soll die Verschärfung des Gesetzes helfen, ohne die Rassen an sich zu gefährden. Im Gegenteil: Ein „Weiter so wie bisher“ würde die Existenz so mancher Rassen noch viel schlimmer bedrohen!


Konkretisierung ist notwendig

Bundesminister Cem Özdemir hat bereits klargestellt, dass es ein pauschales Verbot der Hunderasse Dackel nicht geben wird. Das ist auch sinnvoll. Die allermeisten Dackel sind robuste, gesunde Hunde. Wie bei anderen Hunden (und beim Menschen) kommen Erbkrankheiten vor – manche häufiger als bei anderen Hunden, andere seltener. Krankheiten, die vermehrt vorkommen, müssen durch sinnvolle Zuchtmaßnahmen bekämpft werden.

Die zuletzt vermehrt erfolgte Darstellung des Dackels als Qualzucht ist entsprechend unsachlich und falsch. Sie zeigt, dass eine Konkretisierung, was Qualzucht ist, notwendig ist. Warum also die Aufregung um die Aufnahme von Qualzuchtmerkmalen ins Tierschutzgesetz?

Hintergrund ist, dass vage formulierte Merkmale dazu führen können, dass gesunde Hunde anhand äußerlicher Merkmale mit Zuchtverboten belegt werden. Fragwürdige Zuchtverbote mit angeordneten Zwangskastrationen gibt es in Einzelfällen bereits. Diese Problematik wird durch einen schlecht formulierten Merkmalskatalog ausgeweitet und verschärft.

Die Sorgen der Züchter sollten daher nicht ignoriert, sondern als Anlass genommen werden, einen sinnvollen Merkmalskatalog zu formulieren. Basierend auf wissenschaftlichen Fakten und mit dem Ziel der Zucht gesunder Hunde.

Nein und Ja. Der Referentenentwurf zum Tierschutzgesetz sieht nicht direkt das Verbot bestimmter Rassen vor. Das seit 1986 im Deutschen Tierschutzgesetz bestehende und seither wiederholt verschärfte sogenannte Qualzuchtverbot (§ 11b) soll jetzt durch Aufnahme von Merkmalen präzisiert werden, von denen bekannt ist, dass sie in der Regel nicht nur vorübergehend Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den betroffenen Tieren verursachen. Die Liste ist nicht abschließend. Durch Rechtsverordnung sollen weitere Symptome bestimmt werden können.

Durch Rechtsverordnung soll aber auch das Züchten mit Wirbeltieren bestimmter Arten, Rassen oder Linien verboten oder beschränkt werden können, wenn das Züchten gegen die im Gesetz formulierten Verbote führen kann.

So sind die brachycephalen (kurzköpfigen) Tiere von fast allen der aufgeführten Merkmale betroffen. Mit solchen Tieren durfte bisher schon nicht gezüchtet werden. Im jetzigen Entwurf wird noch einmal klargestellt, wann ein Wirbeltier nur zur Zucht verwendet werden darf. Das kann bei der heutigen genetischen Ausgangssituation vieler Rassen durchaus dazu führen, dass sich eine Weiterzucht aufgrund fehlender gesunder Tiere verbietet. Und das betrifft nicht nur Mops & Co.

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