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Hohe Schule: Was wird von Lehrern erwartet und was können sie leisten?

Lehrer sollen Kindern heutzutage nicht nur Mathe und Rechtschreibung beibringen. Der ergab eine Umfrage des Allensbach-Instituts.

Lehrer sollten Schülern nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch umfassende Werte. Das fordern Eltern wie Nichteltern von der Schule. Die Lehrer nehmen diesen Erziehungsauftrag an, sie haben teils sogar noch höhere Ansprüche an die Persönlichkeitsentwicklung ihrer Schützlinge. Im Alltag lassen sich die Ansprüche aber nur schwer durchsetzen. Die meisten Lehrer halten ihren Einfluss auf die Schüler für begrenzt. Das sind Ergebnisse einer Umfrage des Allensbach-Instituts im Auftrag der Vodafone-Stiftung, für die bundesweit 2227 Menschen (davon 434 Eltern mit Schulkindern) sowie 536 Lehrer befragt wurden.

„Bildet die Kinder nicht nur aus, sondern erzieht sie auch!“ – das sei die Forderung der Bevölkerung an die Schulen, sagte Allensbach-Chefin Renate Köcher bei der Präsentation der Ergebnisse am Dienstag in Berlin. Besonders gefragt seien „Sekundärtugenden“. Zwei Drittel der Befragten verlangen von den Lehrern, sie sollten Schüler zu Pünktlichkeit erziehen. Hoch im Kurs stehen auch Höflichkeit und Manieren. Wissensvermittlung werde von der Bevölkerung eher „technisch“ verstanden, sagte Köcher. So wird von Eltern deutlich öfter gefordert, Schüler sollten Rechtschreibung beherrschen, als dass sie gewandt mit der deutschen Sprache umgehen (93 gegen 50 Prozent).

Es herrsche in Deutschland ein „allgemeiner Konsens“, was Schule erreichen solle, sagte Köcher. Denn nicht nur die Ansichten der Eltern von Schulkindern und die der Restbevölkerung weichen kaum voneinander ab, auch die Lehrer stimmen größtenteils zu. Wenn es um Hilfs- und Leistungsbereitschaft von Schülern geht, sehen sich Lehrer sogar in höherem Maße in der Pflicht, als die Eltern das verlangen.

Im krassen Gegensatz zu der Auffassung, wie Schule idealerweise funktionieren soll, steht der Schulalltag. 48 Prozent der Lehrer sagen, sie hätten wenig oder keinen Einfluss auf ihre Schüler. Zumal Hauptschullehrer halten Wertevermittlung für kaum machbar. Nur 17 Prozent der Befragten sagen hier, dies gelinge „in der Regel“. Selbst an den Gymnasien findet es ein Drittel der Lehrer „außerordentlich schwer“, Werte zu vermitteln.

Weitaus mehr beeinflussen in den Augen der Lehrer die Medien und der Freundeskreis die Schüler (knapp 70 Prozent der Lehrer halten beides für „sehr große“ Faktoren). Insgesamt zeichnen die Lehrer ein düsteres Bild ihrer Schüler: Sehr viele litten unter Konzentrationsproblemen, seien selbstbezogen und materialistisch. Nur ein Drittel der Lehrer nehmen die Schüler als neugierig und fröhlich wahr. Das Unterrichten sei in den vergangenen Jahren anstrengender geworden, klagen 57 Prozent der Lehrer.

Vor diesem Hintergrund hätte es nicht verwundert, wenn viele Lehrer ihre Berufswahl bereuen. Umso überraschender kommt die Umfrage zu dem Schluss, dass die meisten Lehrer ihren Job gern machen. 76 Prozent würden sich wieder entscheiden, Lehrer zu werden. Im Vergleich zu anderen Akademikergruppen sei das ein überdurchschnittlicher Wert, sagte Köcher. So habe eine Umfrage unter Ärzten unlängst ergeben, dass sich nur die Hälfte wieder zum Mediziner ausbilden lassen würde. Offenbar spielt bei den Lehrern eine Rolle, dass die positiven Seiten die negativen überwiegen. 80 Prozent erklären, sie fänden es „schön“, Kinder und Jugendliche auf das Leben vorzubereiten. Anders als es der öffentliche Diskurs oft vermuten lässt, erkennt die Bevölkerung die Mühen des Schulalltags an. 72 Prozent aller Befragten sind der Überzeugung, dass es Lehrer schwer haben. „Die Gesellschaft blickt mit Mitgefühl auf die Lehrer“, sagte Köcher.

Insgesamt zweifeln die Befragten an der Durchlässigkeit des deutschen Bildungssystem. Sie fordern eine Abkehr vom Bildungsföderalismus. „Die Werte für den Bildungsföderalismus gehen seit 15 Jahren kontinuierlich zurück“, sagte Köcher. 61 Prozent der Lehrer fordern, der Bund solle für Bildungspolitik zuständig sein. 72 Prozent der Lehrer und 78 Prozent der Bevölkerung plädieren für bundesweit einheitliche Abschlussprüfungen. Die besten schulpolitischen Rahmenbedingungen bieten aus Sicht der Lehrer Bayern (49 Prozent) und Baden- Württemberg (37 Prozent). Berlin wurde nur von drei Prozent genannt, es liegt in einer großen Schlussgruppe.

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