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Illustration von sich teilenden Krebszellen. Krebszellen sind in der Lage, sich unkontrolliert zu teilen, und weisen im Vergleich zu gesunden Zellen oft unregelmäßige Formen und Größen auf (Illustration).

© imago/Science Photo Library

Indirekte Strategie gegen Krebs entdeckt: Forscher bekämpfen genetische Trittbrettfahrer

Statt der Krebsgene selbst haben Berliner Forschende gewisse Begleiterscheinungen bei der Krebsentstehung aufs Korn genommen. Die Strategie könnte beim Kampf gegen viele Tumorerkrankungen helfen.

Wenn Krebs entsteht, wird das Erbgut nicht einfach nur durcheinandergewürfelt: Die Zelle kopiert stattdessen auf chaotische Art und Weise Gene, die zum Beispiel für Wachstum und Zellteilung verantwortlich sind oder Steuerprozesse stören. Diese Kopien sind unsauber – benachbarte Genbereiche werden häufig gleich mit vervielfältigt.

Als Schwachstelle „an einer völlig unerwarteten Stelle“ bezeichnet der Berliner Krebsforscher Anton Henssen diese Ränder auf den Genkopien. Statt der Krebsgene könne man diese Randbereiche bekämpfen: Sie enthielten häufig genetische Informationen, die zwar mit dem Krebs nichts zu tun haben. Diese sogenannten „Passagier-Gene“ bringen jedoch den Tumorstoffwechsel durcheinander. Die Krebszelle muss dies durch weitere Umbauten in der Zelle ausgleichen, die Forschende vom Max-Delbrück-Centrum und der Charité nun aufs Korn nahmen.

Wir gehen davon aus, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist und wir bei besserer Datenlage noch mehr dieser Fälle entdecken würden.

Anton Henssen, Krebsforscher am Max-Delbrück-Centrum und an der Charité

Wie sie einem Aufsatz im Fachblatt „Cancer Discovery“ beschreiben, gelang ihnen in Mäusen die Bekämpfung des Neuroblastoms mit dem Krebsmedikament Rapamycin: Das Medikament zielt auf die Funktionen eines Passagiergens namens DDX1, das bei dieser Krebsart häufig auftritt. Neuroblastome gibt es vor allem bei kleinen Kindern und gelten als besonders bösartig.

Betroffenen, deren Tumor neben dem Krebsgen tatsächlich auch das Passagiergen vervielfältigt hat, könnte so theoretisch besser geholfen werden. Klinische Studien sollen nun zeigen, ob diese Strategie auch in der Praxis aufgeht. 

Passagier-Gene entdeckte das Team in öffentlichen Daten von 26 verschiedenen Tumorarten, in zehn davon konnten sie wechselseitige Abhängigkeiten im Stoffwechsel nachweisen, heißt es. Bisher hätten die Gene als unbedeutend für die Krebsentstehung gegolten. „Wir gehen davon aus, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist und wir bei besserer Datenlage noch mehr dieser Fälle entdecken würden“, wird Henssen in einer Pressemitteilung zitiert.

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