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Der Nao-Roboter berlinerte für den Versuch der Potsdamer Forschenden.

© IMAGO/ABACAPRESS/IMAGO/Lafargue Raphael/ABACA

Maschinensprache in Mundart: Berlinernder Roboter genießt mehr Vertrauen

Indem sie einen Roboter berlinern lassen, ergründen Potsdamer Forschende die Interaktion zwischen Mensch und Maschine.  

Siri und Alexa erzählen uns Witze, KI-Chatbots berichten von ihren Träumen und der Putzroboter gehorcht auf gesprochene Befehle: Die Maschinen in unserem Alltag werden immer menschlicher. Oft interagieren wir mit ihnen wie mit einem sozialen Gegenüber. Was wäre, wenn solche Systeme auch noch in unserem Dialekt sprechen würden?

Ob die Berliner Mundart einen Roboter kompetenter und vertrauenswürdiger wirken lässt, wollte ein Forschungsteam der Uni Potsdam mit einer Online-Studie herausfinden. Dazu sollten sich die Testpersonen zunächst ein etwa halbminütiges Video ansehen, auf dem eine Roboter-Animation ein abstraktes Gemälde entweder auf Hochdeutsch oder in Altberliner Dialekt kommentiert: „eenfach wunderschön, erstaunlichet Kunstwerk“.

Wer einen Dialekt beherrscht, wird wahrscheinlich eher einem Roboter vertrauen, der auf dieselbe Art und Weise spricht.

Katharina Kühne, Forscherin an der Uni Potsdam

Wie das Team im Fachblatt „Frontiers in Robotics and AI“ schreibt, bevorzugen Personen, die sich selbst als gute Berlinisch-Kenner einschätzten, den berlinernden Roboter und schreiben ihm mehr Vertrauenswürdigkeit zu. „Wer einen Dialekt beherrscht, wird wahrscheinlich eher einem Roboter vertrauen, der auf dieselbe Art und Weise spricht“, heißt es von Studienleiterin Katharina Kühne. „Anscheinend vertrauen Leute diesem Roboter mehr, weil sie eine Ähnlichkeit erkennen.“

Wie viele Effekte in der Psychologie seien auch diese Ergebnisse jedoch „tendenziell als eher gering einzustufen“, sagt die Forscherin gegenüber dem Tagesspiegel. „Wir hoffen natürlich, dass unser Befund die Kolleginnen und Kollegen anregt, diese Idee zu replizieren und zu erweitern.“

Was passt, bestimmt auch das Image der Sprache

Im Allgemeinen würde die hochdeutsche Stimme bevorzugt, schreibt das Team um Kühne. Mit etwas Wohlwollen wären entsprechende Trends in den Daten zu erahnen. Dies könnte auch mit den Vorurteilen zusammenhängen, die gegenüber Dialekten im Allgemeinen und der lokalen Berlin-Brandenburgischen Mundart im Speziellen existieren: Berlinisch würde mit der Arbeiterklasse in Verbindung gebracht und könnte damit für Alltägliches und Arbeitsthemen geeigneter sein als für die Diskussion von Kunstwerken. Hier sei Standardsprache vermutlich passender.

Standbild aus der Animation, die für das Online-Experiment benutzt wurde. Das verpixelte Bild soll „Mädchen mit Mandoline“ von Pablo Picasso darstellen.
Standbild aus der Animation, die für das Online-Experiment benutzt wurde. Das verpixelte Bild soll „Mädchen mit Mandoline“ von Pablo Picasso darstellen.

© Kühne et al. (2024). Front. Robot. AI

So ist vielleicht zu erklären, dass die von einem einzigen, echten menschlichen Sprecher eingesprochene Audiospur der Testvideos auffallend theatralisch geraten ist. „Eine gewisse Künstlichkeit oder Vereinfachung der Stimuli“ sei aber durchaus gewollt, erklärt Kühne. „Es sind natürlich weitere Studien mit verschiedenen Sprechern notwendig, um diese Ergebnisse zu validieren und deren Anwendungstauglichkeit zu bestimmen.“ Auch Labortests wären wünschenswert: Die 120 Teilnehmenden gaben schließlich lediglich anhand standardisierter Formulare Auskunft zu sich und ihren Eindrücken.

Für eine bessere Interaktion von Mensch und Maschine

Jedenfalls konnte das Forschungskollektiv einen klaren Zusammenhang zwischen der Vertrauenswürdigkeit und damit zugeschriebenen Kompetenz nachweisen. Wie User von üblichen Sprachassistenten inzwischen gelernt haben, gibt es jedoch gute Gründe, sprechenden Handys und Lautsprechern nicht blindlings zu vertrauen. Auch wenn sie eine natürlich wirkende menschliche Stimme nutzen, stellen sich die vermeintlich intelligenten Systeme oftmals ausgesprochen dumm an oder liefern falsche Informationen – nicht gerade ein Ausdruck von Kompetenz.

Ob der in Menschengestalt auftretende „Tesla Bot“, den Elon Musks Team schon letztes Jahr vorstellen wollte, oder auf Sprachmodellen wie ChatGPT basierende Assistenten dieses zerrüttete Verhältnis zwischen Mensch und Maschine kitten werden, bleibt abzuwarten. Bei Robotern in der Pflege, die schon bald Realität werden könnten, würde Menschenähnlichkeit vermutlich zu mehr Akzeptanz führen.

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