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Roboter im Anzug: Auch eine Art maschinelle Manager.

© Getty Images/iStockphoto

Mein Chef, der Algorithmus: KI übernimmt zunehmend Management-Aufgaben

Algorithmen ersetzen oder übertreffen sogar menschliche Führungskräfte: Im Forschungsmanagement sehen zwei Berliner Wissenschaftler Potenzial für maschinelle Verbesserungen.

Angeblich werden Beschäftigte so lange befördert, bis sie zu schlecht sind, um weiter aufzusteigen. Dieser „Peter-Prinzip“ genannten These zufolge wären wir von unfähigen Chefs umgeben, die mit ihren Aufgaben überfordert sind. Wem diese Erzählung gefällt, wird gern hören, dass Berliner Forscher herausgefunden haben, dass im Management zunehmend Menschen durch Maschinen in Form von „Künstlicher Intelligenz“ (KI) ersetzt werden.

Tatsächlich ist die erwähnte Überforderung für viele Akademiker echt und spürbar: Bei jeder Stufe auf der Karriereleiter stöhnen sie über mehr Aufgaben, die wenig mit ihren eigentlichen Interessen zu tun haben. Die Verwaltung von Teams oder Koordination von Aufgaben können insbesondere bei komplexen Projekten mit vielen Beteiligten erdrückend werden. Wie Computerprogramme bei diesen eher banalen Dingen helfen können, erklären Maximilian Koehler und Henry Sauermann, beide Ökonomen an der European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin, nun im Fachblatt „Research Policy“.

Beispiel Bürgerwissenschaft

Die Forscher untersuchten Szenarien, die sich auf Bürgerwissenschaften („Citizen Science“) stützen – Vorhaben also, an denen neben professionellen Forschenden auch zahlreiche Laien beteiligt sind. Bekannte Beispiele sind „iNaturalist“, bei dem Tausende die weltweite Artenvielfalt dokumentieren oder „Globe at Night“, wo Freiwillige die Lichtverschmutzung des Nachthimmels bestimmen. Bei solchen Projekten treten Management-Probleme auf, „die sich in der Forschung im Allgemeinen ergeben und durch die große Anzahl und Vielfalt der Teilnehmer noch verstärkt werden“, schreiben die Forscher.

Algorithmen könnten die Forschungsproduktivität in allen fünf untersuchten Bereichen verbessern: „Aufgabenteilung und -zuteilung, Steuerung, Koordination, Motivation und Lernunterstützung“. Das sogenannte „algorithmische Management“ sei in allen Bereichen den Menschen überlegen, etwa weil Programme unmittelbar verfügbar und interaktiv seien. Ein Beispiel ist das Programm „eBird“, das die Sichtungen von Vögeln aufzeichnet. Fällt eine Beobachtung aus der Reihe, zieht die KI menschliche Experten zurate.

Für ihre Studie werteten die Wissenschaftler unter anderem vorherige Arbeiten aus, interviewten Projektorganisatoren, KI-Entwickler und Projektteilnehmer. Anhand einer Datenerhebung von 200 Citizen-Science-Projekten zeigten sie, dass algorithmisches Management beliebter wird, je umfangreicher die Vorhaben sind. Große Projekte wären schon heute Automatisierung gar nicht zu stemmen – die Idee ist also nicht so revolutionär und neu, wie sie auf den ersten Blick erscheint.

Menschen nicht überflüssig

Menschliche Manager würden auf absehbare Zeit aber nicht überflüssig, sagt Studienleiter Sauermann, wenn KI einige der eher algorithmischen und alltäglichen Managementaufgaben übernehmen kann, „könnten menschliche Führungskräfte ihre Aufmerksamkeit auf strategischere und sozialere Aufgaben verlagern, wie die Identifizierung von Forschungszielen mit hohem Wert, die Beschaffung von Finanzmitteln oder den Aufbau einer effektiven Organisationskultur.“

Das wäre für alle ein Gewinn: Wenn Automatismen den Chefs nervtötende Dinge abnehmen, haben diese mehr Kapazitäten für Wichtigeres, was sie zu besseren Führungskräften macht. Wie Arbeiter es finden, von Algorithmen gemanagt zu werden, haben die Forscher allerdings nicht untersucht.

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