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Virologie: „Sichere“ Ebola-Art entwickelt

Fortschritt könnte dazu beitragen, die Forschung über das tödliche Virus voranzubringen.

Wissenschaftler entwickelten eine "sichere" Variante des Ebola-Virus in der Hoffnung, damit die Möglichkeiten, das tödliche Virus zu studieren, auszuweiten. Wenn es durch die Behörden zugelassen wird, könnte das Virus in einer Vielzahl vonn Labors untersucht werden, wodurch ein wesentliches Hindernis auf der Suche nach einer Therapie ausgeräumt wäre.

Derzeit ist die Arbeit mit Ebola-Viren, die ein tödliches hämorrhagisches Fieber verursachen, nur in einer kleinen Anzahl Labors, die der Sicherheitsstufe 4 - der höchsten, die es gibt - zugeordnet sind, erlaubt. "Der Mangel an Einrichtungen der Sicherheitsstufe 4 und qualifiziertem Personal sowie die Beschränkungen, die für diese Labore gelten, haben die grundlegende Forschung über Ebola-Viren ernsthaft erschwert", schreiben Peter Halfmann von der University of Wisconsin in Madison und seine Kollegen in einem Beitrag, der in Proceedings of the National Academy of Sciences (1) erschien. Dies, so sagen sie, verlangsamt die Entwicklung von Impfstoffen und antiviralen Präparaten.

Das derzeitige Wissen über das Ebola-Virus ist durch den Mangel an geeigneten Laboren "noch zu beschränkt", stimmt Jens Kuhn, Virologe und Biosicherheitsexperte an der Harvard Medical School zu, der nicht an der Forschung beteiligt war.

"Halfmanns Ansatz könnte ein Durchbruch sein", sagt Kuhn. "Viele Wissenschaftler in Einrichtungen der Sicherheitsstufe 3 oder 2 könnten dadurch Zugang zu Filoviren wie Ebola oder Marburg erhalten, ohne dem Risiko ausgesetzt zu sein, sich mit einer tödlichen Erkrankung zu infizieren."

Doch es gibt immer noch Sicherheitsbedenken, sagen Forscher, da jemand, der das Virus in seine tödliche Form zurückverwandeln will, durchaus dazu in der Lage sein könnte.

Problem mit Stellvertretern

Andere Forscher versuchten das Problem der Hochsicherheitslabore zu umgehen, indem sie mit so genannten Stellvertretern arbeiteten: Viren, die sich ähnlich wie Ebola verhalten, oder einzelne Proteine des Ebola-Virus. Die Ergebnisse dieser Arbeiten ließen sich jedoch nicht immer auf Ebola übertragen.

Halfmann und sein Team nahmen stattdessen einen Wildtyp des Virus' und schalteten eines der sieben Gene aus - ein Gen, das für ein Protein mit der Bezeichnung VP30 kodiert, das entscheidend ist für die Virus-Replikation - und ersetzten es durch ein Markergen.

So modifiziert kann Ebola nur in Zellen, die genetisch so verändert wurden, dass sie VP30 exprimieren fortbestehen - in diesem Fall Nierenzellen von Affen. Diese Ebola-Viren ähneln dem Wildtyp hinsichtlich Lebenszyklus, Struktur und Wachstum. Da sie jedoch außerhalb dieser speziellen Zellen nicht gedeihen können, sind sie nichtinfektiös.

Um dies zu testeten, inkubierten die Wissenschaftler das neue Virus in normalen menschlichen Zellen - weder replizierte sich das Virus, noch produzierte es virale Proteine. Das Virus war ebenfalls nicht in der Lage, das Gen zur Produktion von VP30 von Wirtszellen des Affen zu übernehmen.

Sicheres System

"Das System ist sehr gut, da es sicher ist", sagt Elke Mühlberger, Ebola-Expertin an der Phillips Universität in Marburg. "Enthält das Virus das Protein nicht, ist es so gut wie tot."

Tatsächlich ist es so sicher, dass es Grenzen hat: Es kann zum Beispiel nicht in Tiermodellen genutzt werden, da es ein lebendes Tier nicht infizieren kann. Es dürfte sehr nützlich sein, so Mühlberger, um das Virus zu studieren und antivirale Präparate zu testen. Das Ebola-Virus ohne VP30 hat ebenfalls potenzial als Impfstoff, auch wenn dies noch nicht abschließend untersucht ist.

"Die Idee, ein derart modifiziertes Virus zu schaffen, ist nicht neu", sagt Heinz Feldmann von Canada's National Microbiology Laboratory in Winnipeg, der an dem neuen Virus mitgearbeitet hat. "Aber es das erste Mal, das es mit einem Ebola-Virus gelungen ist."

Sicherheitsbedenken

Es gibt jedoch noch immer potenzielle Probleme.

Ebola ist ein RNA-Virus, was bedeutet, dass man zuerst eine DNA-Version herstellen muss, um das Virus derart zu verändern, wie Halfmann es getan hat, diese dann modifiziert und anschließend in das RNA-Virus rückkonvertiert. "Nimmt man nur das RNA-Virus und die Zelllinie, ist es sicher", erklärt Mühlberger. Die DNA-Version hat jedoch mehr gefährliches Potenzial, fügt sie hinzu.

"Hat man dieses neue System zur Hand, ist es relativ einfach, das ‚sichere' Virus wieder in ein normales, infektiöses und somit tödliches umzuwandeln", sagt Kuhn. "Sind wir darauf vorbereitet, dass viele Wissenschaftler und Studenten höherer Semester Zugang zu diesem System erhalten? Oder wird die Arbeit damit auf einige wenige Einrichtungen beschränkt bleiben, was die Forschung zu Filoviren letztlich nicht beschleunigen würde?"

(1) Halfmann, P. et al. Proc. Natl Acad. Sci. USA 105, 1129-1133, (2008)

Dieser Artikel wurde erstmals am 21.1.2008 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news.2008.519. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Daniel Cressey

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