zum Hauptinhalt
Ich bin drin. Mit einem Abi-Schnitt bis 1,5 hat man an der Charité Chancen.

© ZB

Medizinstudium an der Charité: Studieren nur mit Abi

Wer als Krankenschwester an der Charité Medizin studieren will, hat ohne Abitur keine Chance - obwohl es rechtlich möglich sein sollte. In Berlin wird jetzt über die Zulassung zum Medizinstudium diskutiert.

Darf eine Krankenschwester ohne Abitur an der Charité Medizin studieren? Darum ging es am Mittwoch im Wissenschaftsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Das Gremium hatte eine entsprechende Petition einer Betroffenen zu behandeln. „Medizin kann jeder studieren, dafür braucht man kein Abitur“, sagte Burkhard Danz, Leiter des Referats für Studienangelegenheiten der Charité, der als Experte zur Anhörung eingeladen war. Auch der Augsburger Chirurg Matthias Anthuber sagte: „Das Medizinstudium stellt keine große Herausforderung an Intellektualität, es geht vor allem um Leidensfähigkeit beim Pauken.“

Auch unbeachtet solcher Einschätzungen sollte die Krankenschwester ohne Abitur in Berlin wohl Medizin studieren dürfen. Nach einem Beschluss der Kultusministerkonferenz erlauben die Länder Personen mit qualifiziertem Berufsabschluss generell das Studium ohne Abitur. An 20 der 35 medizinischen Fakultäten ist ein Medizinstudium ohne Abitur im Prinzip möglich, geht aus dem „Hochschulkompass“ der Hochschulrektorenkonferenz hervor, wenn auch verschiedene Hürden definiert werden.

Auf 9000 Studienplätze bundesweit kommen 40000 Bewerbungen

Doch in Berlin scheitert die Krankenschwester schon an der Zulassungssatzung der Charité, die sich im wesentlichen um die Abinote dreht. Punkte für Personen ohne Abitur sind im Bewerbungsverfahren nicht vorgesehen, ebenso wenig wie ein Bonus für Krankenschwestern mit Abitur. Da die Krankenschwester keine Abiturnote nachweisen kann, werde sie im Auswahlverfahren immer an den Platz hinter den Abiturienten mit dem schlechtesten Schnitt gerückt, erklärte ein Teilnehmer nach dem nicht öffentlichen Teil der Sitzung. Faktisch sei die Krankenschwester angesichts des Andrangs von Abiturienten mit Spitzenschnitt darum chancenlos. Weit über 40 000 Bewerbungen kämen auf bundesweit 9000 Plätze, erklärte Danz. Im Jahr 2000 seien noch 20 000 Bewerber auf 8000 Plätze gekommen. Selbst mit einem Abi-Schnitt von 2,3 können 13 Wartesemester bis zur Zulassung verstreichen.

Selbst mit 1,0 kann man nicht sicher mit einem Platz rechnen

300 Studienplätze vergibt die Charité pro Semester. Zwanzig Prozent der Plätze bekommen die Bewerber mit dem besten Abi. Hundert Bewerber mit 1,0 bewerben sich auf die 57 Besten-Plätze der Charité, sagte Danz. Wer den Zuschlag bekommt, wird zentral nach den Kriterien der Stiftung Hochschulzulassung entschieden. Die 1,0er-Abiturienten, die den Zuschlag nicht bekommen, werden gemeinsam mit den nächsten Bewerbern in der Rangfolge an die Charité zu einem Test eingeladen. Dieser umfasst 80 Multiple-Choice-Fragen zu naturwissenschaftlichen Themen. Insgesamt 850 Bewerber dürfen zum Test kommen. Wer in der Verrechnung von Abiturnote und Test vorne liegt, bekommt den Zuschlag; 160 Plätze werden so vergeben. Bewerber mit einem Schnitt von bis 1,5 kommen dabei manchmal unter, sagt Danz, nur sehr selten welche mit 1,6. Weitere Plätze vergibt die Charité nach Wartezeit (derzeit 13 Semester) und für Härtefälle.

Kritik: "Die Charité macht es sich leicht"

Wolfgang Albers von der Linkspartei ist überzeugt davon, dass die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, mit denen die Charité eine eigene Quote für Menschen ohne Abi schaffen könnte. Auch der Staatsvertrag zwischen den 16 Ländern lasse dies zu: „Die Charité macht es sich leicht“, sagt Albers.

Die Charité will jedenfalls rechtssicher zulassen, wie Danz betont. Die Zahl der Klagen sei von 1000 auf 300 gedrückt worden – vor allem, weil die Kapazitäten inzwischen absolut ausgeschöpft würden und weil die oft angefochtenen Bewerbungsgespräche abgeschafft wurden. Der Charité erschiene es nun besonders rechtssicher, wenn alle Länder eine gemeinsame Quote für Personen ohne Abitur im Staatsvertrag verankern könnten. Knut Nevermann, Staatssekretär für Wissenschaft, erklärte lediglich: „Es gibt keinen Königsweg bei der Zulassung.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false