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Die Ausstellung „Pollinator Pathmaker“ auf dem Platz vor dem Naturkundemuseum.

© Malte Neumann

Wem gehört der Garten?: Insektenparadies vor dem Naturkundemuseum

Wie würde ein Garten aussehen, der nicht nach den Bedürfnissen von Menschen, sondern denen von Insekten geschaffen wurde? Vor dem Naturkundemuseum kann das aktuell bestaunt werden.

Vor sechs Jahren löste die Krefelder Studie zum Insektensterben ein Beben in der deutschen Umweltforschung aus. Zwischen 1989 und 2016 ging die Zahl der Fluginsekten in deutschen Schutzgebieten um 76 Prozent zurück, 42 Prozent der Arten sind gefährdet. Spätestens seitdem ist auch die deutsche Öffentlichkeit alarmiert, schließlich übernehmen Insekten als Bestäuber eine elementare Funktion in der Nahrungskette des Menschen.

Zwar ist Berlin als weitgehend versiegelte Großstadt wahrlich nicht als Schutzraum für Insekten bekannt. Vor dem Naturkundemuseum findet sich aber seit Mai dieses Jahres ein Garten, den sich Insekten schöner nicht erträumen könnten.

Im Rahmen des Projekts „Pollinator Pathmaker“, übersetzt Wegbereiter für Bestäuber, hat die britisch-südafrikanische Künstlerin Alexandra Daisy Ginsberg einen Garten geschaffen, der sich nicht an den Bedürfnissen von Menschen, sondern denen von Insekten orientiert. Statt sichtschützenden Thuja-Hecken und gepflegtem Rasen dominieren ins Ginsbergs Garten Aster und Salbei. Dazwischen flattern und summen ungewohnt viele Schmetterlinge, Hummeln und Bienen. 

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Auch wenn es auf den ersten Blick den Anschein macht, wachsen die circa 77 Pflanzenarten und 7000 Expemplare wachsen nicht zufällig nebeneinander. Im Gegenteil: Die Auswahl und Anordnung der Pflanzen wurde durch eine Künstliche Intelligenz, die Ginsberg entwickelt hat, bestimmt.

Neben der Ausstellung in Berlin, die von der Kunstplattform LAS ermöglicht worden ist, und Ausstellungen in London und Cornwall sind in Großbritannien so auch in privaten Gärten diverse Insektenparadiese entstanden. Die von Ginsberg entwickelte KI ist nämlich als Open Source frei verfügbar, Resultate lassen sich auf Instagram bestaunen.

Wer ist hier der Zugezogene?

Frederic Griesbaum, Biologe am Naturkundemuseum, und seine Kolleg:innen bewirtschaften den Museumsvorplatz. Breiten sich Pflanzen zu stark aus, werden sie zurückgeschnitten, Unkraut entfernt und bei Bedarf gegossen.

Beobachten konnte Griesbaum, wie sich mit dem heimischen Natternkopf eine Pflanze im Garten angesiedelt, die von der KI nicht vorgesehen war. Als anspruchsloses Raublattgewächs, das auf nährstoffarmen Boden gedeiht, ist der Natternkopf quasi ein Ur-Berliner. Auf dem Museumvorplatz ist er jedoch ein Zugezogener. Zerstört der Natternkopf Ginsbergs Kunstwerk?

Mitnichten, findet Griesbaum. Dieses lebe von seiner Dynamik. Und weil der Natternkopf den Insekten mit seiner Blütenpracht viel Nahrung biete, sei er im Garten willkommen.

Wie viele Insekten mittlerweile auf dem Museumsvorplatz heimisch geworden sind, kann Griesbaum noch nicht sagen. Erste Bestandszahlen werden zum Jahresende erwartet.

Bis zum Auslaufen des Projektes Ende 2026 sei jedoch auch in den Folgejahren mit einem weiteren Anstieg zu rechnen. Dass die Insektenpopulation für Berliner Verhältnisse schon jetzt überdurchschnittlich hoch ist, lässt sich aber auch mit ungeschultem Auge erkennen.

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