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Bär Balu und Menschenjunge Mogli in Dschungelbuch: Seit Veröffentlichung ist der originale Zeichentrickfilm von 1967 bis heute der erfolgreichste Kinohit mit über 27 Millionen Besuchern.

© imago/ZUMA Press

Wissenschaft mit Hollywood: Stiften Reboot und Remake eine globale Identiät?

Das Projekt „Hollywood Memories“ untersucht, wie Kinofilme gemeinsame Erinnerungen schaffen durch Neuauflagen und Wiederholungen. Dieses Phänomen soll weltweit beleuchtet werden.

Von Joachim Göres

Dunkles Dickicht. Wir kleben an den Fersen von Mogli, folgen ihm über Abgründe und Äste, immer tiefer in den bedrohlichen Dschungel. Wovor rennt er weg? Was ist passiert? Alles halb so wild. Es war nur ein gefahrloser Wettlauf zwischen dem Menschenjungen und seinem Mentor, dem Schwarzen Panther Baghira.

Wer diese Szene aus „The Jungle Book“ im Kino gesehen hat, weiß, dass die Neuverfilmung dunkler und düsterer ist als der Originalfilm von 1976. Aber nicht nur das: Nur ein paar Zeilen aus „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ gemeinsam zu singen, reicht in der Neuauflage von 2016 nicht, damit Mogli und der Bär Balu enge Freunde werden. Einige Kinobesucher mochten, dass der neue Film in die Tiefe ging, andere vermissten die beschauliche Atmosphäre, die sie aus dem alten Zeichentrickfilm kannten.

Hollywood-Filme interessieren auch die Wissenschaft

Trotz aller Kritik, die Neuverfilmung stieg bei Erstausstrahlung 2016 direkt auf Platz eins der deutschen Kinocharts ein. In den Scharen der Kinobesucher, rund 1,4 Millionen waren es im betreffenden Jahr, waren viele Menschen, die das Original kannten. Nostalgiker haben aber einen anderen Film gesehen als sie in Erinnerung hatten.

Weder Reboot, Sequel noch Remake: Mit 5,9 Millionen Besuchern ist der beliebteste Film in deutschen Kinos 2023 „Barbie“ gewesen. Zwar eine Neuerscheinung, aber gab es da nicht auch schon einen gewissen Bekanntheitsgrad?

© dpa/Warner Bros. Pictures

Ins Kino zu gehen, ob mit süßem oder salzigen Popcorn, gehört zum Leben vieler dazu – trotz Netflix und Prime. Viele begeistern sich gerade für die Neuauflage eines Films, den sie schon als Kind oder Jugendlicher gesehen haben. Und auch Fortsetzungen wie „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ aus diesem Jahr wird auch jene angesprochen haben, die die Filme aus den 80ern kennen.

Remake, Sequel und Reboots sind aber nicht nur etwas für die Freizeit. Solche Kinofilme beschäftigen auch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, so wie Kathleen Loock von der Leibniz Universität Hannover.

Durch Hollywood geschaffene Identität

Die Kulturwissenschaftlerin versucht im Forschungsprojekt „Hollywood Memories“ herauszufinden, wie Hollywoodfilme erinnert werden und ein Zugehörigkeitsgefühl schaffen. Konkret interessiert dabei, ob Hollywood durch Filme, die wir alle kennen, eine globale Identität prägt.

Dafür befragen die Wissenschaftler Menschen aus den USA, Deutschland, Mexiko und China. Der Kontext des Landes ist wichtig: Die USA repräsentieren den Inlandsmarkt. Deutschland sehen die Forschenden im Kontext als ehemalige Besatzungszone der USA, die kulturellen Einfluss hatte. Bei der Befragung in Mexiko geht es darum, die Sicht von Menschen zu verstehen, deren Heimat eine schwierige Beziehung zu den Staaten hat. China ist für die Forschenden interessant, weil es jahrzehntelang US-Kulturprodukte verbot. Die Teilnehmer werden in Gruppeninterviews befragt und füllen auch Einzel-Fragebögen aus.

Die Studie läuft noch, doch das Team um Loock hat schon einige Ergebnisse aus Deutschland und Mexiko:

Keine eindeutige Haltung

So schaut die Generation über 50-Jähriger seltener Neuverfilmungen. Häufig beklagt sie die starke Nähe zum Original und kritisiert, dass es den Produzenten nur ums Geldverdienen gehe. Aber eindeutige Antworten sind laut Loock sowohl in Deutschland als auch in Mexiko selten. Einerseits wird die kommerzielle Absicht hinter der Wiederauflage eines bekannten Stoffes beklagt. Andererseits ist die Neugier so groß, dass sich viele dem dann doch nicht entziehen können.

Wer die Neuverfilmung gut findet, dem gefallen bessere technische Effekte, ein neuer Blickwinkel auf die Geschichte und gesellschaftspolitische Aktualisierungen, wie wenn zum Beispiel bei Ghostbusters Frauen die Hauptrollen spielen.

Auch wenn Remakes nicht jeden Geschmack treffen, deutlich positiver werden Fortsetzungen bewertet. Eine 25-Jährige gab im Rahmen der Projektbefragung an: „Wenn man die Figuren kennenlernt, möchte man immer wissen, was sie erleben.“ Die befragten Teilnehmer sagten, dass sie eine gewisse emotionale Bindung an die Charaktere verspürten und sie vertraut seien mit der Welt ihrer Filmhelden. Das heißt aber nicht, dass jede Fortsetzung eines Blockbusters auch so positiv rezipiert wird. Sie kann enttäuschen, wenn für das Publikum die Erzähllogik nicht verständlich ist.

Große Unterschiede zu den Sehgewohnheiten in Mexiko konnte die Wissenschaftler bislang nicht feststellen – mit einer entscheidenden Ausnahme: In Mexiko darf durch internationale Abkommen der Anteil einheimischer Filme zehn Prozent nicht übersteigen. „Es gibt kaum Filme aus Mexiko im Kino, Hollywood-Produktionen sind noch präsenter als in Deutschland. Gerade jüngere Mexikaner kritisieren das“, so Kathleen Loock.

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