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© - Foto: ddp

Atmosphäre: Wolkige Aussagen

Für Klimaforscher ist Wasserdampf die große Unbekannte – Satellitenmessungen sollen helfen, das Rätsel zu lösen.

Wenn an einem angenehmen Nachmittag im Frühherbst eine Wolke für ein paar Minuten die Sonne verdeckt, merken die gemütlich im Park sitzenden Menschen rasch, wie wichtig Wolken für Klima und Wetter sind. Tagsüber reflektieren die schwebenden Wassertröpfchen nämlich einen großen Teil der Sonnenstrahlung in den Weltraum. Unter der Wolke wird es im Park dann deutlich kühler. Nachts dagegen wärmen die Wolken die Erde, weil sie die vom Boden kommenden Wärmestrahlen zurückwerfen. Und wenn die Wassertröpfchen zu schwer werden, gehen sie als Regenschauer zu Boden. Diese Vorgänge kennen Forscher recht genau. Viel weniger aber wissen sie darüber, wie sich Luftfeuchtigkeit über den Globus verteilt und so Wetter und Klima beeinflusst. Deshalb tun sich Meteorologen mit der Regenprognose viel schwerer als mit der Temperaturvorhersage und deshalb sind Wolken und Niederschlag in Klimamodellen noch immer schwer zu erfassen.

Ein kleiner Unterschied zwischen Wassermolekülen könnte das Problem zumindest teilweise lösen. Eines unter 3000 Molekülen in den Weltmeeren ist nämlich ein wenig anders als der Rest. Während Wasser normalerweise aus zwei Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom besteht, ersetzt in diesem Molekül ein Deuteriumatom eines der beiden Wasserstoffatome. Dieses Deuterium verhält sich zwar wie normaler Wasserstoff, hat aber die doppelte Masse. Ein als „HDO“ bezeichnetes Molekül mit diesem Deuterium ist daher gut fünf Prozent schwerer als normales Wasser.

Je kühler ein Gewässer ist, umso langsamer verdunstet das schwere HDO und ist so in der Luftfeuchtigkeit deutlich seltener enthalten als im Meer. „Wenn wir den HDO-Anteil im Wasserdampf der Luft bestimmen, erhalten wir gleichzeitig einen Hinweis, woher das Wasser stammen könnte“, erklärt Thomas Röckmann vom Institut für Meeres- und Atmosphärenforschung der Universität Utrecht. Wie sie diese Daten beschaffen können, beschreibt der Forscher zusammen mit seinen Kollegen im Fachjournal „Science“ (Band 325, Seite 1374).

"Envisat" kann das seltsame Wassermolekül aufspüren

Frank Hase vom Forschungszentrum Karlsruhe setzt dazu auf Infrarotmessungen vom Erdboden aus. Wasser absorbiert nämlich ganz bestimmte Wellenlängen im infraroten Bereich des Sonnenlichtes, während HDO geringfügig andere Wellenlängen abfängt. Aus der Menge des absorbierten Lichts in den jeweiligen Wellenlängen berechnet der Wissenschaftler, wie viel HDO und wie viel normales Wasser in den Luftschichten steckt. Damit lässt sich die Temperatur des Wassers und so auch die Region schätzen, aus der die Luftfeuchtigkeit stammt.

Hase hat einen Detektor auf der Kanareninsel Teneriffa aufgebaut, ein anderer steht auf Spitzbergen im Nordpolarmeer. Beide Geräte liefern zwar viele Daten – um den Wasserdampf in der gesamten Atmosphäre zu beobachten reichen Einzelmessungen aber nicht aus. Röckmanns Team analysierte daher auch Daten des „Sciamachy“-Instruments an Bord des Forschungssatelliten „Envisat“. Ursprünglich wurde es für Messungen der Ozonschicht und anderer Spurengase in der Luft gebaut. Doch es kann auch jene Wellenlängen im nahen Infrarot messen, die auf HDO beziehungsweise normales Wasser verweisen. „Und das in ein, zwei Kilometern Höhe über dem Erdboden, wo sich der meiste Wasserdampf befindet“, beschreibt Röckmann den Vorteil dieser Methode.

Mit Hilfe der Messungen vom Erdboden aus testeten die Forscher in Spitzbergen, ob die Satellitendaten korrekte Werte liefert. Und die sehen auf Spitzbergen jahrein, jahraus gleich aus. Demnach muss der Niederschlag auf der Polarinsel das ganz Jahr über stets aus der gleichen Meeresregion mit ähnlichen Wassertemperaturen stammen. Damit steht der Golfstrom, dessen Ausläufer bis in diese Breiten reichen, als Quelle der meisten Niederschläge auf Spitzbergen fest.

„Zum ersten Mal haben wir eine Methode, mit der sich der Wasserkreislauf in der Atmosphäre beobachten lässt“, sagt Röckmann. Wenn die Forscher das etwas andere Wasser HDO flächendeckend messen, könnten Klimamodelle und Regenprognosen künftig wenigstens etwas genauer sein.

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