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Mai 2022: Ältere Anwohner von Cherson sprechen mit einer Gruppe russischer Soldaten. Der Region Cherson steht ein Referendum bevor.

© dpa / -/AP/dpa

Scheinreferenden in der Ukraine: Putins Verzweiflungstat könnte zum Problem für den Westen werden

In vier besetzten Gebieten in der Ukraine soll in Scheinreferenden über den Anschluss an Russland abgestimmt werden. Putin könnte das einen Vorwand zur Eskalation des Krieges geben.

Ein Kommentar von Benjamin Reuter

| Update:

Auf die erfolgreiche Blitzoffensive der Ukrainer im Osten des Landes antwortet Russland mit einer Art Blitz-Annexion der noch besetzten Gebiete. Ab Ende der Woche wollen die von Moskau unterstützten Verwaltungen in Luhansk, Donezk, Cherson und auch die besetzten Teile der Region Saporischschja die verbliebenen Bürger in Scheinreferenden über einen Anschluss an Russland abstimmen lassen. Es ist eine Wiederholung des Krim-Szenarios.

Die Ankündigung und die überhastete Durchführung der Referenden erscheinen wie ein Akt der Verzweiflung, vor allem nachdem eben jene Abstimmungen erst kürzlich auf unbestimmte Zeit verschoben worden waren.

Aber verzweifelt will Putin auf keinen Fall wirken, stattdessen will er Stärke präsentieren – nach innen wie außen. Sein Kalkül – man kann davon ausgehen, dass das Vorgehen der lokalen Verwaltung eng mit Moskau abgestimmt ist – könnte dabei Folgendes sein: Werden die Gebiete nach einem Pro-Russland-Votum quasi russisches Staatsgebiet, könnte ein Angriff auf sie als Angriff gegen Russland selbst gewertet werden.

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Ein Vorwand für eine offizielle Kriegserklärung?

Genau das deutete Putin im Zuge seiner Teilmobilmachung am Mittwochmorgen auch an. Er drohte sogar damit Atomwaffeneinzusetzen, wenn russisches Staatsgebiet angegriffen werde. Genau das wären die annektierten Gebiete dann. Der Kremlherrscher macht sich damit unter anderem auch Forderungen der russischen Ultranationalisten zu eigen, die schon seit längerem eine Eskalation des Krieges fordern. Putin könnte dem Westen außerdem drohen, dass ein Angriff mit westlichen Waffen auf die annektierten Gebiete als Kriegseintritt der Nato gewertet würde.

Gegen dieses Eskalationsszenario steht allerdings die Erfahrung mit der Krim und mit Angriffen auch in Russland. Auch die Halbinsel wurde schon von der Ukraine angegriffen, die Schläge sind für Russland schmerzhaft. Hätte Putin es gewollt, hätte er schon hier eskalieren können. Ähnlich mit ukrainischen Angriffen auf die grenznahe russische Stadt Belgorod, in der sich große Militärlager befinden. Auch hier: Keine Reaktion des Kremls.

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