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Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident Niedersachsen, jubelt nach den ersten Hochrechnungen zur Landtagswahl.

© picture alliance/dpa

Update

Landtagswahl in Niedersachsen: SPD ist Wahlsieger – Mehrheit für Rot-Grün

Die SPD von Ministerpräsident Stephan Weil wird stärkste Kraft in Niedersachsen. Die FDP kommt dem vorläufigen Endergebnis zufolge nicht in den Landtag.

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Die SPD des amtierenden Ministerpräsidenten Stephan Weil hat die Landtagswahl in Niedersachsen gewonnen. Damit kann der bei den Bürgerinnen und Bürgern wegen seiner pragmatischen Politik geschätzte Weil auf seine dritte Amtszeit hoffen. Er hatte vor der Wahl als Alternative zur bisherigen großen Koalition mit der CDU auf eine rot-grüne Koalition gesetzt. Dafür könnte es auch reichen.

Nach Auszählung aller Wahlkreise und Veröffentlichung des vorläufigen Ergebnisses am Sonntagabend im Internet kommt die SPD auf 33,4 Prozent (Ergebnis 2017: 36,9 Prozent), gefolgt von der CDU mit 28,1 Prozent (33,6 Prozent), die Grünen legen deutlich zu auf 14,5 Prozent (8,7 Prozent), die FDP verpasst mit 4,7 Prozent den Wiedereinzug in den Landtag (7,5 Prozent). Die AfD kann dagegen mit 10,9 Prozent deutlich zulegen (6,2 Prozent) und erreicht das beste Landesergebnis ihrer Geschichte in Niedersachsen.

Die Partei mobilisiert seit Wochen gegen Inflation und hohe Energiepreise, fordert ein Ende der Sanktionen gegen Russland und wirft der Ampel-Koalition im Bund Versagen und Kriegstreiberei wegen der Waffenlieferungen vor. Die Linke verpasst erneut den Einzug in den Landtag. Knapp 6,1 Millionen Menschen waren im zweitgrößten Bundesland zur Wahl aufgerufen.

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Ministerpräsident Stephan Weil äußerte sich vor SPD-Anhängern erleichtert. „Wir haben gekämpft und wir haben heute Abend gewonnen.“ Die Wählerinnen und Wähler hätten der SPD den Regierungsauftrag erteilt. „Und keiner anderen Partei“, sagte Weil in Hannover

Das ist ein Auftrag, dass wir auch regieren.

Omid Nouripour, Grünen-Vorsitzender

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert begrüßte das Ergebnis in Niedersachsen. Andere wollten einen Anti-Ampel-Wahlkampf, sagt er in der ARD. „Die Ampel-Parteien haben gemeinsam eine Stimmenmehrheit in Niedersachsen geholt“, sagte Kühnert. Das gebe Rückenwind.

Grünen-Parteivorsitzender Omid Nouripour sieht für seine Partei nach dem besten Abschneiden bei einer Landtagswahl in Niedersachsen einen Regierungsauftrag. „Das ist ein riesen Vertrauensvorschuss“, sagt Nouripour im ZDF. „Das ist ein Auftrag, dass wir auch regieren.“

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CDU-Spitzenkandidat in Niedersachsen, Bernd Althusmann, räumte seine Niederlage ein. „Wir haben unser Wahlziel, stärkste Kraft in Niedersachsen zu werden, auf jeden Fall nicht erreicht.“ Er nehme dieses Votum an. „Die Wählerinnen und Wähler haben der SPD einen klaren Regierungsauftrag erteilt.“

Das ist für uns kein schönes Ergebnis.

Mario Czaja, CDU-Generalsekretär

CDU-Generalsekretär Mario Czaja kommentierte das Ergebnis der CDU so: „Das ist für uns kein schönes Ergebnis.“ Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD sei es gelungen, „sich von dem Bundestrend völlig abzutrennen“.

FDP-Chef Christian Lindner sprach von einem „traurigen Abend“ für die Freien Demokraten. „Nach allem, nach dem es aussieht wurde die Mitte nicht gestärkt. Niedersachsen wird nach links gehen. Das war das, was wir verhindern wollten“, sagte Lindner in Berlin.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki begründete das schlechte Abschneiden seiner Partei mit der Politik der Ampel-Koalition. „Ein wesentlicher Teil unserer Anhänger fremdelt mit der Ampel“, sagte Kubicki in der ARD. „Daran werden wir arbeiten müssen oder diese Ampel wird in schweres Fahrwasser kommen.“ Personalfragen spielten nach dieser Wahl keine Rolle, sagte Kubicki.

Wolfgang Kubicki ist unzufrieden mit der Ampel.

© Foto: dpa/Jonas Walzberg

Coronabedingt gab es dieses Mal einen weit höheren Anteil an Briefwahlstimmen als bei den vergangenen Landtagswahlen. Der Landtag wird für fünf Jahre gewählt. Der Wahlkampf war geprägt von der Debatte um die hohen Energiepreise infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und die Folgewirkungen der daraufhin vom Westen verhängten Sanktionen.

Weil konnte vom Amtsbonus profitieren

Weil hatte sich auf Bundesebene für weitere Milliardenentlastungen von Bürgern und Unternehmen stark gemacht, zugleich aber die Solidarität mit der Ukraine betont und weitere Unterstützung gefordert. Weil ist seit Anfang Oktober auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Landespolitisch ging es im Wahlkampf vor allem um den Lehrermangel und die Unterrichtsversorgung in Schulen, den Umbau der Landwirtschaft und den Ausbau von erneuerbaren Energien sowie von Flüssigerdgas-Terminals an der Küste.

Die CDU mit ihrem Vorsitzenden Friedrich Merz hatten die Wahl mit dem niedersächsischen Spitzenkandidaten und bisherigen Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, auch zu einer Abstimmung über die Krisenpolitik der Ampelkoalition im Bund erklärt. In Umfragen zum bevorzugten Ministerpräsidenten – Weil oder Althusmann – lag der SPD-Mann jedoch deutlich vor seinem Herausforderer. Auch dank dieses Amtsbonus sind die Werte der SPD in Niedersachsen besser als im Bund.

Friedrich Merz (l.) hatte Bernd Althusmann im Wahlkampf mehrfach unterstützt.

© IMAGO/Political-Moments

Es setzt sich hier der Trend vorheriger Landtagswahlen fort, dass angesehene Amtsinhaber auch die Werte der Partei maßgeblich nach oben ziehen können, so hatten Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen und Daniel Günther in Schleswig-Holstein für die CDU Wahlsiege errungen, während zuletzt nur im Saarland SPD-Herausforderin Anke Rehlinger ein Machtwechsel gelang.

Das Abschneiden der FDP wird Auswirkungen auf die Ampel haben

Entgegen des negativen Bundestrends werden die Sozialdemokraten in Niedersachsen wohl erneut stärkste Kraft, allerdings bei Verlusten. Für die Ampel-Koalition von Kanzler Olaf Scholz (SPD) dürfte es nach der Wahl dennoch keine Beruhigung geben, da sich die Krisen wie tektonische Platten übereinander schieben und durch Produktionseinstellungen ein Verlust vieler Arbeitsplätze gerade in der Industrie droht.

In dem Bündnis steht zudem vor allem die FDP angesichts der Verluste vor der Frage über den richtigen Kurs. Sollten die Liberalen den Einzug in den Landtag verpassen, hätte dies wohl auch Auswirkungen auf das Klima in der Ampel in Berlin. Zumal es für Finanzminister Christian Lindner (FDP) immer schwerer werden dürfte, die Schuldenbremse 2023 wieder einzuhalten.

Zur Dämpfung der hohen Strom- und Gaspreise ist ein schuldenfinanzierter 200-Milliarden-Abwehrschirm als Sondertopf neben dem Bundeshaushalt des laufenden Jahres verabredet worden, aber die Details für die Energiepreisbremsen liegen noch nicht. Für den Gasbereich will eine Expertenkommission offenbar am Montag Vorschläge vorlegen, gesucht wird eine möglichst unbürokratische Lösung, auch weitere Einmalzahlungen stehen zur Debatte.

Streit um AKW in Lingen

Zudem ist Scholz außenpolitisch gefragt, da die westlichen Partner die Gefahr des Einsatzes von Nuklearwaffen so ernst einschätzen wie seit Kriegsbeginn nicht, US-Präsident Joe Biden schätzt das Risiko einer von Wladimir Putin ausgelösten nuklearen Katastrophe so hoch ein wie noch nie seit der Kuba-Krise.

SPD und Grüne hatten sich anders als Union und FDP dafür ausgesprochen, dass das Atomkraftwerk Emsland in Lingen wie geplant Ende des Jahres vom Netz gehen soll, obwohl viele Experten vor Engpässen bei der Stromversorgung warnen und so zudem die enorm teure Gasverstromung verringert werden könnte. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will allenfalls die anderen beiden verbliebenen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim bis April 2023 in einem Streckbetrieb lassen.

Bundeswehr-General Carsten Breuer sagte der „Bild am Sonntag“, die Sicherheitsbehörden müssten sich auf diese Bedrohungslage einstellen und im Blick behalten, „was die wahrscheinlichsten Szenarien sind“. Dazu zählten auch Angriffe auf die kritische Infrastruktur und Blackouts. Er rät den Bürgern daher zur Anpassung der Vorratshaltung im Haushalt und zur Anschaffung einer Taschenlampe und genügend Batterien.

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