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Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), und Katja Kipping (Die Linke), Sozialsenatorin, posieren Anfang November 2022 mit den Unterzeichnern der Vereinbarung Charta der Wärme.

© dpa / Britta Pedersen

95 Anträge auf Förderung: Noch keine Mittel des Senats für Berliner „Netzwerk der Wärme“ geflossen

Grund für die noch nicht erfolgte Auszahlung sind teils komplizierte Verwaltungsabläufe. Trotzdem wächst das Netzwerk. Die FDP-Fraktion bezeichnet das Projekt als „Flop“.

Im Rahmen des Berliner Sozialprojekts „Netzwerk der Wärme“ sind seit November bis zum 23. Januar 95 Anträge für Fördermittel bei den Senatsverwaltungen und Bezirken gestellt worden. Gelder sind allerdings noch nicht ausgezahlt worden. Das geht aus der Antwort der Sozialverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des FDP-Abgeordneten Tobias Bauschke hervor.

Insgesamt sind 274 Berliner Organisationen Teil des Netzwerks und haben die „Charta der Wärme“ unterzeichnet. Nur gut ein Drittel von ihnen hat demnach Anträge auf Förderung gestellt. Die Mitglieder kommen aus allen Berliner Bezirken. Der größte Anteil, nämlich 37 Organisationen, stammen aus Mitte. Um Mitglied im Netzwerk zu sein, muss man keine zusätzlichen Fördermittel beantragt haben.

Das „Netzwerk der Wärme“ wurde im November von Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) ins Leben gerufen. Das Ziel: durch breite Beteiligung der Stadtgesellschaft und vielfältige Angebote die Folgen der Energiekrise für die Menschen abmildern.

So sollen über das Netzwerk bestehende Hilfsangebote – etwa Mieterberatungen – einem breiteren Kreis an Leuten bekannt gemacht werden. Aber auch neue Orte der Begegnung sind entstanden, wie etwa ein Wärme- und Begegungsort im Humboldt-Forum.

Im Rahmen des Berliner Entlastungspakets wurden insgesamt 25,8 Millionen Euro für das „Netzwerk der Wärme“ bereitgestellt. Die Bezirke können jeweils bis zu 1 Million Euro für Projekte abrufen. Ein Teil der Finanzen wird nach Angaben der Sozialverwaltung aber auch direkt über die Sozial-, Kultur-, und Bildungsverwaltung ausgezahlt.

Bezirke gehen in Vorleistung

Dies sei zwar noch nicht geschehen. Die Sozialverwaltung erklärte aber auf Anfrage, die Finanzverwaltung habe ihr zugesagt, dass das Geld „in den nächsten Tagen“ ausgezahlt werde. Für die Fördermittel in den einzelnen Stadtteilen gehen die Bezirke in Vorleistung und erhalten erst im Anschluss das Geld von der Finanzverwaltung.

Nach Angaben der Verwaltung hat etwa Friedrichshain-Kreuzberg bereits 34 Anträge bewilligt, mit einem Gesamtvolumen von 808.000 Euro. Sie kommen der Ausweitung der Jugendarbeit, Wärmepunkten sowie Essensausgaben zu Gute.

Wenn man überlegt, wie lange Verwaltungsabläufe sonst dauern, sind wir enorm schnell in die Umsetzung gekommen.

Katja Kipping (Linke), Sozialsenatorin, über das Netzwerk der Wärme

Ein Anliegen war und ist, Angebote stärker in der Stadt bekannt zu machen. Wie aus der Antwort der Sozialverwaltung hervorgeht, wurde allerdings bislang noch kein Geld für die Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben. Aktuell sei aber ein Vergabeverfahren dafür „in Vorbereitung“, schreibt die Verwaltung.

Auf Nachfrage erklärt die Verwaltung, dass verwaltungstechnische Abläufe noch Zeit in Anspruch genommen hätten. Trotzdem seien vom mit der Federführung des Projekts beauftragten Verein „Karuna“ bereits etwa Türhänger und Aufkleber zur Bewerbung des Projekts erstellt worden.

„Wenn man überlegt, wie lange Verwaltungsabläufe sonst dauern, sind wir enorm schnell in die Umsetzung gekommen“, sagte Sozialsenatorin Kipping dem Tagesspiegel.

Mit gerade einmal 95 Anträgen und stark sinkender Nachfrage ist das Netzwerk ein sehr teurer Flop.

Tobias Bauschke, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion

Kritik am Projekt wegen niedriger Antragszahl

FDP-Politiker Bauschke kritisiert das Projekt: „Mit gerade einmal 95 Anträgen für die Monate Dezember und Januar und stark sinkender Nachfrage ist das Netzwerk ein sehr teurer Flop“, sagt er. Zwar unterstütze er grundsätzlich den Ansatz von Senatorin Kipping. Die Umsetzung aber sei nicht gut gemacht und zu wenig auf eine langfristige Planung ausgerichtet. Tatsächlich ist für das Netzwerk bislang nur eine Laufzeit bis Ende März vorgesehen.

Von den 95 Anträgen auf Fördermittel wurde die überwiegende Anzahl, nämlich 80, im Dezember gestellt. Seitdem ist die Antragszahl deutlich gesunken, auf gerade einmal 15 Anträge bis zum 23. Januar. Unter den Organisationen, die Anträge gestellt haben, sind die Zentral- und Landesbibliothek Berlins sowie Stadtbibliotheken, Familienzentren und freie Vereine und Träger.

Bauschke kritisierte, dass etwa die Stadtteil- und Familienzentren pauschal Mittel aus dem Projekt ausgezahlt bekämen, er sprach diesbezüglich von einer Zwangsbeglückung.

Senatorin Kipping hingegen ist zufrieden mit der Entwicklung des Projekts. „Vom Fest der Wärme bei Karuna und von Begegnungen mit verschiedenen Akteuren der Wärmepunkte weiß ich, dass da viel passiert“, sagte sie. „Bezirke wie Friedrichshain/Kreuzberg, Lichtenberg oder Treptow-Köpenick sind besonders aktiv vorangegangen bei der Bewilligung der Bezirksmittel und setzen damit ein gutes Beispiel.“

Man habe sich ganz bewusst vorgenommen, dass das Netzwerk nicht nur Obdach- und Wohnungslose erreichen solle, sondern Menschen unterschiedlichster Gruppen. „Das funktioniert.“ Beispiel sei etwa der Begegnungstreff im Humboldt-Forum, wo Obdachlose und Touristen zusammen Schach spielen. Das Netzwerk wächst zudem: Jede Woche schließen sich zehn bis fünfzehn weitere Organisationen dem Projekt an.

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