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Falko Liecke, Sozialstadtrat in Neukölln, fällt seit Jahren mit plakativen Forderungen gegen den Islam oder Clan-Kriminalität auf.

© imago images/Sabine Gudath

Angriff gegen Omid Nouripour: Berliner CDU-Politiker gratuliert Bundesvorsitzendem der Grünen mit „Allahu Akbar!“

Der Stadtrat und stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Falko Liecke provoziert mit einem Tweet - und löscht ihn später. Eine Behauptung erhält er aufrecht.

Der Neuköllner Sozialstadtrat und stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Falko Liecke hat mit einer Provokation der beiden neuen Bundesvorsitzenden der Grünen, Ricarda Lang und Omid Nouripour, Empörung ausgelöst.

Unter einem auf Twitter geposteten Foto der beiden schrieb Liecke: „Ich wünsche ein fröhliches ‚Allahu Akbar‘“. Die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen in Berlin, Silke Gebel, schrieb dazu: "Sie sollten sich schämen!"

Liecke hat das Posting inzwischen gelöscht. Er schrieb: "Es gibt berechtigterweise Anlass zu Kritik, wenn Herr Nouripour sagt, Aufgabe des Bundestages sei es, Teile der Scharia in unsere Rechtsordnung zu implementieren. Aber die Art meiner Kritik war in dieser Form missverständlich." Dies bedauere er und deshalb habe er den Tweet auch gelöscht.

Hintergrund seiner Aussage sind falsch und verkürzt wiedergegebene Äußerungen von Omid Nouripour, in Teheran geboren und Muslim, während einer Debatte im Deutschen Bundestag im Jahr 2018. Damals wurde von rechtspopulistischen Portalen und auf Twitter behauptet, der Grünen-Politiker wolle in Deutschland die Scharia einführen, also islamische Rechtsgrundsätze, aus denen sich für fromme Muslime Ge- und Verbote für das tägliche Leben ableiten.

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Wie das Online-Medium "Correctiv" in einem Faktencheck Anfang Februar darlegte, hat Nouripour aber niemals die Einführung der Scharia als neuen Rechtsgrundsatz gefordert. Stattdessen reagierte er auf einen Beitrag eines AfD-Politikers und wies daraufhin, dass Muslime diejenigen religiösen Glaubensvorschriften befolgen können sollten, die mit dem Grundgesetz vereinbar sind. 

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Wörtlich sagte er laut einem Video-Mitschnitt vom Youtube-Kanal des Deutschen Bundestages: „Es sind ganz viele Arten von Scharia unterwegs. Unser Job hier ist es, dafür zu sorgen, dass die Teile, die mit dem Grundgesetz vereinbar sind, auch angewendet werden können, und die nicht, die eben nicht.“ Weiter fragte Nouripour, was die AfD mit „der Scharia“ meine, die Geschichte des Islams sei eine „ganz lange Geschichte von Interpretationsmöglichkeiten“. 

Liecke hält am Grundsatz seiner Kritik fest

Liecke hielt am Dienstag aber an seiner grundsätzlichen Kritik fest. Er teilte in einer Stellungnahme mit: „In der Sache macht mir der immer weiter zunehmende Geltungsdrang und Einfluss des politischen Islam in Politik, Medien und Gesellschaft seit geraumer Zeit Sorge. Die jetzt erneut öffentlich debattierten Äußerungen von Herrn Nouripour zur Vereinbarkeit der ‚Scharia‘ mit unserer Verfassung empfand ich als äußerst irritierend.“

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Dabei beziehe er sich ausdrücklich nicht auf die verkürzte Darstellung, wie sie in den sozialen Medien derzeit geteilt werde, sagte Liecke. „Sondern auf seine gesamte Einlassung im Rahmen einer Bundestagsdebatte im Jahr 2018, die ebenfalls im Internet abrufbar ist.“ Allerdings sagte er auch: „Soweit meine erste Reaktion verletzend gewirkt hat, bitte ich Herrn Nouripour dafür um Entschuldigung. Das habe ich ihm auch bereits direkt mitgeteilt.“

[Lesen Sie weiter bei Tagesspiegel Plus: Kleidungsvorschriften, Sexualkunde, Antisemitismus: Neuköllner Schulen beklagen religiöse Konflikte unter Schülern und Eltern.]

Liecke gilt seit Langem als Gegner eines stärkeren weltlichen Einflusses des Islam in Deutschland. So blieb er einer Gedenkstunde für den von Islamisten ermordeten französischen Lehrer Samuel Paty fern, weil daran ein Moscheeverein teilnahm, der eine Zeit lang auch im Verfassungsschutzbericht auftauchte. Die Neuköllner Begegnungsstätte hatte dagegen geklagt und wird deshalb seit 2018 nicht mehr im Verfassungsschutzbericht aufgeführt, aber weiter beobachtet.

Liecke fiel schon in den vergangenen Jahren häufiger mit teils drastischen Forderungen im Kampf gegen die Clan-Kriminalität in Neukölln und darüber hinaus auf. So schlug er vor, arabischen Großfamilien als "ultima ratio" auch die Kinder wegzunehmen. So sollten diese dauerhaft vor einem "kriminellen Umfeld" geschützt werden, sagte er im September 2021.

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Für eine höhere Säuglingssterblichkeit in Neukölln brachte Liecke in seiner damaligen Funktion als Stadtrat für Jugend und Gesundheit als eine Erklärung auch die Verwandtenehen von muslimischen Familien ins Spiel. Allerdings konnte er letztlich keine Belege für seine These vorbringen. Ihm wurde deshalb Rassismus vorgeworfen.

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