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Anschlag auf israelische Botschaft in Berlin geplant: Fünf Festnahmen nach Durchsuchungen in Potsdam
Die Polizei hat am BER einen 18-Jährigen wegen möglicher Anschlagspläne festgenommen. Zwei weitere Verdächtige sind bereits außer Landes. In Potsdam wird ein verdächtiger Gegenstand entdeckt.
Stand:
Im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Anschlagsplanung eines 18-Jährigen hat die Polizei in Potsdam mehrere Durchsuchungen durchgeführt und fünf Personen in Gewahrsam genommen. Das sagte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Potsdam am Nachmittag der dpa. Es seien mehrere Objekte durchsucht worden, auch Fahrzeuge in Potsdam. „Im Zuge der Maßnahmen wurden fünf Personen in Gewahrsam genommen“, so die Sprecherin.
Nähere Angaben dazu und wie die Personen mit dem verdächtigen 18-Jährigen möglicherweise in Verbindung standen, machte sie mit Verweis auf die Ermittlungen jedoch nicht. Diese führt die Generalstaatsanwaltschaft, die zunächst nicht erreichbar war. Nach ARD-Informationen soll es sich um fünf Syrer handeln.
Es geht um den Verdacht, ein 18-Jähriger habe einen politisch motivierten Anschlag geplant. Ziel sollte die israelische Botschaft sein, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen am Freitag erfahren hatte. Der 18-Jährige war am Hauptstadtflughafen BER festgenommen und an der Ausreise gehindert worden. Er kam in Untersuchungshaft.
Potsdamer Wohnung wegen Sprengstoffverdacht durchsucht
Bekannt wurde am Samstagmorgen dann, dass die Polizei im Zusammenhang mit der mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlagsplanung eine Wohnung in Potsdam wegen Sprengstoffverdachts durchsuchte. Die Einsatzkräfte entdeckten am Vormittag einen Gegenstand, der später abtransportiert wurde.
Um was es sich genau handelt, ließ die Polizei weiter offen – ebenso die Frage, ob der verdächtige 18-Jährige dort wohnte. Eine Sprecherin sprach mit Blick auf den Fund von einem „sprengstoffverdächtigen Gegenstand“. Die Polizei evakuierte das Wohnhaus im Süden Potsdams und angrenzende Gebäude.
Einem Bericht der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ zufolge soll die durchsuchte Wohnung in der Straße Am Hirtengraben im Wohngebiet Kirchsteigfeld im Südosten Potsdams liegen. In dieser Straße soll auch der 18-Jährige wohnen. Der verdächtige Gegenstand sei in den frühen Morgenstunden gefunden worden, gegen 4.30 Uhr seien zahlreiche Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr angerückt, auch Spezialkräfte.
Anwohner beschrieben, wie sie am Morgen von der Polizei gebeten wurden, ihre Wohnungen für etwa eine halbe Stunde zu verlassen. Der Grund wurde ihnen nicht genannt, wie mehrere der Anwohner berichteten. Am späten Vormittag konnten sie zurück in ihre Wohnungen. Die Polizeikräfte rückten nach und nach ab.
18-jähriger Tschetschene am Donnerstag am BER festgenommen
Der 18-jährige Akhmad I. war am Donnerstagnachmittag am Flughafen BER in Schönefeld festgenommen worden und sitzt nun in Untersuchungshaft. Nach Tagesspiegel-Informationen prüfen die Ermittler ein islamistisches Motiv, sie gehen bereits jetzt von einem politischen Motiv aus. Bei dem 18-Jährigen soll es sich um einen Tschetschenen handeln, der in Potsdam lebt.
Der Zugriff erfolgte durch Beamte der Bundespolizei. Auch Spezialeinheiten, Beamte des Landeskriminalamtes und der Berliner Polizei waren am BER im Einsatz. Nach Tagesspiegel-Informationen wollte I. ausreisen und nach Istanbul fliegen, nachdem sich die Anschlagspläne nicht umsetzen ließen. Allerdings soll der Mann nicht vorgehabt haben, sich generell aus Deutschland abzusetzen.
Zwei weitere Männer sollen an Anschlagsplanung beteiligt gewesen sein
Nach Erkenntnissen der Ermittler soll er vielmehr versucht haben, sich im Ausland erneut auf den Anschlag vorzubereiten und dort die nötigen Mittel dafür zu besorgen. Demnach soll I. Unterstützer gehabt haben. Ein ausländischer Geheimdienst hat die deutschen Behörden über die Anschlagspläne informiert. I. steht im Verdacht, dass er sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) anschließen wollte.
Zudem gehen die Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Anschlagsplanung nach dpa-Informationen von einer Gruppe aus, zu der zwei weitere Verdächtige gehören sollen. Diese Männer seien aber vor einiger Zeit ausgereist, bevor die brandenburgischen Sicherheitsbehörden die Ermittlungen zu dem 18-Jährigen führten.
Anschlag in Berlin geplant: „Schwere staatsgefährdende Gewalttat“
Der Tatverdächtige wurde am Freitag einem Haftrichter vorgeführt, der Haftbefehl erließ, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Ermittelt wird weiterhin wegen des Verdachts der Vorbereitung einer „schweren staatsgefährdenden Gewalttat“. Er soll „einen mutmaßlich politisch motivierten Anschlag vorbereitet“ haben. Der Mann soll nach bisherigem Kenntnisstand polizeilich zuvor nicht wegen Straftaten aufgefallen sein.
Gerade mit Blick auf die Bundestagswahl am Sonntag liegt es leider auch nahe, dass hier noch mal durch Terrororganisationen und ausländische Diktaturen versucht wird, unsere Demokratie mit gezielten Anschlägen zu destabilisieren.
Benjamin Jendro von der Berliner Gewerkschaft der Polizei
„Wir nehmen Bedrohungslagen und entsprechende Hinweise sehr ernst“, sagte Brandenburgs Polizeivizepräsident Jan Müller. „Wir setzen alle rechtsstaatlichen Mittel ein, um die Bevölkerung zu schützen.“ Die federführende Generalstaatsanwaltschaft in Brandenburg hielt sich ansonsten mit Informationen zum Motiv und den Hintergründen eher bedeckt.
Benjamin Jendro, Sprecher der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP), dankte den Behörden für die „hervorragende länderübergreifende Zusammenarbeit“. Berlin stünde als globale Metropole weiterhin im Fokus des internationalen Terrorismus. „Gerade mit Blick auf die Bundestagswahl am Sonntag liegt es leider auch nahe, dass hier noch mal durch Terrororganisationen und ausländische Diktaturen versucht wird, unsere Demokratie mit gezielten Anschlägen zu destabilisieren.“
Der Verfassungsschutz berichtete im vergangenen Sommer, er befürchte eine Radikalisierung von in Brandenburg lebenden Islamisten aus dem Nordkaukasus. Meist handele sich um Tschetschenen, die dem extremistischen Dschihadismus anhängen, einer radikalen Form des Islamismus, hieß es damals. Auch für die in Frankreich vereitelten Pläne für einen islamistisch motivierten Terroranschlag auf ein Fußballspiel während der Olympischen Spiele soll ein Tschetschene verantwortlich gewesen sein.
Israelische Botschaft in Berlin dauerhaft unter großem Polizeischutz
Ein Sprecher der israelischen Botschaft gab auf dpa-Anfrage zunächst keine Stellungnahme ab. Die israelische Botschaft in Berlin-Schmargendorf steht dauerhaft unter großem Polizeischutz. Ein Zutritt ist nur nach umfangreichen Kontrollen möglich, die an der Botschaft vorbeilaufende Straße ist weitgehend nicht befahrbar und mit Absperrgittern abgeriegelt.

© dpa/Julius-Christian Schreiner
Seit dem islamistischen Hamas-Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 werden deutlich mehr Gebäude von der Polizei bewacht. Nach letzten Angaben der Polizei werden in Berlin fast 1100 gefährdete Objekte geschützt, davon rund 170 jüdisch-israelische Gebäude.
„Es ist besorgniserregend, dass erneut ein mutmaßlich islamistisch motivierter Anschlag auf eine israelische Einrichtung in Deutschland geplant wurde“, sagte der Beauftragte gegen Antisemitismus in Brandenburg, Andreas Büttner. Er verwies auch auf einen Fall in München vom vergangenen September, bei dem es nahe dem israelischen Generalkonsulat in München zu einem Schusswechsel zwischen einem 18-Jährigen und der Polizei kam. Ermittler gingen von einem versuchten Terroranschlag aus.
„Diese Ereignisse verdeutlichen die anhaltende Bedrohung durch extremistische Gewalt gegen jüdische und israelische Einrichtungen in Deutschland“, sagte Büttner. Es bleibe eine gemeinsame Aufgabe von Staat und Gesellschaft, der Radikalisierung junger Menschen entgegenzuwirken und den Nährboden für extremistisches Gedankengut auszutrocknen.
Bereits mehrfach Festnahmen wegen Terrorverdacht
In den vergangenen Monaten gab es weitere Vorfälle, die im Zusammenhang mit geplanten Anschlägen stehen sollen. Am ersten Weihnachtsfeiertag 2024 wurde ein Jugendlicher in Zossen im Kreis Teltow-Fläming festgenommen. Laut Staatsanwaltschaft gab es Hinweise auf eine mutmaßlich politisch motivierte Anschlagsplanung. Der Terrorverdächtige kam zwischenzeitlich wieder auf freien Fuß.
Am 19. Oktober 2024 wurde ein Mann aus Libyen in Bernau bei Berlin festgenommen, der als mutmaßlicher Unterstützer der Terrororganisation IS galt und einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Deutschland geplant haben soll. Ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe erließ Haftbefehl. Er wurde wieder freigelassen, weil sich der dringende Tatverdacht nicht habe aufrechterhalten lassen. (mit dpa)
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