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Protest gegen die Schließung der Postbank in Westend.

© Cay Dobberke

Berlin-Charlottenburg: Anwohner protestieren gegen Schließung von Bankfiliale

Senioren sind besorgt - der Rückzug der Banken und Sparkassen aus der Fläche geht weiter. Jetzt gibt es Ärger in Westend.

Einen schweren Stand hatte Post-Sprecher Hans-Christian Mennenga am Dienstag inmitten von mehr als 100 Anwohnern aus Westend. Sie protestierten an der Rüsternallee nahe der Reichsstraße in Charlottenburg-Wilmersdorf gegen die Schließung einer Postbank- und Postfiliale. Mehrere der überwiegend älteren Demonstrationsteilnehmer sagten, die Filiale bestehe nach ihrer Erinnerung seit 40 bis 60 Jahren – doch am 24. Oktober öffnet sie letztmalig. Senioren zeigten sich vor allem besorgt darüber, dass sie künftig lange Wege in Kauf nehmen müssten, um Geld abzuheben.

Doch für dieses Problem war Mennenga gar nicht zuständig. Weitgehend vergeblich versuchte er den aufgebrachten Bürgern zu erklären, dass er nur die Deutsche Post und DHL vertrete, aber nicht die Postbank, die heute ein separates Unternehmen sei und zur Deutschen Bank gehöre. Die Post pflege lediglich eine „Partnerschaft“ zur Postbank und nutze deren Niederlassungen. Er kenne nicht einmal die Gründe für die geplante Schließung. Zum allgemeinen Verdruss hatte die Postbank jedoch keinen Vertreter entsandt.

Postbank: Man überprüfe das Filialnetz „kontinuierlich hinsichtlich seiner Wirtschaftlichkeit und Optimierungsmöglichkeiten“

In einer schriftlichen Erklärung argumentiert die Postbank, man überprüfe das Filialnetz „kontinuierlich hinsichtlich seiner Wirtschaftlichkeit und Optimierungsmöglichkeiten“. Komme man zu dem Schluss, dass ein Standort „nicht nachhaltig wirtschaftlich ist“, prüfe man verschiedene Optionen – bis hin zur Schließung. Gleichwohl habe man in Berlin nach wie vor „eine außerordentlich hohe Filialdichte“, schreibt Sprecher Hartmut Schlegel.

Als nächstgelegene Möglichkeiten, gebührenfrei Bargeld abzuheben, werden ein Selbstbedienungs-Center der Deutschen Bank am Kaiserdamm 39 und eine Shell-Tankstelle am Spandauer Damm genannt. Beide Standorte sind für Senioren oder gehbehinderte Menschen allerdings kaum fußläufig erreichbar. So stehen die Geldautomaten am Kaiserdamm rund 1,2 Kilometer von der Rüsternallee entfernt.

Für „beratungsintensivere Themen“ wie Baufinanzierung, Altersvorsorge oder Kredite empfiehlt die Postbank ihre Niederlassung in der Soorstraße. Diese ist jedoch 1,5 Kilometer entfernt und nicht barrierefrei. Die Postbank macht zusätzlich auf das „Cashback“ in Supermärkten aufmerksam: In Westend könne man Bargeld an den Kassen von Rewe und Netto erhalten. Diese Möglichkeit ist in der Regel jedoch an einen Einkauf gekoppelt. Die CDU-Fraktion von Charlottenburg-Wilmersdorf will die Schließung in der nächsten Bezirksverordnetenversammlung zur Sprache bringen.

Viele Banken wollen sich ihr teures Filialnetz nicht mehr leisten.

© imago/photothek

Die Post ist nur Untermieter in Postbankfilialen

Beim Service der Post gebe es dagegen „keine Verschlechterung“, argumentiert deren Sprecher Mennenga. In der Reichsstraße 36 habe man soeben die Partnerfiliale in einem Zeitungsladen vergrößert, um dort „alle Leistungen“ anzubieten. Allein in der Reichsstraße gebe es außerdem drei weitere Partnershops. Die Post ist nur Untermieter in den Postbankfilialen. Wenn eine schließt, muss sie sich einen neuen Partner suchen. Rund 15 Prozent der Berliner Postshops befinden sich noch in Postbanken, der Rest ist als Kooperationspartner in Einzelhandelsgeschäften untergebracht. Die Post selbst ziehe sich nicht aus der Fläche zurück, versichert Mennenga, das verbiete schon die „Postuniversaldienstleistungsverordnung“. In Berlin sei das Netz der Filialen und Paketshops in der Regel dichter als die Verordnung vorschreibe, weil die Nachfrage entsprechend groß sei. Mehrere hundert Postfilialen gebe es, dazu rund 500 Paketannahmestellen und 300 Packstationen. Dennoch kann es zu Engpässen kommen, wie zuletzt in Bohnsdorf. Dort fand die Post nach mehreren Schließungen von Partnergeschäften keinen Unterschlupf mehr und musste eine eigene „Interimsfiliale“ öffnen, die nur zwei Stunden täglich geöffnet ist.

Bei den Banken ist die Sparkasse mit mehr als 90 Filialen und 600 Bankautomaten weiterhin Marktführer in Berlin, allerdings ebenfalls mit rückläufiger Tendenz. In diesem Jahr wurden bis zu zehn Filialen geschlossen, genau wie in den vergangenen Jahren. Sparkassen sind laut Gesetz verpflichtet, „die Förderung des Sparens und die Befriedigung des örtlichen Kreditbedarfs, insbesondere des Mittelstands und der wirtschaftlichen schwächeren Bevölkerungskreise“ zu leisten. Damit sei aber keine Mindestversorgung verbunden, erklärte ein Sprecher.

Die Landesseniorenvertretung wehrt sich gegen jede Schließung

Die Landesseniorenvertretung (LSV) verfolgt sehr genau, wie die Sparkasse mit ihren Filialen umgeht. Gegen jede Schließung setzte man sich zur Wehr, sagt die Vorsitzende Johanna Hambach. „Wir werden nicht Ruhe geben, bis das aufhört – aber es hört nicht auf.“ Immerhin habe der Sparkassenchef im August versprochen, vor der nächsten Schließung einer Filiale die LSV zu konsultieren, um über Alternativen zu reden.

Bislang bietet die Sparkasse vor allem mobile Beratungsleistungen an, mit dem Bankbus „Justav“ und den „roten Schreibtischen“, an denen in Kliniken oder Pflegeheimen Bankgeschäfte erledigt werden können. Bargeld gibt es allerdings weiterhin nur an den Automaten. In größeren Filialen bietet die Sparkasse Kurse für Senioren an, die das Onlinebanking lernen möchten. „Ein Fünftel unserer Kunden hat die digitale Filiale heute schon auf dem Smartphone in der Tasche. Mehr als die Hälfte unserer Kunden sind aktive Online-Banking-Nutzer“, sagt ein Sprecher. Heißt umgekehrt, dass fast 50 Prozent der Kunden ihre Geldgeschäfte noch analog erledigen.

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