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Mit dem Betreuungsgeld will die Bundesregierung die Erziehungsleistung der Eltern würdigen. Ob das nur für berufstätige Eltern gelten soll, oder auch für Hartz-IV-Empfänger ist umstritten.

© dpa

Berlin: Künftige Koalition hält wenig vom Betreuungsgeld

Die Bildungsverwaltung fürchtet, dass einkommensschwache Eltern ihre Kinder nicht mehr zur Kita schicken.

In Berlin stoßen die bundespolitisch derzeit stark diskutierten Pläne zur Einführung eines Betreuungsgeldes nicht auf viel Gegenliebe. Selbst die Berliner Union steht diesem Vorhaben nach Angaben der CDU-Familienexpertin Emine Demirbüken-Wegner „nicht besonders“ positiv gegenüber. In der SPD hält man ohnehin nichts davon, den Eltern, die ihre Kinder bis zum dritten Lebensjahr nicht in eine Kita bringen möchten, diese Leistung zu zahlen. Allerdings haben die künftigen Koalitionäre noch nicht darüber gesprochen, wie man sich bei diesem Thema im Bundesrat verhalten werde.

Im Haus des scheidenden Bildungssenators Jürgen Zöllner (SPD) spricht man von „Fehlanreizen“, die das Betreuungsgeld auslösen würde. Gerade bildungsferne Familien mit geringem Einkommen könnten deswegen beschließen, ihre Kinder nicht in der Kita anzumelden und somit von einer Bildungsinstitution fernzuhalten. Das betreffe nicht nur Hartz-IV-Familien, sondern auch Haushalte mit kleinen Erwerbseinkommen. Bislang sind sich FDP und Union auf Bundesebene nicht einig, ob auch Hartz-IVFamilien Betreuungsgeld erhalten sollen. Darüber wird heftig gestritten.

Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) hat das Betreuungsgeld stets abgelehnt. Vor zwei Jahren löste er mit seiner Bemerkung, manche Unterschichteltern würden dieses Geld eher versaufen, statt es für ihre Kinder zu nutzen, starke Diskussionen aus. Buschkowsky tritt zudem dafür ein, das vor allem Kinder aus bildungsfernen Schichten so früh wie möglich die Kita besuchen sollen. Er forderte bereits vor einem Jahr eine Kitapflicht für Kinder ab einem Jahr.

Auch bei Noch-Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) stoßen die Pläne auf Ablehnung. Diese seien nicht im Sinne der Kinder und könnten „nur nach hinten losgehen“, sagte Sprecherin Karin Rietz. Auch ein anderes Prestigeobjekt der Bundesregierung, das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket, mit dem Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien gefördert werden sollen, sei nicht besonders erfolgreich.

In Berlin haben nach Angaben aus der Sozialverwaltung erst 46 Prozent der Berechtigten Leistungen aus dem Paket beantragt. Darüber gibt es Förderungen beim schulischen Mittagessen, bei Nachhilfe, Schulausflügen und bei der Mitgliedschaft in Vereinen. „Es wird immer einen Prozentsatz von Eltern geben, die solche Förderung nicht beantragen“, sagt Rietz. Das habe inzwischen selbst Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erkannt. Deswegen sollte auch das Antragsverfahren vereinfacht werden. In Berlin haben rund 200 000 Kinder und Jugendliche Anspruch auf diese Leistungen.

Unterdessen werden bereits seit 2008 in Berlin auch mit Bundesmitteln mehr Betreuungsmöglichkeiten für Unter-Dreijährige geschaffen. Bis 2013 sollen so 4000 Kleinkinder zusätzlich einen Platz in einer Kita finden können. Dabei liegt Berlin in dieser Altersgruppe weit über dem Bundesdurchschnitt. Hier werden rund 43 Prozent der Kinder in einer Kita oder Tagespflegeeinrichtung betreut.

Allerdings werden in Berlin nach der Bedarfsplanung des Senats bis 2015 für Kinder bis zum Schulstart 19 000 weitere Plätze benötigt. Nach den Vorstellungen der Bildungsverwaltung sollen 8000 davon mit freien Trägern und Bezirken geschaffen werden, in dem zwar genehmigte, bisher aber nicht angebotene Plätze aktiviert werden. Woher die Mittel für den Ausbau der weiteren 11 000 Kitaplätze kommen sollen, müsse der neue Senat entscheiden. Derzeit besuchen rund 120 000 Jungen und Mädchen eine Kita.

Ein weiteres Problem ist inzwischen auch, dass Erzieher fehlen. Nach Angaben der Verwaltung wurden deswegen in den vergangenen fünf Jahren die Ausbildungskapazitäten fast um 50 Prozent erhöht. In neu gegründeten Fachschulen in privater Trägerschaft wird auch eine berufsbegleitende Teilzeitausbildung angeboten. Außerdem wurden die Möglichkeiten für einen Quereinstieg in den Erzieherberuf erweitert.

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