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Die Popkicker-Party von Jurassica Parka – eines der Events im Neuköllner Club Schwuz.

© G. Woller/promo

Update

Studie der Clubcommission: Berlin zog 2018 drei Millionen "Club-Touristen" an

Sie sind Teil der Stadt, doch von Verdrängung bedroht: Die Zukunft der Clubs war Thema einer Diskussion im Schwuz – und auch ihre wirtschaftliche Bedeutung.

Die Clubkultur gehört mittlerweile genauso zu Berlin wie das Brandenburger Tor oder die Currywurst. Wer als Tourist in die Stadt kommt, tut das nicht selten, um einmal sein Glück vor dem Berghain oder dem Kater Blau zu versuchen, einmal dem strengen Blick der zum Teil weltberühmten Türsteher standzuhalten und mit einem fast zärtlich gebrummten „viel Spaß“ Eintritt zu erhalten in diese spezielle Welt.

Zahlreiche New-York-Times-Artikel, Serien wie „Beat“ oder der aktuelle Berlinale-Film „Berlin Bouncer“ erzählen vom Mythos der Berliner Clubkultur. Doch das Nachtleben bietet nicht nur Stoff für Geschichten rund um Absturz und Ekstase, sondern hat auch einige positive Auswirkungen auf den Rest der Stadt – kulturell wie wirtschaftlich.

Unter anderem darum ging es am Dienstagabend im Neuköllner Szeneclub Schwuz, in den die Berliner Clubcommission zu ihrer Jahresauftaktveranstaltung geladen hatte. Dort stellte der Verein, der sich für die Belange der Berliner Clubbetreiber und gegen die Verdrängung von Clubs einsetzt, die eigens in Auftrag gegebene Studie „Clubkultur Berlin 2019“ vor. Im Anschluss diskutierten die neue Vorsitzende Pamela Schobeß und Pressesprecher Lutz Leichsenring mit Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) und dem Staatssekretär für Wirtschaft, Christian Rickerts (für die Grünen im Senat).

Der Studie zufolge kamen 2018 drei Millionen „Club-Touristen“ nach Berlin. Damit sind Menschen gemeint, die in erster Linie des Nachtlebens wegen in die Stadt reisten. Sie gaben im Schnitt 204 Euro pro Tag aus und standen, so die Studie, für einen Gesamtumsatz von 1,48 Milliarden Euro – in den Clubs, aber auch als Ausstrahlungseffekt in Hotels, Taxis oder Restaurants. Außerdem boten Berliner Clubs und Veranstalter 2018 insgesamt 9040 Menschen direkt Arbeit, etwa als Türsteher, Barkeeper oder Garderoben-Personal.

Leichsenring betonte bei der Podiumsdiskussion, der Verein wolle zeigen, dass Clubkultur nicht dazu diene, den Gewinn der Betreiber zu maximieren. Vielmehr profitiere ganz Berlin davon. Auch Lederer sieht die Clubkultur als besonders schützenswert an. „Wir haben hier in Berlin noch viele Orte, die ziemlich einmalig sind“, sagte er.

„Gute Dinge entstehen, wenn man miteinander redet“

Auch um den Schallschutzfonds ging es, eine der großen Errungenschaften der Clubcommission. „Hier zeigt sich, was für gute Dinge entstehen können, wenn man miteinander redet und Clubbetreiber und Senat zusammenarbeiten“, sagte die Vorsitzende Schobeß. Für den Fonds stellte der Berliner Senat eine Million Euro zur Verfügung, Clubbetreiber können seit Ende November eine Förderung beantragen, um in ihrem Club besseren Schallschutz zu installieren. Wohnen und Feiern sollen dadurch besser mit- und nebeneinander funktionieren. Der Bedarf sei riesig, sagte Schobeß, das Geld sinnvoll investiert worden. „Die Clubkultur wird geschützt, indem die Anwohner vor dem Lärm geschützt werden“, sagte sie.

Für die Verdrängung von Clubs aus dem Innenstadtbereich sind aber nicht nur Lärmbeschwerden verantwortlich, sondern auch Investoren, steigende Mietpreise oder auslaufende Mietverträge, kurz: Gentrifizierung. Dass die Clubs selbst Gentrifizierungstreiber sind, weil sie durch ihr kreatives Potenzial neue Kieze attraktiv machen, könnte man Ironie des Schicksals nennen. Für Lederer ist aber klar: „Das Problem ist die Kapitalverwertung, nicht die Kreativität in den Kiezen.“

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