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Ferat Kocak (Die Linke) spricht bei einer Demonstration anlässlich der Sitzung des Untersuchungsausschusses vor dem Berliner Abgeordnetenhaus.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Update

Berliner Polizist soll Dienstgeheimnisse weitergegeben haben: Jetzt steht der Neukölln-Ausschuss vor einem Problem

Gegen einen früheren Kontaktbeamten der „OG Rex“ wird wegen Geheimnisverrat ermittelt. Das beeinflusst auch den Ausschuss im Abgeordnetenhaus, der just diesen Beamten am Freitag befragen will.

| Update:

Die Ermittlungen gegen einen Polizeibeamten, der mit den rechten Anschlägen in Neukölln befasst war, haben auch Auswirkungen auf den Untersuchungsausschuss zu der Tatenserie. Nach Tagesspiegel-Informationen soll am Freitag eben jener Beamte, Norbert M., im Ausschuss vernommen werden, den die Behörden verdächtigen, Dienstgeheimnisse weitergegeben zu haben. Diese könnten laut Generalstaatsanwaltschaft womöglich auch an rechte Kreise gelangt sein.

Laut einer Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft wurden am Mittwoch insgesamt drei Durchsuchungsbeschlüsse an sieben Orten vollstreckt. Auch die Wohnorte von zwei Zeugen wurden demnach durchsucht. Dabei wurden laut Mitteilung Handys und weitere Datenträger beschlagnahmt. Ob es sich bei den durchsuchten Zeugen um die beiden anderen früheren OG Rex-Beamten handelte, blieb unklar.

Der Ausschussvorsitzende Vasili Franco (Grüne) sagte dem Tagesspiegel, dass der Ausschuss morgen stattfinde. „Unklar ist zum jetzigen Zeitpunkt, inwiefern ein direkter Zusammenhang zur Straftatenserie besteht“, so Franco weiter. Nach Tagesspiegel-Informationen wird M. morgen wie geplant von dem Ausschuss vernommen.

Die OG Rex war bei dem für den Neuköllner Süden zuständigen Polizeiabschnitt angesiedelt und ab dem Frühjahr 2017 unter anderem in der rechten Anschlagsserie im Bezirk tätig. Die drei Dienstkräfte leisteten vor allem Netzwerkarbeit, waren also mit Initiativen und engagierten Menschen in Kontakt und begleiteten auch Demonstrationen. Nach Tagesspiegel-Informationen ist M. nach wie vor auf der Rudower Dienststelle tätig, aber aktuell mit anderen Aufgaben betraut.

Offenbar versuchte der Beamte, einen Informanten anzuwerben

Laut Recherchen der „Welt“ soll Norbert M. allerdings nicht mit Rechten in Kontakt getreten sein, sondern im Gegenteil versucht haben, selbst einen Informanten anzuwerben. Demnach habe der Beamte offenbar versucht, die Rechten unbedingt zu überführen und sei dabei über das Ziel hinaus geschossen. Die Kontaktperson, die M. mit Interna versorgte, soll allerdings selbst nur vorgetäuscht haben, Neonazi zu sein. Vielmehr stamme die Person aus dem linken Spektrum und habe selbst versucht, den „Gegner“ zu infiltrieren.

Der verdächtige Beamte war neben der OG Rex zuvor auch in der sogenannten EG Rex eingesetzt, die die gleichen Aufgaben wahrnahm. Sein Team-Kollege aus der EG Rex, Stefan K., sollte ursprünglich auch angehört werden. Stefan K., der selbst in Rassismus-Verdacht geraten war, hat sich allerdings nach Angaben von Franco krank gemeldet.

Der Beamte Stefan K. wurde rechtskräftig wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, weil er im Frühjahr 2017 – nach Auflösung der EG Rex – einen Geflüchteten aus rassistischen Motiven verprügelt hatte. Der Geflüchtete, ein Afghane, wurde später abgeschoben und konnte auch an dem entsprechenden Prozess nicht teilnehmen.

Einer der Betroffenen der Anschlagsserie ist der Linken-Politiker Ferat Kocak. „Wem kann ich noch vertrauen, wenn sogar die für unseren Schutz und die Ermittlungen gegen Rechtsextremismus in Neukölln besonders ausgewählten Beamt:innen ganz konkret eine Gefahr für uns Betroffene der Anschlagsserie und unsere Familien darstellen? Unsere Angst beschränkt sich nicht nur auf die Nazis, die diese Anschläge umgesetzt haben, sondern auch auf die Behörden, die uns nicht schützen.“ Zugleich forderte Kocak verstärkte Untersuchungen zu Verbindungen zwischen Neonazis und Behörden.

Der Abgeordnete André Schulze, der für die Grünen-Fraktion im Untersuchungsausschuss sitzt, kommentierte: „Einmal mehr befördern diese Ermittlungen das Misstrauen in die Berliner Polizei. Betroffene und die Zivilgesellschaft haben seit Jahren genau davor gewarnt. Der erneute Verdacht, dass die Täter der rechtsextremen Anschlagsserie aus den Sicherheitsbehörden gewarnt wurden, wird so immer wieder genährt.“ Die aktuellen Ermittlungen würden zeigen, wie wichtig die Arbeit des Untersuchungsausschusses sei, so Schulze weiter.

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