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Diese Kantine besticht durch einen aufgeräumten Eindruck.

© Bernd Matthies

Der Kantinen-Check: Wo Juristen auch mal essen

Im Gerichtsgebäude in der Kirchstraße gibt es ein knappes Angebot deftiger Gerichte – aber die Konkurrenz in der Nähe ist stark.

Eine Kolumne von Bernd Matthies

Die deutsche Justiz hat viele Grundprinzipien. Eins der wichtigeren ist zweifellos die konsequente Einhaltung der Mittagspause durch alle Instanzen. Deshalb hat jedes ordentliche Gericht eine Kantine, doch nur die wenigsten sind öffentlich zugänglich. Die Moabiter „Spreekantine“, tatsächlich nur ein paar Schritte von der Spree entfernt, macht da eine Ausnahme: Sie ist Teil des modernen Gerichtsgebäudes in der Kirchstraße und kann direkt von der Straße betreten werden, offen auch für juristische Laien und andere Menschen, die jeder Auseinandersetzung aus dem Weg gehen.

Drinnen: Typisch Kantine. Aufgeräumt, aber eben so, wie sich Architekten eine Kantine leider vorstellen. Das Menü mit täglich vier Positionen steht kleingedruckt auf einem Zettel. Die Currywurst mit Pommes (4,90/5,50 Euro) ist offenbar täglich zu haben, es gibt immer einen Gemüsegang (6,50/7 Euro) und ein teureres Aktionsgericht mit Fleisch um zehn Euro; ein neckisches Schweinesymbol warnt Andersgläubige.

Die Kühlvitrine gähnt leer und unbenutzt

Überraschend: Die Kühlflächen, in denen Platz für Salate, Desserts oder andere Zugaben wäre, gähnen leer und unbenutzt. Das wirkt sehr eingeschränkt, und alle Gerichte ruhen, unsichtbar gedeckelt, in Edelstahl, eine Vorschau wird nicht gegeben. Auf dem Teller wirkt das Essen optisch nicht gerade attraktiv, nicht mal ein Fitzelchen Grünes ist zu sehen. Aber der Geschmack ist in Ordnung: Das Szegediner Gulasch vom Schwein mit Sauerkraut, Paprika und anständigen Kartoffeln ist zwar schon ein wenig zerkocht, aber Würze und Fleischqualität stimmen.

Das Gleiche lässt sich über die Pasta mit Gemüse sagen: In einer kräftigen, nach Thymian duftenden Tomatensauce liegen sehr weiche Stücke von Zucchini, Paprika, Auberginen und Champignons, die gern mehr Biss haben dürften, aber der Geschmack stimmt auch hier. Die Currywurst haben wir nicht probiert, aber einen Klacks vom hauseigenen „Spezialketchup“ – der ist prima.

Szegediner Gulasch gibt dem Nachmittag eine neue Grundlage.
Szegediner Gulasch gibt dem Nachmittag eine neue Grundlage.

© Bernd Matthies

Das Problem dieser Kantine ist also nicht die Speisequalität, sondern das extrem reduzierte Angebot ohne irgendwelche Extras. Und das führt uns zum Hauptproblem: In der Kirchstraße liegt ein Restaurant neben dem anderen, meist asiatisch ausgerichtet, aber auch ein offenbar recht beliebter Italiener ist nur ein paar Schritte entfernt, Kellner wuseln, es ist voll und gemütlich.

Und fast all diese Restaurants haben ein Mittagsangebot, das preislich zwar ein bisschen höher liegt, aber für Organe der Rechtspflege und ihre Kontaktpersonen finanziell durchaus erreichbar sein dürfte. Weshalb also sollte man die doch etwas triste Atmosphäre der Kantine vorziehen? Es scheint, dass hier ein grundsätzliches Umdenken nötig ist.

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