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Gedruckte Passfotos aus dem Automaten oder vom Fotografen an der Ecke können bald nicht mehr für Passdokumente verwendet werden.

© IMAGO/Bihlmayerfotografie/imago

Neues Verfahren für Ausweise und Pässe: Bürgerämter nehmen keine gedruckten Passfotos mehr an

Künftig können neue Ausweise und Reisepässe nur noch mit digitalen Fotos beantragt werden. Aufgenommen wird das Porträt für sechs Euro in (fast) allen Bürgerämtern. Betreiber von Fotoautomaten sind raus aus dem Geschäft.

Stand:

Ob der Fotoautomat im Bürgeramt funktioniert? Gibt es dort überhaupt einen? Ich brauchte vor einigen Wochen einen neuen Pass plus Personalausweis und ging ins nächstbeste Fotostudio. Nach einigen Minuten war ich an der Reihe, nahm meine Brille ab, besser ohne, dachte ich mir, wegen der Biometrie. Die Augen erscheinen hinter meinen dicken Gläsern deutlich kleiner.

Der Fotograf hat nur gelacht, „ist egal“. Aber was ist, wenn die Sachbearbeiter auf dem Bürgeramt den Kopf schütteln und ein anderes Foto verlangen, mit Brille? Den nächsten Temin bekomme ich erst, wenn der Perso längst abgelaufen ist.

Solche Ängste sind künftig unbegründet. Deutschland wird wieder ein wenig digitaler und schließt ein paar analoge Lücken. Den elektronisch lesbaren Personalausweis mit biometrischem Foto gibt es schon länger, auf dem Weg dahin erleidet der Antragsteller aber noch einige eklatante Medienbrüche.

So nehmen Fotostudios oder -automaten zwar digitale Fotos auf, drucken sie anschließend aber aus. Der Bürger geht damit aufs Amt, wo sie dann wieder eingescannt werden, um sie auf elektronischem Weg zur Bundesdruckerei zu schicken.

28.000
Personalausweise und Reisepässe werden monatlich in Berlin beantragt.

Damit ist es ab 2. Mai vorbei, bundesweit werden dann keine gedruckten Passbilder mehr akzeptiert. In der Branche der Fotostudio-Betreiber unken viele zwar, dass die neue Passbild-Ära mit einem großen Knall beginnen wird, weil die neue Übertragungssoftware nicht funktioniert, aber die für Digitales zuständige Berliner Senatskanzlei bleibt zuversichtlich:

In Fotoautomaten werden oft Spaßbilder gemacht. Bislang konnte man sich dort auch für das Amt abbilden lassen, aber das ist vorbei.

© imago/Manfred Segerer/imago/Manfred Segerer

„An den meisten Bürgeramtsstandorten ist die Technik zum Stichtag verfügbar beziehungsweise einsatzbereit. Aufgrund sehr kurzfristiger beziehungsweise verschobener Liefertermine kann es vereinzelt zu einer leicht verzögerten Bereitstellung der Selbstbedienungsterminals kommen.“

Soso. Besser also vorher informieren, ob im gewünschten Bürgeramt schon alles rund läuft. Wenn nicht, ist es ratsam, zu einem zertifizierten Fotostudio zu gehen, das schon eine entsprechende Software installiert hat (siehe Infokasten). Die Preise für Passfotos sollten dabei eher niedriger ausfallen als bisher, weil das Ausdrucken wegfällt.

Was genau ändert sich? In den Bürgerämtern gibt es wie bisher Fotoautomaten, die Fotos werden aber nicht mehr ausgedruckt. Das Passfoto kostet auf den Ämtern einheitlich sechs Euro. Die Drogeriekette dm, die schon für das neue Verfahren zertifiziert ist, bietet die Fotos für fünf Cent weniger an, sogar mit Gratis-Papierausdruck.

In den Fotostudios oder bei dm bekommen die Kunden kein Foto mehr in die Hand gedrückt, sondern nur noch eine Art QR-Code, damit gehen sie ins Bürgeramt, wo der Sachbearbeiter den Code einscannt und das Foto in der Cloud mit der richtigen Person verknüpft. Die Bundesdruckerei stellt anschließend den Ausweis her.

Passfoto wird nicht mehr ausgehändigt

Das neue Verfahren soll nicht nur Medienbrüche verhindern, sondern vor allem fälschungssicher sein. Bisher war es möglich, Fotos zu manipulieren, sodass mehrere Personen sie nutzen konnten. Mit dem neuen Verfahren bekommt der Antragsteller das Passfoto nicht mehr ausgehändigt. Es wird direkt im Bürgeramt oder einem angeschlossenen Fotostudio in eine sichere Cloud geladen.

Die Reform soll die Bürgerämter entlasten, weil das Prüfen der Papierfotos wegfällt. Immerhin werden in Berlin monatlich im Durchschnitt 28.000 Personalausweise und ebenso viele Reisepässe beantragt.

Die Personalausweise sollen mit dem neuen Passbild-Verfahren noch fälschungssicherer werden.

© picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Auch die Ausländerbehörden, die Aufenthalts-Dokumente für Migranten ausstellen, sollen mit der neuen Technik ausgestattet werden. Führerscheine sind vorerst ausgenommen, können also weiterhin mit Papierfotos beantragt werden.

Neu ist ab dem 2. Mai auch die Möglichkeit, den neuen Personalausweis mit der Post zuschicken zu lassen, statt ihn persönlich im Bürgeramt abzuholen. Das kostet allerdings zusätzlich 15 Euro.

Weil in Deutschland nichts rechtzeitig fertig wird, hat das Bundesinnenministerium eine Übergangsfrist bis Ende Juli eingeräumt. Solange dürfen die Bürgerämter in begründeten Ausnahmefällen – etwa, wenn sie noch kein Selbstbedienungsterminal anbieten können – weiterhin gedruckte Fotos akzeptieren. Auch wer im April schon biometrische Fotos hat ausdrucken lassen, kann damit seinen neuen Pass beantragen.

Fotostudios fürchten Umsatzeinbußen

In der Fotografen-Branche reagieren viele Akteure ernüchtert oder gar frustriert auf die Neuerung. Die Übertragungssoftware plus Zertifikat kosten Geld. Wer sich noch ein automatisches Terminal hinstellen möchte, muss mit einer vierstelligen Summe rechnen.

Schwerer wiegt allerdings die Furcht, dass noch mehr Kunden direkt aufs Bürgeramt gehen, ohne den Umweg zu einem zertifizierten Fotostudio. Passbilder seien für viele der Anlass überhaupt mal zum Profi-Fotografen zu gehen, sagt Matthias Walther vom Fotostudio Berlin. „Uns nimmt man das Entrée weg, das ist eine Sauerei. Der Branche geht es ohnehin schon schlecht.“

Andere Kollegen wollen erstmal abwarten, wie das neue Verfahren funktioniert. „Im Moment gibt es ein großes Durcheinander“, meint ein Studiobetreiber, der nicht zitiert werden möchte. Er wartet schon seit Wochen auf die neue Übertragungssoftware. Passfotos seien ein wichtiger Umsatzbringer.

Ganz raus aus dem Geschäft sind Betreiber von Fotoautomaten wie Fotofix, erklärt Thilo Röhrig von der Ringfoto GmbH, die das Cloud-Verfahren für die Fotostudios organisiert. Das liege vor allem daran, dass die Automaten die „physische Identifikation“ nicht leisten könnten, also nicht kontrollieren können, ob ein Mensch vor ihnen sitzt oder vielleicht nur eine Wachsfigur.

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