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Die Rolling Stones, hier bei ihrem Konzert in der Berliner Waldbühne im August 2022, dürften kein Problem haben, sich einen Pflegeheimplatz zu leisten. Nötig haben sie ihn noch nicht.

© REUTERS/Lisi Niesner

Zu wenige Wohnungen für Senioren: Man bekommt nicht immer, was man will

Die Zuschüsse sind zu gering, die Zahl der Pflegeheimplätze zu niedrig. Die Devise muss sein: bauen, bauen, bauen.

Ein Kommentar von Reinhart Bünger

Man kann nicht immer alles bekommen, was man will. „You can’t always get what you want“, sangen die Rolling Stones anno 1968. Jeder Vers des Songs fängt die Essenz des anfänglichen Optimismus und schließlich der Desillusionierung ein, gefolgt vom resignierten Pragmatismus. Eine weise Vorausschau, in vielerlei Hinsicht. Der Song erschien auf der 1969 veröffentlichten LP „Let it bleed“. Was für ein passender Titel!

Babyboomern wird nämlich schwindlig bei dem Gedanken, dass sie einmal wackelig, gar pflegebedürftig werden könnten. Wie denn, wo denn, was denn? Und wohin denn nur, wohin? Die Angelegenheit hat zwei Dimensionen: Es geht um Betreuungsstrukturen – hier fehlen Pflegekräfte. Und es geht um Wohnstrukturen – hier fehlen altersgerechter Wohnraum und Pflegeplätze. Wer ausreichend Geld zur Verfügung hat, muss nicht bluten. In der Luxusklasse reiste es sich stets etwas entspannter. Und die anderen?

In Berlin und in Brandenburg steigen die finanziellen Zuwendungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz für pflegebedürftige Menschen rasant: In Berlin bis Ende 2021 verglichen mit 2019 um etwa 17 Prozent auf 185.000. In Brandenburg lag die Steigerung bei etwa zwanzig Prozent. Etwa jeder vierte Bewohner eines Pflegeheims in Brandenburg ist auf Sozialhilfe angewiesen, sagen die Statistiker. Die Kosten für die Heimbewohner sind im Schnitt höher als die durchschnittlichen Renten. Die Eigenanteile für Pflegeheimplätze sind in diesem Jahr 21 Prozent höher als 2021, sagt die AOK.

Reinhart Bünger ist langjähriger Immobilienexperte des Tagesspiegels.

© Nassim Rad/Tagesspiegel

Und die Welle läuft erst auf. Die ab Mitte der Fünfziger- bis Mitte der Sechzigerjahre Geborenen gehen sukzessive in Rente. Mit ihnen sind die Senioren- und Pflegeheime in die Jahre gekommen. Viel Geld für die klimagerechte Sanierung gibt der Staat ihnen nicht. Sie sind so reparaturbedürftig wie ihre Bewohner.

„But if you try sometimes you just might find“

Bauen, bauen, bauen muss also auch hier die Devise sein: Länder wie Berlin müssen bei Bebauungsplanvorhaben auch an die Pflegedürftigen denken und Quoten vorschreiben. Und der Staat muss die Höchstsätze heraufsetzen. In Berlin liegen diese derzeit bei 478 Euro pro Monat.

Erst dann kommt das gute Ende. „Aber wenn du es manchmal versuchst / / du könntest einfach finden / / du bekommst, was du brauchst.“ So singt der Chor der Engel bei den Stones im Refrain. „Aber wenn du’s irgendwann versuchst, findest du es vielleicht heraus // Du bekommst, was du brauchst.“

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