zum Hauptinhalt
„Nyimas Bantaba“ schafft einen Ort für Migration und Frauenpower.

© Christian Marquardt für den Tagesspiegel

Silvio-Meier-Preisträger in Berlin-Kreuzberg: „Dieser Preis ist für alle Geflüchteten und von Rassismus Betroffenen“

Nyima Jadama und der Verein Peace Train wurden vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg für herausragendes Engagement gegen Rassismus und Diskriminierung geehrt. Hier stellen wir sie vor.

Sie hat eine Plattform für geflüchtete Menschen geschaffen, wo sie selbst zu Wort kommen und über die eigene Sicht der Dinge und Probleme sprechen können: „Nyimas Bantaba“ heißt die monatliche Fernsehserie von Nyima Jadama beim Sender Alex Berlin.

Die 30-jährige Journalistin flüchtete 2015 aus Gambia nach Deutschland, weil sie zum Thema Frauenrechte recherchierte und deswegen politisch verfolgt wurde. Jetzt wurde ihr am 13. Juli von Friedrichshain-Kreuzberg der Silvio-Meier-Preis verliehen.

Mit dem Preis zeichnet der Bezirk Menschen aus, die sich gegen Rassismus und Diskriminierung engagieren. Benannt ist er nach Silvio Meier, der in der Friedens- und Menschenrechtsbewegung der DDR aktiv war und sich gegen Rechtsextremismus engagierte. 1992 wurde Meier von Neonazis in Friedrichshain erstochen.

Nyima Jadama ist die Preisträgerin des Silvio-Meier-Preises 2023.

© Christian Marquardt für den Tagesspiegel

Jadama gewinnt diesen Preis, weil sie sich „sowohl beruflich als auch ehrenamtlich in herausragender Weise gegen Rassismus und Diskriminierung und für Schwarze Menschen auf der Flucht engagiert“, ist in einer Mitteilung des Bezirksamtes zu lesen.

Was bedeutet „Bantaba“?

Neben ihrer Fernsehsendung bei Alex Berlin startete Jadama 2022 auch das „Kids Bantaba“ im Yaam-Club, um Kindern die Kultur aus westafrikanischen Ländern zugänglich zu machen. Das Ziel sei, erklärt Jadama, dass die Kinder über Medien-, Mode- und Musik-Workshops oder über gemeinsames Essen in einen Austausch über deutsche und westafrikanische Kulturen treten.

Hinter „Nyimas Bantaba“-Formaten steckt eine ganz eigene Geschichte. Ein bisschen ist es auch die Geschichte der engagierten Preisträgerin, die flüchten und einen neuen Weg finden musste.

Die Talk-Show „Nyimas Bantaba“ wird ein Mal im Monat bei ALEX Berlin produziert. 

© Christian Marquardt für den Tagesspiegel

Das Wort „Bantaba“ sei in Gambia ein geläufiges Wort. Jadama erklärt es so: „Bantaba ist ein großer Baum, unter dem sich Menschen versammeln und über die Anliegen der Gesellschaft zu sprechen.“ Es ist also der Treffpunkt schlechthin, um Neuigkeiten zu erfahren.

„Es ist auch ein sicherer Ort, wo man seine Meinung äußern kann, ohne sich Gedanken zu machen, welche Nachteile es haben kann“, sagt Jadama. Die Situation, in der freie Meinungsäußerung nicht möglich ist, kennt sie als Exiljournalistin von der Diktatur in Gambia.

In ihrer „Bantaba“-Fernsehsendung und im gleichnamigen neuen Podcast spricht sie mit ihren Gäst:innen etwa über Migration, Kultur und Frauen-Empowerment. In der Sendung wurde etwa die Kiron Open Higher University vorgestellt, eine Online-Lernplattform mit dem Ziel, bestehende Barrieren für geflüchtete Menschen auf dem Weg zur Hochschulbildung abzubauen.

Netzwerk für geflüchtete Journalist:innen

Solche Barrieren möchte Jadama auch über ihre monatlich stattfindende „Bantaba-Academy“ abbauen. Dabei geht es darum, wie Geflüchtete mit journalistischem Hintergrund in Deutschland in diesem Bereich weiter arbeiten können. „Die Idee kam von meinen eigenen anstrengenden Erfahrungen als geflüchtete Journalistin“, sagt sie.

Bis Nyima Jadama in Deutschland wieder als Journalistin arbeiten konnte, dauerte es. Über diese Barrieren können sich geflüchtete Journalist:innen auch in ihrem Workshop „Bantaba-Academy“ austauschen.

© Christian Marquardt für den Tagesspiegel

Die Ankunft und der Wiedereinstieg in den Journalismus war für Jadama nicht einfach. Im baden-württembergischen Lörrach habe sie keinen Weg finden können, weiter journalistisch zu arbeiten. Doch dann konnte sie in Freiburg bei der mehrsprachigen Radioredaktion „Our voice“ mitmachen. Von dort aus bewarb sie sich für ein Integrationsvolontariat bei Alex Berlin – und setzte sich gegen die anderen Bewerber:innen durch.

Für einen ihrer Beiträge hatte sie sich 2019, kurz nach ihrer Ankunft in Berlin, auf die Suche nach der gambischen Küche gemacht, die sie sehr vermisste. Unter anderem wurde sie fündig im Görlitzer Park, wo „viele Gambier ihre Zeit verbringen (womit sie das tun, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst)“, schreibt sie im taz-Text. Eine ihrer Recherche-Fragen war auch, wie Männer, die in Gambia mit Küchen-, Haushalts- und Erziehungsarbeiten nichts zu tun haben, in Berlin zurechtkommen. Jadama merkte bei ihren Recherchen, dass der Görli auch „ein gefährlicher Ort wegen Drogen“ sein kann. Sie fand aber auch einen Protagonisten, der lieber Reis als Drogen verkauft.

Nach dem Volontariat war Jadama wegen Corona arbeitslos, erzählt sie. Und fing als „Social Facility Managerin“ für Gangway an, einem Verein, der in Berlin Straßensozialarbeit für Kinder und Erwachsene betreibt. Außerdem organisierte Jadama das Musikfestival „Görli Jam“ im Görlitzer Park mit.

Seit 2021 ist Jadama die erste Beraterin mit eigener Fluchterfahrung für die deutsche Regierung beim “High Level Official Meeting (HLOM)” in Genf. Als Aktivistin engagiert sie sich zudem bei der Global Refugee Led Network und ist Vorstandsmitglied bei der European Coaliation of Migrants and Refugee.

Was denkt sie zum Preis? Ausgezeichnet zu werden, habe Jadama überhaupt nicht erwartet. „Wenn ich etwas mache, dann aus vollem Herzen“, sagt sie zu ihrem Engagement und freut sich, dass es von anderen anerkannt wird. „Dieser Preis ist eigentlich nicht für mich, sondern für die Leute, für die ich kämpfe: alle Geflüchteten und von Rassismus betroffenen Leute.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false