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Michael Biel, Foto: Promo

© promo

Staatssekretär auf den Spuren Schönebergs: „Der Regenbogenkiez ist ein Schatz“

Wenn der Sozialdemokrat Michael Biel durch Schöneberg führt, steht nicht seine Partei im Mittelpunkt, sondern die Geschichte des Kiezes. Um aktuelle Politik geht’s da nur am Rande.

Mit Schöneberger und Berliner Geschichte kennt sich Michael Biel aus; schon lange gilt das Interesse des Sozialdemokraten der Stadthistorie. In seinen Regalen finden sich etliche Bücher dazu. Und an seinem Wissen lässt der Sozialdemokrat gerne andere teilhaben, er veranstaltet ungefähr alle drei Monate Kieztouren durch den Bezirk. Der Stadtgeschichte widmet sich der 42-Jährige neben seinem politischen Amt: Seit Ende 2021 ist Biel Wirtschaftsstaatssekretär, er gehörte nach der Wiederholungswahl zu den Befürwortern einer Koalition mit der CDU.

Die Idee zu den Touren kam Biel während der Coronazeit, als Kontaktbeschränkungen gemeinsame Aktivitäten unmöglich machten. Er kam auf die Idee einer historischen Online-Kieztour, erst einmal für seine Genossen. Als es dann wieder rausging, öffnete er diese Stadtspaziergänge für die Schöneberger. Im Kiez wird mit Flyern für die Tour geworben. Das Interesse ist gut. In der Regel kamen bisher zwischen 30 und 60 Menschen in allen Altersgruppen.

Die Politik steht dabei nicht im Vordergrund, sondern die Geschichte des Kiezes, seiner Bewohner, seiner Gebäude. „Aber natürlich kann auch über Aktuelles gesprochen werden“, sagt Biel. Das gehöre ja mit dazu. Über Probleme der Menschen, über Verkehrsplanung wie Kiezblocks, über „alles, was im Kiez wichtig ist“. Aber nach einem Exkurs über diese Themen steht dann wieder die Geschichte im Mittelpunkt.

Treffpunkt am Goldenen Hirsch

Treffpunkt für eine solche Tour ist beispielsweise der Goldene Hirsch im Rudolph-Wilde-Park. Schon über das benachbarte Rathaus Schöneberg lässt sich eine Menge erzählen, auch dass es einen Vorläufer am einstigen Kaiser-Wilhelm-Platz, dem heutigen Richard-von-Weizsäcker-Platz gab. In unmittelbarer Nähe des Rathauses in der Dominicusstraße ist auch die Senatsverwaltung für Wirtschaft zu finden, Biels Arbeitsplatz. Einst saß die österreichisch-ungarische Mineralölgesellschaft Olex in dem Gebäude. Vor dem Haus war früher eine der ersten Tankstellen mit mehreren Zapfsäulen. Das zweite Stockwerk war der Sitz der Verkaufsabteilung – mit Holzverkleidung edel ausgestattet. Weiter geht’s zur alten Dorfkirche, dem letzten noch erhaltenen Gebäude vom alten Schöneberger Dorf, bis zum Euref.

Eine andere Tour führt zur Roten Insel. „Da wird es natürlich politischer“, sagt Biel. Auch sozialdemokratischer. Der Kiez spielt in der Arbeiterbewegung eine wichtige Rolle. August Bebel, einer der Gründerväter der Sozialdemokratie, lebte zunächst nördlich der Roten Insel; später wohnte er bis 1913 in der Hauptstraße 97, nahe dem Innsbrucker Platz. Das Bayerische Viertel mit seinem einst vielfältigen jüdischen Leben ist ebenfalls Thema einer Kieztour.

Biel, der selber aus Mecklenburg-Vorpommern stammt, hat auch schon mal für seine westdeutsche Verwandtschaft eine private Tour rund um die Karl-Marx-Allee unternommen, damit diese etwas über die Relikte der DDR-Zeit erfährt. „Mir macht das einfach Spaß“, sagt Biel, der vom Studium her Politikwissenschaftler ist. „Mit einem großen Herz für Berlin“, wie er sagt. Als er nach Berlin kam, sei er ganz bewusst nach Schöneberg gezogen. Als schwuler Mann habe ihn das Freiheitsgefühl des Regenbogenkiezes angezogen. Biel lebt mitten in Schöneberg – mit Mann und Hund. Und die Familie will wachsen, die Männer haben jetzt den langwierigen Prozess für eine Adoption gestartet.

Der Regenbogenkiez kommt natürlich auch bei den Touren vor. Für Biel ist er aber nicht nur auf die Gegend um Fugger- und Motzstraße begrenzt, sondern geht weiter. Der Berliner queere Kiez sei viel älter als vergleichbare Orte in anderen internationalen Städten wie die Christopher Street in New York oder die Castro Street in San Francisco, die dort dem ganzen Viertel den Namen gibt.

„Der Regenbogenkiez ist ein Schatz, den wir da haben“, sagt Biel. Leider sei er auch in Teilen in Gefahr durch die Entwicklung der Gewerbemieten. „Wenn eine queere Bar auszieht, ist nicht sicher, dass wieder eine queere Bar einzieht.“ Als Sozialdemokrat kämpft er natürlich für eine Änderung des Gewerbemietrechts. „Das liegt in der DNA der SPD“, sagt Biel. Aber es ist kompliziert; es ist Bundesrecht. Derzeit blockiere auf Bundesebene die FDP Gesetzesänderungen.

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