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Brandenburg bringt eine Landesbürgschaft ins Parlament ein, um die Flughafenerweiterung zu finanzieren.

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Die nächste BER-Milliarde: Brandenburg bringt Bürgschaft ein

Brandenburg bringt plötzlich eine Landesbürgschaft ins Parlament ein, um die Flughafenerweiterung zu finanzieren - die Opposition läuft Sturm.

Neue Turbulenzen um die Finanzierung des unvollendeten Hauptstadt-Flughafens in Schönefeld: Brandenburgs rot-rote Landesregierung will nun kurzfristig den Weg für die bereits zur geplanten Eröffnung 2017 nötige BER-Soforterweiterung machen. Seinen Anteil will Brandenburg über eine hundertprozentige Landesbürgschaft über 407 Millionen Euro für einen neuen Kredit der Flughafengesellschaft leisten. Am Freitag brachte Finanzminister Christian Görke überraschend eine entsprechende Vorlage in den Landtag ein, am Vorabend übermittelt, was bei der Opposition wegen des Eilverfahrens einen Sturm der Entrüstung auslöste.

Brandenburg ist der erste Flughafengesellschafter, der die nötigen Finanzbeschlüsse für erste BER-Kapazitätserweiterungen fassen will. Das war eigentlich für nächstes Jahr erwartet worden. In Potsdamer Regierungskreisen hieß es, dass Berlin ebenfalls diesen Weg gehen wolle.

Erst die eine Milliarde, nun gleich die nächste: Für den Fertigbau des BER, also die Sanierung des Terminals und den Umbau der Entrauchungsanlage soll die Flughafengesellschaft 2015 bereits von den Eigentümern Brandenburg, Berlin und Bund direkt 1,1 Milliarden Euro erhalten. Die Beschlüsse der drei Parlamente dafür sind noch gefallen. Mit der neuen Vorlage soll im geplanten Doppelhaushalt für 2015/2016 Brandenburg gleich eine einhundertprozentige Landesbürgschaft für die BER-Erweiterung verankert werden.  

„Brandenburg wird seiner Verantwortung für das Vorhaben gerecht“

Die Opposition aus CDU und Grünen warf der Koalition „Trickserei“ und „Überrumplung bei einer Entscheidung dieser Tragweite“ vor, zitierte kurzfristig den amtierenden Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider und Flughafenchef Karsten Mühlenfeld in den Ausschuss, die auch beide kamen. Ausdrücklich behielten sich die Oppositionsfraktionen vor, Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ebenfalls noch in den Ausschuss zu beordern, der am Abend seine erste Auslandsreise nach China antreten wollte.

Görke wies die Vorwürfe zurück. „Brandenburg wird seiner Verantwortung für das Vorhaben gerecht“, sagte Görke dem Tagesspiegel. Mit der Bildung eines neuen Sondervermögens  von 407 Millionen Euro, für die das Land selbst ein Darlehen aufnimmt, finanziere Brandenburg seinen Anteil für die 1,1 Milliarden Euro zum Fertigbau des Flughafens. „Und nun ermöglichen wir die nötigen Soforterweiterungen.“ Dass Brandenburg dies über öffentlich verbürgte Kredite ermöglichen will, könne niemanden überraschen, es sei im Parlament angekündigt worden. Und der Doppelhaushalt für 2015 und 2016 sei nun einmal jetzt im parlamentarischen Verfahren.

Die Kurzfristigkeit begründete Görke  damit, dass die Flughafengesellschaft damit eine Grundlage bekomme, um Verhandlungen mit den Banken beginnen und das aktuell niedrige Zinsniveau ausnutzen zu können. Seit einigen Tagen sorgt das für den BER in den nächsten Jahren benötigte Geld für Aufregung, hatte die Regierungschefs Berlins und Brandenburg, Michael Müller und Dietmar Woidke (beide SPD) in Erklärungsnöte gebracht.

Wirtschaftlichkeit der Flughafengesellschaft wird verzögert

Wie der Tagesspiegel publik machte, hatte das Bundesverkehrsministerium bei der EU-Kommission in Brüssel einen höheren staatlichen Zuschussbedarf für den neuen Flughafen angemeldet, nämlich 2,5 Milliarden Euro. Bekannt war bislang ein Rahmen von 2,2 Milliarden Euro. Öffentliche Aussagen, dass dies ein Alleingang des Bundes war, mussten Müller und Woidke inzwischen revidieren. Die Aufstockung war beiden Regierungen bekannt, ging aus Unterlagen für den BER-Aufsichtsrat hervor, wo Müller Mitglied ist und am 3.Juli den Vorsitz übernehmen will.

Die Differenz von 300 Millionen Euro entsteht, wenn die 1,1 Milliarden Euro für die BER-Erweiterung und den Schuldendienst der Flughafengesellschaft nicht direkt überwiesen, sondern über neue, öffentlich verbürgte Kredite der Flughafengesellschaft aufgebracht werden. Die ist infolge des BER-Fiaskos nicht mehr kreditfähig, weshalb die Bürgschaften nötig sind. Allerdings werden für diese Kredite wieder Zins und Tilgung fällig, was die geplante Wirtschaftlichkeit der Flughafengesellschaft weiter hinauszögert.

700 Millionen sollen nicht benötigt werden

Görke wies darauf hin, dass für den Gesellschafter Brandenburg „die 2,2 Milliarden Euro der Rahmen sind, nicht mehr“. Dies mache man nun mit der Bürgschaft fest. In den 1,1 Milliarden Euro der zweiten BER-Rate sind bislang 700 Millionen Euro für kurzfristige Erweiterungen kalkuliert – der Bau neuer Satelliten ist nicht enthalten – sowie 300 Millionen Euro, damit die Flughafengesellschaft den Schuldendienst für 2,4 Milliarden Euro Altkredite für das Flughafenprojekt bedienen kann.

Görke zeigte sich zuversichtlich, dass für die provisorischen Erweiterungen, um 2017 am bislang lediglich für 27 Millionen Passagiere ausgelegten BER 34 Millionen Passagiere abfertigen zu können, nicht 700 Millionen benötigt werden. 

Im Tagesspiegel-Interview hatte Flughafenchef Karsten Mühlenfeld angekündigt, dass er nicht das Terminal umplanen will, sondern auf Interims-Abfertigungshallen und eine befristete Weiternutzung des alten Schönefelder Flughafens setzt. Aussagen, was das kosten wird, wollte er am Freitag keine treffen. „Wir sind uns noch nicht mit dem Aufsichtsrat einig, in welcher Form wir die Erweiterungen machen“, sagte Mühlenfeld. „Solange kann ich auch keine Zahlen nennen.“

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