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Demonstranten bei einem nicht angemeldetem und sogenanntem "Spaziergang" in Cottbus.

© Frank Hammerschmidt/dpa

Trotz Aufrufen von Rechtsextremen: Brandenburgs Verfassungsschutz sieht keine Radikalisierung bei Corona-Demos

Die Corona-Protesten in Brandenburg seien vor allem bürgerlich geprägt. Gleichzeitig warnt die Behörde aber vor der Einflussnahme Rechtsextremer.

Brandenburgs Verfassungsschutz sieht bei den Versammlungen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen im Bundesland bisher keine nennenswerte Radikalisierung. Die Versammlungen seien überwiegend bürgerlich geprägt, Extremisten seien dort in der absoluten Minderheit, sagte Verfassungsschutzchef Jörg Müller am Mittwoch im Innenausschuss des Landtags in Potsdam.

Wenn weiterhin weniger als ein Prozent der Bürgerinnen und Bürger an solchen Versammlungen teilnehme, könne weder von einer Radikalisierung noch von einer Spaltung der Gesellschaft die Rede sein.

Es gebe jedoch auch Aufrufe von Rechtsextremen zur Teilnahme an den Versammlungen, betonte Müller. Diese Akteure, darunter das Compact-Magazin, würden vom Verfassungsschutz beobachtet. Sorge bereite zudem, dass es zum Teil rechtsextremen Gruppen wie der Kleinstpartei „Der III. Weg“ gelinge, Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme an ihren eigenen Versammlungen zu bewegen.

In Cottbus sei bei den Versammlungen die bereits lange bekannte „Mischszene“ aus Neonazis, Hooligans, Kampfsportlern und anderen aktiv, sagte Müller. Dieses „toxische Gebilde“ versuche, das bürgerliche Milieu zu gemeinsamen Versammlungen zu bringen. Insgesamt bemühten sich Extremisten, die Dynamik zu steuern. Die Regionalisierung und Verteilung der Versammlungen gegen die Corona-Politik auf eine Vielzahl von Orten sei eine Strategie, die in der rechtsextremen Szene propagiert werde.

Dies habe jedoch bisher nicht zu insgesamt steigenden Teilnehmerzahlen geführt. Innenstaatssekretär Uwe Schüler (CDU) betonte, vom 17. bis 23. Dezember seien 94 Versammlungen mit rund 32.500 Beteiligten, vom 24. bis 30. Dezember 97 Versammlungen mit rund 22.700 Teilnehmern und vom 31. Dezember bis 4. Januar 95 Versammlungen mit rund 24.500 Beteiligten erfasst worden. Schwerpunkt sei jeweils der Montag.

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Die Zahl nicht angemeldeter Versammlungen habe dabei „sprunghaft“ zugenommen, sagte Schüler. Solche sogenannten Spontanversammlungen seien zwar zulässig, müssten dann jedoch vor Ort Anmelder finden. Wenn sich kein Versammlungsleiter finde, könnten die Aufzüge auch aufgelöst werden. Die Polizei versuche jedoch, durch tolerantes Handeln zu vermeiden, dass Auflösungen solcher Versammlungen erforderlich werden.

Insgesamt seien bei Versammlungen mit Corona-Bezug wegen Verstößen gegen geltende Regelungen bisher 209 Strafanzeigen und 488 Ordnungswidrigkeitsanzeigen aufgenommen sowie 421 Platzverweise erteilt worden, sagte Schüler.

Die höchsten Teilnehmerzahlen würden meist in Cottbus verzeichnet. Dort hätten am vergangenen Montag erneut rund 3.000 Menschen teilgenommen. Bis auf kleine Störungen seien die Versammlungen bisher friedlich verlaufen.

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In der brandenburgischen Polizei werden die vielen Versammlungen gegen die Corona-Politik mit Sorge beobachtet. Es sei zu befürchten, dass die Vielzahl der Aufzüge „den Polizeiapparat irgendwann lahmlegen“ könnte, sagte die Spitzenkandidatin für den Vorsitz der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Brandenburg, Anita Kirsten, der RBB-Welle Radio 1 am Mittwoch. Für andere Aufgaben der Polizei könnte dann möglicherweise an manchen Stellen das Personal fehlen. (epd)

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