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Auf Achse. Knut Kruczinski und sein Team steuern mit dem E-Bike die Grünanlagen des Bezirks an.

© Kitty Kleist-Heinrich

Das Buch muss zu den Leuten: Berliner Bibliothek kommt jetzt per „BiboBike“ in die Parks

Die Idee stammt aus Frankreich: Mit dem BiboBike besucht Knut Kruczinski die Leute in Friedrichshain-Kreuzberg. Im Gepäck: Hängematten, Bücher und Bluetooth.

Hier kommt die Bibliothek ins Grüne: Seit Anfang Juli steuert das „BiboBike“ der Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg von Donnerstag bis Sonntag verschiedene Parks im Bezirk an. Das ausklappbare Bibliotheksfahrrad hat Hängematten, Bücher, Spiele und Technik im Gepäck. Bei gutem Wetter wird es um 11 Uhr aus- und um 17 Uhr wieder eingeklappt.

Eine Passantin ist begeistert: „Großartig, da denke ich gleich an Urlaub!“ Die kleine türkis-graue Leseoase erregt Aufmerksamkeit im Görlitzer Park, vor allem, weil nicht sofort klar ist, was es damit auf sich hat. „Outreach“ nennt Fachbereichsleiterin Anne Maase die Idee, die Bibliotheken mittels einer mobilen Bibliotheksstation zu erweitern: „Wenn die Leute nicht zu uns kommen, gehen wir eben dahin, wo die Leute sind“.

Mit dem BiboBike sollen auch Menschen erreicht werden, die normalerweise keine Bibliotheken besuchen. Viele Menschen wissen laut Maase nicht, dass es in den Bibliotheken mehr als nur Bücher und Medien gibt. Über die Sammlungen „Bibliothek der Dinge“ können auch Musikinstrumente oder Outdoor-Spiele ausgeliehen werden. In der Bezirkszentralbibliothek Pablo Neruda an der Frankfurter Allee gibt es darüber hinaus noch einen Werkraum mit VR-Brillen und Robotern.

Nach dem Start im Görlitzer Park wird das Elektrofahrrad den Volkspark Friedrichshain und den Comeniusplatz ansteuern. „Ich bin gespannt, wie das Angebot in den verschiedenen Parks angenommen wird“, sagt BiboBike-Betreiber Knut Kruczinski. Gerade stehen Bücher zu Berlin-Spaziergängen, Kinderbücher – auch in Arabisch und Türkisch – sowie Comics und Graphic Novels in den Regalen. Ebenfalls im Anhänger: drei Jonglage-Sets und eine Bluetooth-Box für Hörspiele.

In den Sommerferien gibt es vier Termine pro Woche

Einen Bibliotheksausweis braucht es nicht, Leseinteressierte werden aber gebeten, ihre Hände vor Gebrauch zu desinfizieren. Losfahren sollte das BiboBike eigentlich schon im April, doch wegen der Pandemie musste der Projektstart verschoben werden. Bis auf Weiteres können nur fünf von sieben Hängematten genutzt werden, nach Gebrauch werden sie desinfiziert.

Trotzdem kommt positive Resonanz – „vor allem von Familien“, sagt Kruczinski. Die Sommerferien mit vier Terminen pro Woche sind zunächst ein Testlauf, je nach Rückmeldung der Nutzer soll das Spiel- und Lese-Gepäck angepasst und gewechselt werden.

Das sind die nächsten Standorte des BiboBikes:

  • Donnerstag, 16. Juli 2020, 11-17 Uhr: Waldeckpark
  • Freitag, 17. Juli 2020, 11-17 Uhr: Mariannenplatz
  • Sonnabend, 18. Juli 2020, 11-17 Uhr: Görlitzer Park
  • Sonntag, 19. Juli 2020, 11-17 Uhr: Böcklerpark

Das Rad: eine Spezialanfertigung aus einer Pariser Manufaktur

Perspektivisch könnte das E-Bike beispielsweise auch mit Ozobots, kleinen programmierbaren Robotern, aus dem Bibliotheks-Werkraum bestückt werden. Besuche von Schul- oder Kita-Gruppen im Park sind auch möglich, damit hat Kruczinskis Team der gemeinnützigen Bildungseinrichtung „Horizontereignis“ Erfahrung. Sie gestalten als Schnittstelle zwischen Schulen und der Bibliothek auch den Werkraum in der Neruda-Bibliothek.

Schon mal so ein Fahrrad gesehen? Hier steht das "BiboBike" am Urbanhafen in Kreuzberg.
Schon mal so ein Fahrrad gesehen? Hier steht das "BiboBike" am Urbanhafen in Kreuzberg.

© Kitty Kleist-Heinrich

[Die Autorin Corinna von Bodisco schreibt auch regelmäßig unseren Leute-Newsletter aus Friedrichshain-Kreuzberg. Newsletter für alle zwölf Berliner Bezirke können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

16.000 Euro ließ sich der Bezirk das BiboBike kosten. Das Rad ist eine Spezialanfertigung einer kleinen Pariser Manufaktur. In Frankreich trägt es den Namen „Bibliambule“, übersetzt: umherwandernde Bibliothek. Hinzu kommen 20.000 Euro Betreiberkosten für Kruczinskis Team, das sich zwei Jahre um Auf- und Abbau sowie die Betreuung vor Ort kümmert.

Kulturstadträtin nahm die Anregung aus Frankreich auf

Für Kulturstadträtin Clara Herrmann (Grüne) ist die Leseinsel eine Herzensangelegenheit: „Seit ich Bilder davon aus Frankreich gesehen habe, wusste ich: So etwas brauchen wir auch in Friedrichshain-Kreuzberg.“ Das Rad bringe die Bücher genau dorthin, wo sich Menschen in ihrer Freizeit aufhalten.

Manche sind aber auch zum Arbeiten im Park. „Das macht bei den Bürgern wohl nicht so einen guten Eindruck, wenn wir uns in die Hängematten legen“, meint ein Parkläufer. Doch auch Parkläufer machen mal Pause, vielleicht liegend mit Buch.

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