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Zu Beginn der Debatte im Berliner Abgeordnetenhauses gab es eine Gedenkminute für die Opfer islamistischen Terrors.

© Christoph Soeder/dpa

Debatte zu islamistischem Terror: Schlagabtausch zwischen CDU und Grünen im Parlament

Nach den tödlichen Attacken der vergangenen Tage debattierte das Berliner Abgeordnetenhaus über den Umgang mit Terror im Namen des Islam. Für kurzzeitige Eskalation sorgte ein CDU-Abgeordneter.

Anlässlich einer Plenardebatte über den Umgang mit islamistisch motiviertem Terror haben Vertreter der Opposition der Landesregierung vorgeworfen, nicht entschlossen genug gegen muslimische Fundamentalisten vorzugehen.

„Ich kann die Feigheit nicht mehr ertragen, die Menschen davon abhält, die Probleme anzusprechen und anzugehen“, erklärte CDU-Fraktionschef Burkard Dregger in Richtung Regierungsbank und warnte angesichts sich häufender Straftaten auch gegen Juden in der Stadt davor, dass „Lippenbekenntnisse zur reinen Farce verkommen“ würden.

Zu Aufrichtigkeit und politischer Führung gehöre es auch, „unbequeme Wahrheiten zu nennen und Konsequenzen zu ziehen“, sagte Dregger und warf Rot-Rot-Grün vor, mit „Antidiskriminierungkohorten“ – gemeint war wohl das bundesweit erste Antidiskriminierungsgesetz – Polizei und Verfassungsschutz von ihrer eigentlichen Arbeit abzuhalten.

Ähnlich äußerte sich Paul Fresdorf, innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. „Ich habe Zweifel daran, dass diese Koalition alles Nötige tut, um jeden Extremismus zu bekämpfen“, sagte Fresdorf und machte deutlich: „Wir brauchen einen starken Verfassungsschutz in dieser Stadt.“ Er rief Muslime in der Stadt dazu auf, sich lautstark gegen Gewalttaten im Namen der Religion aufzulehnen und formulierte an deren Adresse: „Werden sie Verfassungspatrioten!“

Die CDU sorgte für einen kleinen Eklat

Zuvor hatte bereits Hanno Bachmann, Mitglied der für die Debatte verantwortlichen AfD-Fraktion, die aus seiner Sicht nachlässige Bekämpfung islamistischer Umtriebe in der Stadt beklagt und dem Senat vorgeworfen, diese zumindest indirekt zu unterstützen. „Es gibt viele Beispiele, wie Linke und Grüne Islamismus fördern“, sagte Bachmann und warf den Koalitionären vor, berechtigte Kritik am radikalen Islam als „Islamophobie“ zu diskreditieren. Rot-Rot-Grün eröffne ein „scheunengroßes Einfallstor für Islamisten“, erklärte Bachmann und nannte als Beispiel die Zusammenarbeit mit der Organisation Ditib, die unter anderem Mitglied im Berliner Islamforum ist.

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Während Vertreter der Koalition die Angriffe der Opposition vergleichsweise gelassen hinnahmen, brachte CDU-Innenpolitiker Stephan Lenz vor allem die Grünen-Fraktion massiv gegen sich auf. „Überprüfen Sie doch mal ihr Verhältnis zum Islamismus, erklären Sie ihr Verhältnis zum Verfassungsschutz“, sagte Lenz in Richtung Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Aus deren Reihen gab es daraufhin aufgeregte Zwischenrufe, Lux bezeichnete die Aussage von Lenz als „Frechheit“. Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek bat Dregger im Nachhinein um Aufklärung. Der wollte dem Vernehmen nach zunächst das Wortprotokoll prüfen.

Mahnung, niemanden unter Generalverdacht zu stellen

Davon ab erwiderten die Vertreter der Koalition die Vorwürfe mit Verweis auf während der laufenden Legislatur getroffene Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheitsbehörden. Eine eigenständige Staatsschutzabteilung beim Landeskriminalamt, der Stellenzuwachs bei der Berliner Polizei sowie die bessere Entlohnung der Beamten haben die Koalition durchgesetzt und den Sparkurs der Vorgängerregierung umgekehrt, erklärte Lux.

„Wir schätzen gute Arbeit, gerade im Sicherheitsbereich“, ergänzte er und verwies auf den Bau eines Staatsschutzzentrums in der Ringbahnstraße. 100 Millionen Euro würden dafür investiert, außerdem Spezialeinsatzkräfte gestärkt und Schlüsse aus dem Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz gezogen. Der AfD-Fraktion warf er vor, Terroranschläge wie jene in Wien oder Nizza zu missbrauchen, um den Islam als Religion und in Gänze zu delegitimieren. „Wir werden nicht zulassen, dass Muslime unter Generalverdacht gestellt werden“, erklärte Lux.

Innensenator Andreas Geisel schloss die Debatte mit der Ankündigung eines umfassenden Antiterrorkonzepts für Berlin ab. „Das werde ich noch in diesem Jahr vorlegen“, erklärte Geisel und verwies auf die in den vergangenen Jahren mehrfach von Terrorakten getroffene Metropole London, wo es ein solches Konzept bereits gibt.

Geisel zieht positive Bilanz

Geisel betonte die unter seiner Führung erreichten „umfangreichen Verbesserungen für die Sicherheitsbehörden der Stadt“ und warf der CDU vor, mit den von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen wie der Ausweitung der Videoüberwachung hätte keine der jüngsten Gewalttaten verhindert werden können. „Sie bieten Lösungen für Probleme, die wir nicht haben. Für die eigentlichen Probleme bieten sie keine Lösung“, sagte Geisel an die Adresse von Dregger und warf dessen Partei vor, im Bereich der Sicherheitspolitik auf Show statt Inhalt zu zielen. 

Der AfD-Fraktion unterstellte Geisel, nicht die politisch anständige Debatte führen zu wollen, sondern Streit, Hetze, Unversöhnlichkeit und Unruhe zu säen. „Ein Islamist ist ein Islamist, und wenn er tötet ist er ein Mörder. Nicht jeder, der an Allah glaubt, ist ein Islamist“, sagte Geisel.

Zu Beginn der Sitzung hatte das Abgeordnetenhaus den Opfern der Anschläge in Wien, Nizza, Paris und Dresden ihr Beileid ausgesprochen und eine Schweigeminute durchgeführt. Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) rief dazu auf, Freiheit und Demokratie nicht dem Hass zu opfern.

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