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Vor der Tür des Kanzleramts wartete die Motorradstaffel, auf einem Tisch Angela Merkels Platzkärtchen.

© dpa

Tag der offenen Tür der Bundesregierung: Die Kanzlerin hat den Rasen schön

Angela Merkel begrüßt das Volk beim „Staatsbesuch“ im Kanzleramt. Es gab keine Selfies, aber viel Lob für die Kanzlerin.

Viel los ist überall, wenn die Bundesregierung das Volk zu Besuch einlädt. Aber die Mutter aller Schlangen windet sich am Sonntag Mittag vor dem Kanzlerinnenamt: Von der Paul-Löbe-Allee hin und zurück, dann wieder hin zum Zelt mit der Gepäckröntgenstation und schließlich vor dem schilfgrünen Stahlzaun links ums Eck, bis man nach mehr als einer Stunde Anstehen ins Gebäude darf.

Aus dem tritt pünktlich um 14 Uhr Angela Merkel in den Ehrenhof mit den enorm grünen Grasflecken. Das Musikkorps der Bundeswehr spielt einen Tusch, die Menge wird still, und auch vor dem Zaun applaudieren die Leute freundlich, als Merkel sie willkommen heißt. „Wenn ich zur Arbeit gehe, komme ich nicht hier lang, sondern von dort“, erzählt sie in die Menge hinein und deutet zum Seiteneingang. Durch den Ehrenhof kämen die Staatsgäste, mit rotem Teppich und ebenfalls mit Musik.

„Alle sind immer sehr zufrieden“ mit der Art, wie ihre Hymnen gespielt würden, sagt Merkel in Richtung Musikkorps und fragt den Dirigenten, welche Hymne denn besonders schwer sei. Argentinien hat die längste, sagt der leise, und Merkel sagt es laut mitsamt dem Tipp, „kann man sich merken für ein Quiz“.

Indizien der Beliebtheit

Da war sie wieder, die erfrischende Kostprobe von Merkel trocken. Man kann hier Indizien für ihre Beliebtheit sammeln, wenn man ihr zuhört oder die Leute erzählen lässt, die mit weißen Bundesregierungsstoffbeuteln – G20-Papiertüten gibt es auch noch – zum Tor herausspazieren. „Wenn man sich anschaut, wer anderswo so regiert“, sagt ein älterer Mann, der gerade von seiner Runde durchs Gebäude kommt, hält inne und fügt hinzu: „Wer sollte es denn sonst machen? Sie ist schon eine sehr gute Option.

“ Ein anderer, ebenfalls Berliner, kann dieses Gefühl mit Fakten erhärten: „Dieses Konstante“, das sie verkörpere, „an das glaube ich bei dem, … dem Martin aus Würselen nicht.“ Ein ganz unzuverlässiger Menschenschlag sei das, „ich kenne die Bagage von der Bundeswehr.“ Einmal habe er wegen der Würselener Unzuverlässigkeit 24 Stunden Dienst am Stück schieben müssen. Die Verpflegung allerdings sei letztes Jahr bei Gauck besser gewesen als hier und heute.

Blumen aus dem Kanzlergarten

Merkel, die zuverlässig Unermüdliche, hat inzwischen in die Menge gefragt, ob „jemand von Ihnen eine Frage“ habe. Ein Selfie? Ist gerade ungünstig. „Worüber ich mich am meisten freue?“ Wenn schöne Dinge passieren, sagt sie und merkt wohl, dass das ein bisschen wenig ist. „Wir haben ganz tolle Gärtner“, fügt sie also hinzu; die wunderbaren Blumensträuße der Amtsgärtner würden helfen, wenn schwere Probleme anstünden.

Und dann fragt ein Kind, warum sie Bundeskanzlerin werden wollte. Sie sei ja schon lange politisch aktiv, sagt Merkel, „hab in der CDU gearbeitet und wurde dann auch die Vorsitzende, und weil die CDU eine große Partei ist, hat sie die Chance, auch mal den Bundeskanzler zu stellen.“ Da könne man schon viel tun.

So einfach ist das also. „Cool“ fällt der Mutter des Zwölftklässlers Janis zu Merkel als Erstes ein, als sie vom Besuch kommt. Gemeint ist diese Fähigkeit zur Selbstkühlung, die vielen anderen Mächtigen gut tun würde. Sie sei kein Fan von Merkel, sagt sie, aber binnen Sekunden findet sie auf dem Handy das Foto ihres Sohnes an der Seite der Kanzlerin in Abu Dhabi. Janis hat sie als Auslandsschüler dort getroffen und freundlich-zugewandt erlebt: „Sie hat mit jedem kurz geredet.“

Lob für die Hausherrin

Während die Kanzlerin als pinkfarbener Punkt im Kanzleramt verschwindet, brüllt draußen einer mit Basecap drei Mal: „Merkel muss weg!“ Die Leute gucken verständnislos, der Schreihals geht unbehelligt weiter, die Stimmung bleibt heiter, die zahlreich anwesenden Polizisten reagieren nicht. Passanten loben, wie gut alles organisiert sei, während hinter ihnen immer genau zur rechten Zeit der nächste Shuttlebus vorfährt. Volkes Staatsbesuch ist auch verkehrstechnisch ganz anders als ein typischer Berliner Schienenersatzverkehr. Auch Harald Michels, extra aus Tangermünde in der Altmark angereist, ist zufrieden: Das Kanzleramt wirke innen praktischer als außen, die Massen verliefen sich angenehm im Garten, die Hausherrin sei die Richtige: „Diese ruhige, besonnene Art – und wenn man die letzten Jahre Revue passieren lässt, geht’s uns doch gut. Warum soll man daran was ändern?“ Eine gute, große Frage. Aber irgendwie zu anstrengend für diesen wohltemperierten Sonnentag.

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