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Folgen eines russischen Raketenangriffs auf medizinische Einrichtungen in Dnipro in der Region Dnipropetrowsk am 26. Mail 2023. Vier Menschen wurden getötet und 32 weitere verletzt.

© Serhit Lysak

Fotos dürfen nicht auf Botschaft projiziert werden: Berliner Polizei verbietet Protestaktion zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs

Am 24. Februar vor zwei Jahren griff Russland die Ukraine an. Jetzt verbietet die Polizei, dass Bilder vom Krieg auf der Fassade der russischen Botschaft zu sehen sind. Der Verein Vitsche zieht nun vor Gericht.

Am zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine will der Verein Vitsche am kommenden Sonnabend vor der russischen Botschaft demonstrieren – doch die Berliner Polizei hat einen Teil davon verboten. Geplant war, auf die Botschaft eine Stunde lang Fotos vom Angriffskrieg zu projizieren. Das hat die Polizei den Anmeldern der Versammlung am Freitag per Bescheid untersagt.

Nun hat der von Exil-Ukrainern getragene Verein dagegen Eilantrag beim Verwaltungsgericht eingereicht. Der Polizei droht eine Niederlage wie einst dem Bezirksamt Mitte beim Aufstellen eines Panzerwracks vor der Botschaft.

„Es ist bemerkenswert, dass das Land Berlin eine Protestaktion vor der russischen Botschaft ausgerechnet an dem Tag verbietet, an dem der Kreml den Oppositionellen Nawalny mutmaßlich ermorden lässt“, sagte Anwalt Patrick Heinemann. Er hat für Vitsche den Eilantrag bei Gericht gestellt.

Russland hat die Ukraine verwüstet.
Russland hat die Ukraine verwüstet.

© Chris Knickerbocker

Die Berliner Polizei behauptet, dass „eine Lichtquelle hoher Intensität wie ein Beamer“ Mitarbeitern der Botschaft „direkt in die Augen“ strahlen und „dies gesundheitsschädlich“, „zumindest aber stark belästigend“ sein könne. Außerdem wäre die völkerrechtlich geregelte „Unverletzlichkeit der diplomatischen Räumlichkeiten“ beim bewussten Anstrahlen von Fensterflächen und Lichtimmissionen verletzt.

Der Jurist und Anwalt Patrick Heinemann.
Der Jurist und Anwalt Patrick Heinemann.

© Philipp von Ditfurth

Heinemann hält das Verbot für rechtswidrig. Er entgegnet: „Sämtliche Fenster der russischen Botschaft sind zur Straße Unter den Linden hin von innen blickdicht verschlossen, mutmaßlich um ein Ausspähen des Botschaftsbetriebs sowie der sich darin befindlichen Rezidentura des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR zu verhindern.“

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Der Anwalt hatte bereits durchgesetzt, dass am ersten Jahrestag der Invasion ein russischer Schrottpanzer vom Typ T-72 B1 für vier Tage vor der Botschaft aufgestellt werden darf. Zuvor war monatelang um die Aufstellung des Panzers mit dem Bezirksamt Mitte gestritten worden. Am Ende verpflichtete das Verwaltungsgericht die Behörde, den Antrag zur Aufstellung des Wracks zu genehmigen.

Die Polizei beruft sich nun auf das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen und Missionen. Dort heißt es: Das Gastland müsse „alle geeigneten Maßnahmen“ treffen, um die Räume der Botschaften „vor jedem Eindringen und jeder Beschädigung zu schützen und um zu verhindern, dass der Friede der Mission gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird“.

Verboten sind lediglich Blockadeaktionen, Lärmterror und Schikane, die den Botschaftsbetrieb behindern. Aber Protest gegen Krieg und Terror ist natürlich erlaubt.

Patrick Heinemann, Anwalt

Laut ihrem Bescheid sieht die Polizei die Würde der Botschaft durch die Projektion von Kriegsbildern „erheblich verletzt“. Vitsche-Anwalt Heinemann ist entsetzt: „Das Völkerrecht ist hier ganz klar: Verboten sind lediglich Blockadeaktionen, Lärmterror und Schikane, die den Botschaftsbetrieb behindern. Aber Protest gegen Krieg und Terror ist natürlich erlaubt.“ Mit der Projektion von Kriegsbildern, die nur eine Stunde dauern solle, werde die Funktionsfähigkeit der Botschaft nicht beeinträchtigt.

Ein von einer Panzerabwehrmine zerstörter russischer Panzer vom Typ T-72 B1 stand am 24. Februar 2023 auf der Straße Unter den Linden unmittelbar vor dem Gebäude der russischen Botschaft.
Ein von einer Panzerabwehrmine zerstörter russischer Panzer vom Typ T-72 B1 stand am 24. Februar 2023 auf der Straße Unter den Linden unmittelbar vor dem Gebäude der russischen Botschaft.

© imago/Future Image/IMAGO/Frederic Kern

Die Polizei sieht die öffentliche Sicherheit gefährdet

Die Polizei sieht aber durch die Foto-Aktion auch die öffentliche Sicherheit „unmittelbar gefährdet“, obendrein werde das Grundrecht der russischen Botschaft auf Eigentum verletzt.

Russland hat die Ukraine verwüstet. Dieses Foto will der Verein Vitsche deshalb auf die russische Botschaft projizieren.
Russland hat die Ukraine verwüstet. Dieses Foto will der Verein Vitsche deshalb auf die russische Botschaft projizieren.

© Chris Knickerbocker

Jurist Heinemann ist entsetzt über die rechtliche Bewertung der Polizei. „Hanebüchen ist die Auffassung des Landes, es müsse hier die Grundrechte der Russischen Föderation schützen“, sagte Heinemann. „Grundrechte haben die Funktion, die Bürger vor exzessiven Freiheitseingriffen deutscher Hoheitsgewalt zu schützen. Sie dienen ganz sicher nicht dem Zweck, die Russische Föderation vor deutschen und ukrainischen Bürgern zu schützen.“

Russland habe sich „aus freien Stücken entschieden, die Ukraine militärisch zu überfallen und dort zahllose Kriegsverbrechen zu begehen“, findet Heinemann.

Derlei „eigenverantwortliche Handlungen“ zeigten die „Souveränität und Würde der Russischen Föderation und der sie repräsentierenden Mission“, also der Botschaft. „Die russische Mission damit zu konfrontieren, kann ihre Würde nicht beeinträchtigen.“

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