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Erfolg und Anfeindungen. Martina Rink und Simon Usifo sind Herausgeber des Buches.

© SAMMY HART

Gegen den alltäglichen Rassismus kämpfen: Raus aus der Woke-Bubble

„People of Deutschland“ erzählt die Geschichten von 45 Menschen, die sich ein besseres Land wünschen. Dem Buch soll ein Projekt folgen.

„People of Deutschland“ sieht aus wie ein dickes Buch. Aber eigentlich handelt es sich dabei um ein Projekt. Vorgestellt werden 45 Menschen, die alle erfolgreich im Leben stehen und gegen Rassismus im Alltag ankämpfen müssen.

Gemeinsam wollen sie nun das Land verändern. Die Idee kam Mitherausgeberin Martina Rink während des Lockdowns. Bis dahin war sie in der Modebranche tätig. Plötzlich gab es Muße zum Nachdenken, weil man sehr viel Zeit allein verbrachte.

Sie fragte sich, wo ihre Reise hingehen solle. Rassismus war ein Thema, mit dem sich die 43-jährige schon lange beschäftigt hat. Als 2,5 Wochen altes Baby war sie einst aus dem Iran zu deutschen Adoptiveltern gekommen.

Nicht die leibliche Tochter

Dass sie nicht die leibliche Tochter ihrer Eltern sein kann, sah man ihr an. Aber sie entdeckte auch in sich immer wieder Züge, die nach ihrem Gefühl nicht von ihren deutschen Eltern stammen konnten.

Dann fragte sie sich: „Woher kommt das? Was ist das?“ Freunde, die ebenfalls einen iranischen, oder, wie sie sagt, persischen Hintergrund haben, glauben, dass man diese Züge mit der Herkunft in Verbindung bringen kann. Aber es kann sich auch um die ganz normale Abgrenzung handeln, die Kinder von ihren Eltern suchen.

Verletzende Fragen

Der Titel „People of Deutschland“ ist in Anlehnung an den Begriff „People of Colour“ entstanden. Davon gibt es viele Deutsche, und sie empfinden kaum etwas so verletzend, wie die sich ständig wiederholte Frage: Woher kommst du?. Selbst wenn sie wahrheitsgemäß antworten „aus Deutschland“, wird die Frage oft noch einmal neu gestellt, sogar dringlicher: Woher kommst du wirklich?

Das passiert auch dann noch, wenn die Schulzeit mit ihren Hänseleien schon überstanden ist. Deshalb soll das Buchprojekt Ausgangspunkt sein für ein Netzwerk, das Deutschland verändern will.

Sensibilisierung dringend nötig

„Wir wollen, dass auch Weiße verstehen, wie sich das anfühlt, wollen sensibilisieren“, sagt Martina Rink. „Wir wollen Leute außerhalb der Woke-Bubble erreichen, damit sie ihr Verhalten, ihre Aussagen mal überdenken und erkennen, wo sie Alltagsrassismus ausüben.“

Im Soho Club gibt es am Donnerstagabend eine Feier zum Erscheinungstermin des Buches, das ab 4. Februar in den Buchhandlungen zu haben ist. Nicht nur die Protagonisten aus Berlin werden dazu erwartet, sondern Menschen aus ganz Deutschland, die ihre Geschichte entweder selbst aufgeschrieben oder den Herausgebern erzählt haben.

Kampf um Aufmerksamkeit

Wie sie ihre Protagonisten gefunden haben? „Übers Internet, über Instagram, durch Mund-zu Mund-Propaganda“, sagt Martine Rink. Künftig wollen sie mit Hilfe von Sponsoren wie der Telekom, Sony Deutschland oder Beiersdorf mehr Events veranstalten, um Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu erringen.

45
Deutsche erzählen von Ausgrenzungen.

Es sind Menschen, die erfolgreich im Leben sind und trotzdem immer wieder Ausgrenzung erfahren müssen.

Auch in Schulen wollen sie gehen, um aufzuklären über Rassismus. Ein Teil des Bucherlöses soll an die von der Autorin Düzen Tekkal gegründete Organisation „German Dream“ gehen, eine überparteiliche Bildungsinitiative, die Deutschland als Land der Chancen präsentiert.

Rassismus durchziehe unsere Gesellschaft wie ein Riss, „den wir nur gemeinsam kitten können“, schreibt die Filmemacherin und Autorin im Nachwort zu „People of Deutschland“.

„Fast jeder Mensch mit sichtbarem Migrationshintergrund – unabhängig davon, ob dieser am Namen oder am Aussehen festgemacht wird – hat schmerzhafte Erfahrungen von Herabsetzungen und Anfeindungen machen müssen.“ Das wollen die „People of Colour“ ändern, indem sie gemeinsam  um Aufmerksamkeit und Wahrnehmung kämpfen.

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