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Das Panorama in Berlins Mitte wird sich in den nächsten Jahren ändern: Ab 2023 soll ein 150 Meter hoher Türm in die Luft ragen.

© imago/Jochen Tack

Im Himmel ist noch Platz: Wo in Berlin überall Hochhäuser entstehen könnten

Die Hauptstadt hat keine Tradition für den Bau von Hochhäusern. Doch weil es immer schwieriger wird, Bauflächen zu finden, diskutiert der Senat jetzt darüber.

Am 1. August ist Spatenstich für das erste neue Hochhaus am Alexanderplatz. Die „MonArch Dritte Projektentwicklungsgesellschaft GmbH&Co. KG“ teilte am Freitag über ihren Rechtsbeistand mit: „Die Arbeiten werden am 1. August 2019 beginnen und sollen spätestens 2023 abgeschlossen sein.“ Die Baugenehmigung für den 150-Meter-Turm neben dem Einkaufszentrum Alexa liegt schon seit einem Jahr vor, „überraschend“ hätten aber noch „technische Fragen im Zusammenhang mit der Auswirkung des Bauvorhabens auf den Gruner-Tunnel“ geklärt werden müssen.

Auch die Baugrube für den Turm des Projektentwicklers Hines hinterm Elektronikmarkt Saturn ist seit Jahren überfällig. Die BVG sorgt sich um den U-Bahntunnel unter dem künftigen Gebäude. Der könnte wegen des gewaltigen Gewichts absacken. Gutachten um Gutachten wird eingeholt, doch das Problem ist noch nicht vom Tisch. Das Unternehmen Covivio feilt derweil noch am Bauantrag für einen Turm neben dem Park Inn-Hotel.

Zur Erinnerung: Der Masterplan von Hans Kollhoff zur „Stadtkrone“ mit zehn 150-Meter-Türmen am Alexanderplatz feiert dieses Jahr seinen 25. Geburtstag, er gilt, mit einigen Änderungen, nach wie vor. Realisiert wurde davon noch nichts. Das Bauen von Hochhäusern in Berlin hat keine Tradition – und wenig Freunde.

Grüne und Linke sind keine Hochhausfans, auch die Berliner SPD, die über Jahrzehnte die Baupolitik in der Stadt dominierte, ist bislang nicht mit vertikalen Visionen aufgefallen. Der Bauskandal um den Steglitzer Kreisel in den 1970er Jahren – in der Dimension mit dem BER vergleichbar – brachte Hochhaus-Träume an der Spree für lange Zeit in Misskredit. Die sozialen Probleme in den „Wohnsilos“ von Gropiusstadt und Märkischem Viertel taten ein Übriges.

Ich wohne ja seit vielen Jahren oben in einem Hochhaus in der Innenstadt. Ich finde es großartig, fühle mich pudelwohl und sehe a) ausschließlich Vorteile und b) die halbe Stadt aus der Vogelperspektive. Mehr Argumente brauche ich nicht.

schreibt NutzerIn FiffiKronsbein2

Der Senat arbeitet an einem neuen Hochhausleitbild

Inzwischen gibt es längst eine Trendumkehr, die aber nicht von der Politik ausgeht. Investoren können Wohntürme wunderbar vermarkten, an eine solvente Elite erfolgreicher Kreativ-Unternehmer und Digitalprofis. Der russische Investor Monarch will 377 Wohnungen bauen, der Steglitzer Kreisel, inzwischen komplett entkernt, wird von der CG Gruppe um Christoph Gröner zu Apartments umgebaut. Auch der Senat trägt diesem Trend Rechnung, mit seinem neuen Hochhausleitbild.

Senatsbaudirektorin Regula Lüscher wertet das Leitbild, das im September öffentlich diskutiert und anschließend ins Parlament eingebracht werden soll, als „Bekenntnis zu Hochhäusern“, doch formuliert wird dieses Bekenntnis im Leitbild nicht. Stattdessen wird auf die Ambivalenz dieses Bautyps eingegangen.

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Hochhäuser könnten als „städtebauliche Landmarken mit hohem Orientierungswert“ wirken, als „faszinierende Projektionsfläche für Urbanität und wirtschaftliche Prosperität“, aber auch mit der „Dominanz wirtschaftlicher Interessen über die Bedürfnisse der Allgemeinheit“ verbunden werden.

Nur 0,35 Prozent der Berliner Gebäude sind Hochhäuser

Was bisher gebaut und genehmigt wurde, fällt aus Sicht vieler Berliner eher unter das Dominanz-Verdikt: Die neuen Türme der City West, Upper West und Zoofenster, beherbergen Hotels, exklusive Restaurants und Büroflächen. Die Bauten wären auch nach den neuen Richtlinien genehmigungsfähig. Vorgeschrieben wird ein Nutzungsmix für Hochhäuser ab 60 Meter sowie öffentlich zugängliche Angebote im Erdgeschoss sowie auf dem Dach. Dagegen verstößt nur die „Präsidentensuite“ im obersten Geschoss des 118 Meter hohen Zoofensters.

Weitaus kritischer für Investoren ist allerdings die Vorgabe, 30 Prozent geförderte Sozialwohnungen einzuplanen, sollte ein Teil der Flächen für Wohnen genutzt werden. Das könnte den Trend zu Wohntürmen schnell wieder beenden. Für jedes Hochhausprojekt soll es einen Bebauungsplan geben, das bindet den Senat an seine eigenen Vorgaben zum Berliner Baulandmodell. Zusätzlich zu den 30 Prozent Sozialwohnungen müsste der Bauherr auch einen Kostenbeitrag für den Bau von Kitas und Schulen leisten.

Berlin ist eine flache Stadt, nur 0,35 Prozent der Berliner Gebäude sind Hochhäuser im Sinne des Leitbildes, dort beginnt ein Hochhaus schon ab 35 Meter. „Wir haben den Auftrag die Stadt zu verdichten“, sagt Regula Lüscher. Weil es unten kaum noch Platz gibt, wird nun der Himmel in den Blick genommen, ein Gebot der Logik. Die Hoffnung ist, dass es bei der Verdichtung nach oben weniger Konflikte mit den Nachbarn gibt. Hochhaus-Projekte verwerten den Grund und Boden weitaus intensiver, kommen daher auch mit den horrend gestiegenen Bodenpreisen zurecht.

Keine Skyline wie Frankfurt am Main

Baugebiete für Hochhäuser weist das neue Leitbild nicht aus, man wolle die Bodenspekulation nicht weiter anheizen, sagt Lüscher. Bislang ergaben sich die Standorte meist aus den konkreten Projekten von Investoren wie beim Estrel-Turm in Neukölln, dem mit 175 Metern bislang höchsten Bauvorhaben, und den Treptowers an der Spree. Deren städtebauliches Pendant, ein Turm auf dem gegenüberliegenden Spreeufer, steht bislang nur auf dem Papier.

Berlin wird zwar mehr Hochhäuser bekommen, doch eine Skyline wie in Frankfurt am Main wird es kaum geben. Zwar sieht das Leitbild keine Höhenbegrenzung vor, aber das Baukollegium des Senats – ein Fachgremium, in dem alle wichtigen Hochhausprojekte intensiv diskutiert, bewertet und notfalls verworfen werden – steht eher für Maßhalten als für Größenwahn. Am Alexanderplatz würde das Gremium die Investoren gerne auf die Maximalhöhe von 130 Metern einschwören, der Höhe des Park Inn-Hotels. Ob das klappt, ist noch offen.

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